Abgase aus Schornsteinen auf schneebedeckten Dächern werden von der niedrigstehenden Sonne angestrahlt.
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Abgase aus Schornsteinen auf schneebedeckten Dächern werden von der niedrigstehenden Sonne angestrahlt.

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Feinstaub: Droht der dreckigste Winter seit Jahrzehnten?

Heizen mit Holz galt lange als nachhaltig und umweltfreundlich. Doch dabei gelangt gesundheitsschädlicher Feinstaub in die Luft. Die ist in Städten zusätzlich durch Stickoxide aus dem Verkehr belastet. Wie dreckig wird die Luft in der Energiekrise?

Über dieses Thema berichtet: UNKRAUT am .

Meteorologe Jörg Kachelmann macht auf Social Media Front gegen Holzöfen. Der Grund: zu hohe Feinstaubbelastung durch das Heizen mit Holz und damit schlechte Luft, besonders in Wohngebieten. Auf Twitter warnte Kachelmann kürzlich vor dem "dreckigsten Winter seit Jahrzehnten". Denn in der Energiekrise greifen viele Menschen, die die Möglichkeit haben, auf Holz als Heizquelle zurück. Erst im September hatte die Staatsregierung eine Sonderregelung erlassen. Demnach darf, wer eine Gasheizung hat, seinen alten Holzofen übergangsweise wieder in Betrieb nehmen - auch wenn der Ofen die aktuellen Feinstaubgrenzwerte überschreitet.

Gleichzeitig gibt es in Sachen Luftverschmutzung noch einen Aufreger, der es wieder in die Schlagzeilen geschafft hat: Fahrverbote für ältere Diesel-Autos. Die Stadt München hat die Reißleine gezogen und verbannt sie aus der Innenstadt – wegen noch immer zu hoher Stickstoffdioxid-Werte. Droht uns als tatsächlich ein Winter mit besonders schlechter Luft?

Was bringt das Dieselfahrverbot für München?

Laut Gesetz dürfen im Mittel maximal 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter in der Luft sein. München überschreitet diesen Wert seit Jahren. Die chemische Verbindung wird vor allem von Dieselmotoren ausgestoßen. An den Hauptverkehrsadern, wie etwa der Landshuter Allee in München, ist die Belastung am höchsten.

Stickstoffdioxid ist ein Reizgas, das Atemwegs-Krankheiten auslösen und das Herz-Kreislaufsystem schädigen kann. Um die Belastung in den Griff zu kriegen, hat die Stadt München ein Fahrverbot für ältere Dieselfahrzeuge beschlossen. Ab Februar 2023 dürfen Dieselautos mit Abgasnorm Euro 4 nicht mehr in die Münchner Innenstadt und über den Mittleren Ring fahren. Sind die Stickstoffdioxidwerte weiterhin zu hoch, werden ab Oktober 2023 auch Diesel mit Abgasnorm Euro 5 verboten. Die Abgasnorm ist in den Zulassungspapieren nachzulesen und nicht zu verwechseln mit der grünen Umweltplakette an der Windschutzscheibe.

Generelle Ausnahmen bis 2024

Es gelten Ausnahmen, zum Beispiel für Anwohner, Handwerker und Lieferverkehr. Sollten die ersten beiden Stufen des Verbots nicht ausreichen, um die Stickstoffdioxidwerte ausreichend zu senken, entfallen in einem dritten Schritt generelle Ausnahmeregelungen. Welche Stufe tatsächlich notwendig ist, um die Schadstoffgrenzwerte einzuhalten, ist also vorher überhaupt nicht abzusehen.

Potenziell 140.000 Münchner Dieselfahrer müssen sich eine Alternative suchen. Und Pendlerinnen wie Pia Langer. Die Kinderkrankenschwester pendelt von Bad Feilnbach bei Rosenheim zu ihrem Arbeitsort in einer Klinik in München. Ob sie mit ihrem Auto, einem Dieselfahrzeug mit Abgasnorm Euro 5, in einem Jahr noch zu ihrer Arbeitsstätte fahren kann, ist unklar. Ihr Auto möchte sie aber gerne langfristig, zehn bis zwölf Jahre fahren, anstatt sich ein neues zu kaufen. Jetzt überlegt Langer, das Diesel-Fahrverbot als Anlass zu nehmen, sich beruflich zu verändern und zum Beispiel in ein anderes Krankenhaus versetzen zu lassen.

Dennoch positive Tendenz bei Stickoxiden

Auch wenn in München die Stickoxidgrenzwerte derzeit noch nicht eingehalten werden können, gibt es eine gute Nachricht: Laut Professor Mark Wenig vom Meteorologischen Institut der LMU München sind die Werte generell in den vergangenen Jahren besser geworden, die Belastung sinkt. Das liegt laut dem Physiker unter anderem daran, dass im Zuge des Dieselskandals immer mehr Menschen auf andere emissionsärmere Fahrzeuge umgestiegen sind und so die Konzentrationen sinken.

Außerdem unterscheidet sich die Belastung mit Stickoxiden sehr stark von vielbefahrenen Hauptverkehrsadern in der Stadt, wie der Landshuter Allee zu Nebenstraßen oder etwa auf dem Land. Dennoch empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) immer niedrigere Grenzwerte, weswegen die Stickoxide weiter im Fokus bleiben.

Holzöfen als Quelle von Feinstaub

Durch die Sorge vor knappem Gas im Winter haben vor allem Kunden mit Gasheizungen und zusätzlich einem Holzofen bereits seit Februar verstärkt mit Brennholz eingedeckt – trotz stark gestiegener Preise. Das berichtet zum Beispiel Holzhändler Josef Spitzl aus Grafing im Landkreis Ebersberg: "Die haben übermäßig viel Holz gekauft. Normalerweise kaufen sie vielleicht vier Ster, dann haben sie gleich zehn Ster gekauft."

Doch der Boom beim Holz hat auch eine Kehrseite. Zwar haben moderne Holzheizungen schon gute Filter, doch wer Holz in älteren Modellen verbrennt, insbesondere mit feuchtem Scheitholz, belastet unsere Atemluft mit jeder Menge Feinstaub. Besonders schädlich für die Gesundheit sind Partikel, die kleiner als 2,5 Mikro-Meter sind, also 2,5 Millionstel Meter, die sogenannten PM 2,5.

Wie krank macht Feinstaub?

2019 stammte ein Fünftel dieser Partikel aus dem Straßenverkehr, etwa aus dem Abrieb von Reifen und Bremsen. Dann kommt die Energieerzeugung mit 18 Prozent, und fast gleichauf die Holzfeuerung mit 17 Prozent – noch vor der Industrie. Der Rest stammt aus verschiedenen Quellen, unter anderem der Landwirtschaft. Professor Annette Peters vom Helmholtz-Zentrum München untersucht mit Proben von 200.000 Teilnehmern einer bundesweiten Studie, wie Feinstaub den menschlichen Körper schädigt, sogar schon im Mutterleib.

Laut der Professorin zeigen großangelegte Studien zum Beispiel, dass Kinder zu früh und zu leicht geboren werden. Es konnte auch nachweisen werden, dass Entzündungsreaktionen in der Plazenta stattgefunden haben.

Gefährlicher Ultrafeinstaub wird nicht offiziell gemessen

Feinstaub schadet nachweislich der Gesundheit. Größere Partikel bleiben in der Nase hängen. Kleine Partikel aber gelangen in die Lunge. Ultrafeinstaub kann sogar in die empfindlichen Lungenbläschen und in den Blutkreislauf gelangen und Entzündungen auslösen. Selbst kurze Belastungen können Bluthochdruck und Herzrhythmus-Störungen verursachen.

Wer Feinstaub über längere Zeit einatmet, riskiert Lungenkrebs, Arteriosklerose, Demenz, Herz- und Kreislauferkrankungen. Ultrafeinstaub ist kleiner als 100 Nanometer, also 100 Milliardstel Meter. Für diese Partikel gibt es noch gar keine Grenzwerte, weshalb er an den offiziellen Stationen gar nicht gemessen wird.

Wie vor Feinstaub schützen? Was tun bei strengeren Grenzwerten?

Wer sich vor Feinstaub schützen will, kann sich laut Prof. Mark Wenig von der LMU vor allem von den Quellen fernhalten, also als Fußgänger stark befahrene Straßen möglichst zu meiden. Aber auch offenes Kerzenlicht, offenes Feuer oder Zigarettenqualm sind solche Feinstaubquellen.

Zu viel Feinstaub und Stickstoffdioxid in der Luft - gegen beides kämpft die Deutsche Umwelthilfe (DUH) seit Jahren. Weil München immer noch über den Grenzwerten liegt, ist die DUH mit ihrem Geschäftsführer Jürgen Resch vor Gericht gezogen - am Ende erfolgreich. Vor allem weil die WHO empfiehlt, die Grenzweite weiter zu senken, zum Beispiel zehn statt 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid, könnten weitere Maßnahmen notwendig werden.

Für DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch ist klar: dafür müssen die Autos, die auf der Straße unterwegs sind, sauberer werden, entweder als Elektroauto oder durch eine wirklich funktionierende Abgasreinigung. "Zusätzlich müssen wir den Fahrzeugbestand und Verkehr in der Stadt ungefähr halbieren", so Resch. Der öffentliche Nahverkehr aber auch Rad- und Fußgängerverkehr müsste dagegen ausgebaut werden, um die Werte einzuhalten.

Wie dreckig wird die Luft durch Holzöfen?

Die Umwelthilfe sieht Feinstaub aus Scheitholzöfen derzeit schon als eine der Hauptfeinstaubquellen in vielen Städten. "Wir empfehlen dann wieder darauf zu verzichten oder eben auf Höfen auszuweichen, die einen blauen Engel haben", sagt der DUH-Geschäftsführer.

Resch weist außerdem auf die Möglichkeit hin, dass die Städte und Gemeinden auch die Möglichkeit hätten, Holzöfen, die nicht das Umweltzeichen des Umweltbundesamts hätten, zu verbieten. "Aber unsere Empfehlung ist ganz klar: am besten drauf verzichten", so Resch.

Heizen mit Holz: So lässt sich die Feinstaubbelastung reduzieren

Wer dennoch mit Holz heizen will oder muss, kann auch einige Tipps beachten, damit beim Verbrennen möglichst wenig Feinstaub entsteht. Untersuchungsergebnisse des Technologie- und Förderzentrums Straubing (TFZ) haben gezeigt, dass bei falscher Bedienung 142 Milligramm pro Kubikmeter Feinstaub entstehen können, während die richtige Bedienung den Ausstoß bis auf 22 Milligramm reduzieren kann.

Wichtig ist dabei zum Beispiel, dass das Holz lange genug getrocknet ist. Das Holz sollte im Kamin sauber gestapelt und mit einer geeigneten Anzündehilfe von oben, nicht von unten angezündet werden. Auf Zeitungspapier zum Anzünden sollten Ofenbesitzer grundsätzlich verzichten.

Entscheidend ist aber, die Luftzufuhr richtig zu steuern. Bekommt das Holzfeuer zu viel oder zu wenig Luft, entstehen besonders viele Emissionen. Besonders moderne Öfen lassen sich zum einen entsprechend steuern und verfügen zudem über entsprechende Vorrichtungen, die den Feinstaub zu einem gewissen Grad herausfiltern. Besonders gut schneiden darüber hinaus moderne Pelletskaminöfen ab, Brennstoff und Luftmenge stehen automatisch immer im richtigen Verhältnis, die Nutzer können kaum noch Fehler machen.

Mehr Informationen zur Luftverschmutzung mit Stickoxiden, Feinstaub und dem richtigen Heizen mit Holz liefert das BR Magazin Unkraut am Montag 14. November 19 Uhr im BR Fernsehen oder in der BR Mediathek.

Prof. Mark Wenig ist Physiker an der Uni in München
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Prof. Mark Wenig ist Physiker an der Uni in München