Grubber fährt über Acker
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Beim Grubbern wird der Boden nur flach bearbeitet.

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Bio-Landwirtschaft ohne Pflug – Wie geht das?

In Zeiten stärkerer Wetterextreme gewinnt der Bodenschutz an Bedeutung: Landwirte entscheiden sich bewusst, auf den Pflug zu verzichten. Die Vorteile: weniger Erosion, mehr Bodenleben und mehr Feuchtigkeit. Funktioniert das auch im Bio-Landbau?

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

Uwe Neukamm will in den nächsten Tagen Hirse aussäen: Normalerweise würde er nun seinen im Winter gepflügten Boden eggen, um ein schönes Saatbett zu haben. Aber: Uwe Neukamm arbeitet pfluglos, er setzt nur flache Arbeitsgeräte wie den Grubber ein. Der Grubber dringt fünf bis sechs Zentimeter tief ins Erdreich ein. Er lockert den Boden, wendet ihn aber nicht, wie der Pflug. Das hat Vorteile: Die oberen Schichten reichern Humus an und auch das Bodenleben profitiert: Das Pflanzenmaterial auf der Oberfläche lockt Regenwürmer an: "Und wenn du jetzt pflügst, vergräbst du ihre Nahrung ja in immer tiefere Schichten", erklärt Neukamm.

Boden speichert mehr Wasser

Die Röhren der Regenwürmer sorgen zudem für eine gute Durchlüftung des Bodens und wirken wie ein Schwamm: Das Erdreich saugt Wasser auf und kann es auch in Dürrezeiten länger halten. Und weil der Boden stets bedeckt ist, haben Wind und Starkregen keine Angriffsfläche – die Erosion ist geringer. Landwirte berichten ebenfalls, dass der Boden tragfähiger werde und resilienter.

Knackpunkt enges Zeitfenster

Uwe Neukamm arbeitet seit 30 Jahren pfluglos. Er bewirtschaftet 100 Hektar Land auf dem Jura-Plateau bei Happurg in Mittelfranken. Früher galt er als Exot, heute ist er einer der erfahrensten Pfluglosen im Bio-Landbau. Denn Erfahrung braucht man, im pfluglosen System sind mehr Bearbeitungsschritte nötig als mit Pflug: Uwe Neukamm muss seine Äcker im Herbst zwei Mal grubbern und vor der Aussaat ein drittes Mal. Wenn es in dieser Zeit aber zu lange nass bleibt, wird das Zeitfenster für die Bearbeitung immer enger – im Frühjahr 2021 hat er kaum noch rechtzeitig seine Saat in den Boden bekommen. "Du musst nach jeder Bodenbearbeitung warten, bis der Acker abgetrocknet ist und hoffen, dass er überhaupt abtrocknet! Da hast du mit dem Pflügen einfach Riesenvorteile."

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Der Grubber wendet den Boden nicht, anders als der Pflug.

Hoher Unkraut-Druck

Die Vorteile des Pflügens sind seit Jahrtausenden bekannt: Ein gepflügter Boden mit seinen tiefen Furchen trocknet schneller ab, es liegt ja keine Grünmasse obenauf. Und: Durch das Wenden der Scholle entsteht ein "reiner Tisch", das heißt, Unkraut wird abgetötet. Anders im pfluglosen System: Hier ist der Unkraut-Druck höher. Uwe Neukamm hat seinen Dinkel im Oktober gesät, zwischen den Dinkel-Pflänzchen spitzen auch Ehrenpreis und Ampfer hervor.

Im konventionellen Pfluglos-Landbau werden auflaufende Unkräuter in der Feldfrucht meist mit Herbiziden abgespritzt. Uwe Neukamm könnte sie mit einem Striegel mechanisch bekämpfen, aber das braucht’s gar nicht: Er hat eine alte, konkurrenzstarke Dinkel-Sorte ausgewählt, die das Unkraut durch ihr Längenwachstum weg drückt.

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Oberboden reichert Humus an

Und was ist mit der Bodenverdichtung? Im pfluglosen System wird der Boden weniger gestört, der Oberboden (10-15 Zentimeter) reichert sich mit Humus an. Kritiker bemängeln jedoch, dass die unteren Bodenschichten an Nährstoffen verarmen. Es gibt ja keinen Pflug, der wendet und so Humus in die Tiefe bringt. Uwe Neukamm macht die Spatenprobe: Tief stößt er den Spaten ins Erdreich – und der Erdballen zerfällt bereit beim Ausheben, trotz des lehmigen Bodens. "Das Wurzelwachstum geht gut runter und wenn der Lehm so zerfällt, sind da viele Feinwurzeln, Bakterien und Pilze da." Das heißt, der Boden ist auch durchgängig für Nährstoffe.

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