Künstlerische Darstellung: Schneller Radioblitz verlässt seine Ursprungsgalaxie
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Ein Schneller Radioblitz in einer fernen Galaxie setzt enorme Mengen an Energie frei.

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Energieblitze lösen Rätsel der "fehlenden" Materie im Universum

Australische Astronomen haben sogenannte Schnelle Radioblitze dazu benutzt, herauszufinden, wo sich die mysteriöse fehlende Materie im Universum versteckt. Jahrzehntelang hatte man nach ihr gesucht, sie aber nicht gefunden.

Über dieses Thema berichtet: alpha-Centauri am .

Im Universum herrscht fast überall gähnende Leere. Doch selbst das, was laut dem Standardmodell der Kosmologie da sein sollte, ist zum größten Teil unsichtbar. Rund 25 Prozent des Kosmos bestehen der Theorie nach aus der geheimnisvollen Dunklen Materie und etwa 70 Prozent aus der noch geheimnisvolleren Dunklen Energie. Nur circa 5 Prozent sind gewöhnliche, sogenannte baryonische Materie wie Protonen und Neutronen, aus denen Sterne, Planeten und auch wir Menschen bestehen. Doch selbst davon konnten Astronomen lange nur rund die Hälfte aufspüren, selbst wenn sie alle Galaxien und andere Formen von Materie addierten. Erst 2018 gelang es Forschern vom Observatorium in Rom mit dem Röntgen-Satelliten XMM-Newton, extrem heißes Gas zwischen den Galaxien zu entdecken, das bisher unberücksichtigt geblieben war.

Jahrzehntelanges Rätsel der fehlenden Materie

Wissenschaftler aus Australien wollen nun die gesamte fehlende "normale" Materie im weiten Raum zwischen Sternen und Galaxien gefunden haben, wie sie in einem Artikel in der Fachzeitschrift Nature schreiben. Hauptautor ist Jean-Pierre Macquart von der Curtin University im australischen Perth. Er sagt, dass Astronomen fast dreißig Jahre lang nach der fehlenden Materie gesucht hätten.

"Wir wissen aus Messungen des Urknalls, wie viel Materie am Anfang des Universums vorhanden war. Aber als wir in das Universum der Gegenwart blickten, konnten wir nicht die Hälfte von dem finden, was da sein sollte. Das war ein bisschen peinlich. Der intergalaktische Raum ist sehr spärlich gefüllt. Die fehlende Materie entsprach nur einem oder zwei Atomen in einem Raum von der Größe eines durchschnittlichen Büros. Daher war es sehr schwierig, diese Materie mit herkömmlichen Techniken und Teleskopen zu erkennen." Jean-Pierre Macquart, Curtin University

Die Forscher konnten die fehlende Materie nun mithilfe des Phänomens der Schnellen Radioblitze erkennen. Diese Energieausbrüche dauern nur Millisekunden und scheinen aus zufälligen Richtungen am Himmel zu kommen. Die Ursache ihrer Entstehung ist noch ungeklärt, aber bei jedem einzelnen muss unglaublich viel Energie beteiligt sein. Die Menge entspricht ungefähr dem, was die Sonne in 80 Jahren abstrahlt.

Radioblitze bestimmen Gewicht

Die Radioblitze waren schwer aufzuspüren, denn die Astronomen wussten nicht, wann sie in welche Richtung schauen sollten. Doch sie hatten Erfolg. Jean-Pierre Macquart sagte, das Team habe die fehlende Materie entdeckt, indem sie die Schnellen Radioblitze als "kosmische Waagen" benutzen.

"Die Strahlung Schneller Radioblitze wird von der fehlenden Materie auf die gleiche Weise verteilt wie das Sonnenlicht, das in einzelne Farben aufgefächert wird, wenn man es durch ein Prisma schickt. Wir konnten jetzt die Entfernungen zu genug Schnellen Radioblitzen messen, um die Dichte des Universums zu bestimmen. Wir brauchten nur sechs, um die fehlende Materie zu finden." Jean-Pierre Macquart, Curtin University

Co-Autor Ryan Shannon von der Swinburne University of Technology in Melbourne, sagte, der Schlüssel sei das verwendete Teleskop gewesen, das Radioteleskop Australian Square Kilometer Array Pathfinder (ASKAP).

"Das ASKAP hat ein weites Sichtfeld, etwa 60-mal so groß wie der Vollmond, und kann Bilder in hoher Auflösung aufnehmen. Das bedeutet, dass wir die Radioblitze relativ einfach erfassen und dann mit unglaublicher Präzision ihren Herkunftsgalaxien zuordnen können." Ryan Shannon, Swinburne University of Technology

Das Radioteleskop ASKAP, mit dem die in der Studie verwendeten Schnellen Radioblitze entdeckt wurden, befindet sich am Murchison Radio-Astronomy Observatory im Outback von Westaustralien. Das an der Entdeckung beteiligte internationale Team bestand aus Astronomen aus Australien, den USA und Chile.