Politikerinnen und Politiker werben dafür, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen
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Politikerinnen und Politiker werben dafür, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen

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Corona-Impfung trotz Spritzenangst

Die Bundesregierung wirbt mit ihrer "Ärmel hoch"-Kampagne" fürs Impfen. Was aber, wenn Menschen eine Nadelphobie haben? Jedes fünfte Kind ist betroffen. Etwa drei Prozent der Erwachsenen haben extreme Angst vor Spritzen. Doch es gibt Hilfsangebote.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Wer unter Spritzenangst leidet, der lernt nicht, die Angst zu besiegen: "Es ist ganz wichtig, dass die Angst kommen darf. Wir üben mit den Patienten, wie die eigene Angstreaktion abläuft", sagt die Oberärztin Angelika Erhardt vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München. Sie bietet mit ihrem Team ein verhaltenstherapeutisches Kurzprogramm für erwachsene Betroffene an. Ihr Ziel ist es, vor allem Menschen zu helfen, die sich in der Pandemie impfen lassen wollen, aber aufgrund einer Nadelphobie nicht dazu in der Lage sind.

Nach sechs Wochen Verhaltenstherapie angstfrei

Das Kurzprogramm des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München umfasst in der Regel sechs Sitzungen. Für die 28-jährige Sabine Baumgarten war der erste Schritt, sich Videos von alltäglichen Blutabnahmesituationen in Arztpraxen anzuschauen. Dann sollte sie sich irgendwann selbst mit einer kleinen Nadel in den Finger piksen: "Diesen Finger-Pikser habe ich mit nach Hause bekommen, so dass ich selbst noch einige Male üben konnte." Das Gehirn lernt dann, dass solche Situationen nicht lebensbedrohlich sind. Kommt es am Ende wirklich zur Impfung oder Blutabnahme, wird die Nadel als nicht mehr so schlimm empfunden. Mittlerweile hat die junge Vertriebsangestellte schon mehrere Impfungen und Blutabnahmen hinter sich.

Nadelphobie hat negative Folgen im Alltag

Eine übergroße Spritzangst führt dazu, dass Betroffene viele Situationen meiden: Sie lassen sich nicht mehr Impfen oder scheuen den Gang zum Zahnarzt. Sabine Baumgarten hatte beispielsweise auch Angst, Skifahren zu gehen und zu stürzen: "Hoffentlich passiert nichts, sonst muss ich ins Krankenhaus und es wird Blut abgenommen. Solche Gedanken treten bei mir jetzt nicht mehr auf." Sie sagt, eine solche Therapie sei anstrengend, aber hilfreich: "Ich habe gemerkt, wie viel Lebensqualität mir das zurückgibt innerhalb kürzester Zeit, das ist schon Wahnsinn."

Auch Kinder können psychologische Hilfe in Anspruch nehmen

Müssen Kinder gepikst werden, hilft es oft, sie auf den Schoß zu nehmen, abzulenken, Betäubungspflaster aufzukleben und Vertrauen zur Kinderärztin oder -arzt aufzubauen. Auch Atem- und Entspannungstechniken können helfen. Wessen Kind trotzdem Herzrasen bekommt oder beim Anblick der Spritze sogar in Ohnmacht fällt, der sollte psychologische Unterstützung suchen. "Die Angst vor Spritzen entwickelt sich etwa im Alter von fünf Jahren und kann, wenn sie stark ausgeprägt ist, bis ins Erwachsenenalter hinein anhalten. Deshalb ist es wichtig, dass Kinder früh eine positive Einstellung dazu gewinnen", erklärt die Kinderärztin Monika Niehaus vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ).

Medizinische Hypnose kann Spritzenangst umlenken

Das Haunersche Kinderspital in München bietet für Kinder eine medizinische Hypnose an. Mit der Kraft der Gedanken ziehen Kinder einen imaginären Zauberhandschuh an, der sie den Einstich nicht spüren lässt. In der Trance können „störende Reize, wie zum Beispiel Angst und Schmerz leichter ausgeblendet werden“, so das Hauner-Kinder-Schmerz-Team. Hypnose kann also ein Baustein sein, der Spritzenangst beizukommen.

Impfstoffpflaster als möglicher Ausweg für Nadel-Phobiker

Ein US-Forschungsteam kann in Zukunft vielleicht mit einer technischen Neuerung unterstützen. Es hat ein Pflaster entwickelt, das sehr kleine, kaum spürbare Mikronadeln enthält. Über die kleinen Nadeln kann ein Impfstoff ohne jeglichen Schmerz unter die Haut gebracht werden: "Das Impfstoffpflaster können wir in einem neuartigen Verfahren im 3D-Drucker herstellen", so der Chemiker Joseph DeSimone von der Universität in North Carolina in Chapel Hill. Wann ein solches Impfstoffpflaster auf den Markt kommt, ist noch ungewiss.

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