Bei welcher Blutgruppe ist das Risiko für eine Coronavirus-Infektion am geringsten? Einer Studie aus Frankreich zufolge scheinen Menschen mit Blutgruppe 0 ein geringeres Infektionsrisiko zu haben. Im Bild: Eine Mitarbeiterin eines Landesgesundheitsamts testet Blutproben auf Antikörper.
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Bei welcher Blutgruppe ist das Risiko für eine Coronavirus-Infektion am geringsten? Einer Studie zufolge ist das bei der Blutgruppe 0 der Fall.

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Corona-Infektionsrisiko: Welche Rolle spielt die Blutgruppe?

Manche Menschen infizieren sich mehrfach mit dem Coronavirus, andere scheint es hingegen nie zu erwischen. Schon länger gibt es die Vermutung, dass Menschen mit der Blutgruppe 0 seltener an Covid-19 erkranken. Studien stützen diese These.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Dass die Blutgruppe für das Infektionsrisiko und den Krankheitsverlauf bei Covid-19 eine entscheidende Rolle spielt, dazu gab es zu Beginn der Pandemie bereits zahlreiche Studien. Im Januar 2022 kam eine Studie aus Frankreich hinzu, die - wie viele andere Studien auch - zu dem Ergebnis kommt, dass sich Menschen mit der Blutgruppe 0 deutlich seltener mit dem Coronavirus infizieren. Gleichzeitig, so das Fazit der Forschung aber, können Menschen mit der Blutgruppe 0 das Virus besonders gut an andere weitergeben und damit sogenannte "Superspreader" sein.

Die Ergebnisse der Studie aus Frankreich, die im Fachblatt "frontiers in Microbiology" veröffentlicht wurden, scheinen auch für den Wissenschaftler Andre Franke von der Universität Kiel plausibel. Er hatte bereits im Juni 2020 eine vielbeachtete Studie zum Zusammenhang zwischen Blutgruppen und Corona-Infektionen veröffentlicht. Jacques Le Pendu, Leiter der veröffentlichten Arbeit, warnte allerdings im BR-Interview: Die Blutgruppe allein schützt nicht vor einer Corona-Infektion, erst recht nicht vor solcher mit der Omikron-Variante.

Entscheidend bei Übertragung - Kompatibilität der Blutgruppe

Für ihre Untersuchung hatte das Team um Jacques Le Pendu von der Université de Nantes mehr als 300 eng zusammenlebende Paare befragt, von denen jeweils einer mit dem Coronavirus infiziert war. Ziel der Studie war es, herauszufinden, wie häufig sich der andere Partner angesteckt hatte und welche Blutgruppen die Personen hatten.

Heraus kam: Menschen, deren Blutgruppe sich im Falle einer Transfusion nicht vertragen würde, hatten sich wesentlich seltener beim Partner angesteckt als jene, deren Blutgruppe zum Lebensgefährten "kompatibel" war, wie Forscher die Verträglichkeit der Blutgruppen zueinander nennen. Laut Forschungsleiter Le Pendu war das Ansteckungsrisiko dann "um mehr als 40 Prozent niedriger". Warum das zugleich bedeutet, dass Menschen mit der Blutgruppe 0 das geringste Risiko für eine Infektion mit dem Coronavirus haben, ist eigentlich einfach: Die Blutgruppe 0 ist schließlich nur mit der eigenen kompatibel.

Exkurs: Warum sich Blutgruppen nicht vertragen

Der Grund für das "sich nicht Vertragen" der einzelnen Blutgruppen sind kleine Eiweiße auf den roten Blutkörperchen, sogenannte Antigene. Das Blut der Blutgruppe A hat entsprechende A-Antigene, B hat B-Antigene. Das Blut der Gruppe 0 hat überhaupt keine Antigene, dafür Antikörper gegen A und B, die die Zellen bekämpfen. Bekämen Menschen mit der Blutgruppe 0 bei einer Bluttransfusion Blut der Blutgruppe A, B oder AB, würde ihr Blut verklumpen, was lebensgefährlich wäre.

Warum Menschen mit Blutgruppe 0 weniger gefährdet sind

Genau diese Antikörper-Abwehr könnte laut der Erkenntnisse der Forscher um Le Pendu auch der Grund dafür sein, dass Menschen mit der Blutgruppe 0 besonders gut vor einer Coronavirus-Infektion geschützt sind. Dann nämlich, wenn das Coronavirus "selbst die Blutgruppen-Antigene in seine Oberfläche einbaut", was nach Le Pendus Einschätzung der Fall sein könnte.

Menschen mit der Blutgruppe 0 könnten demnach - dank ihrer Antikörper gegen A und B - Coronaviren besonders gut bekämpfen - zumindest, wenn sie aus Menschen mit einer anderen Blutgruppe stammen. Nach der Statistik des Deutschen Roten Kreuzes haben knapp über 40 Prozent der Bevölkerung in Deutschland die Blutgruppe 0.

Blutgruppe 0: Geringes Infektionsrisiko, aber Superspreader

Und trotzdem hat die Blutgruppe 0 hinsichtlich der Corona-Pandemie einen Nachteil, so die französischen Forscher in ihrer Studie. Da das Blut der Blutgruppe 0 keine Antigene auf der Oberfläche der Blutkörperchen hat, können Menschen mit Blutgruppe 0 besonders häufig zu Superspreadern werden. Das von ihnen weitergegebene Virus hat keine passenden Antigene. Es kann sich trotz vorhandener Antikörper ungehindert vermehren und krank machen.

Dass das so ist, davon ist auch Andre Franke, Mikrobiologe von der Universität Kiel, überzeugt. "Diese Viren fliegen unter dem Radar durch. Das heißt, wenn diese Viren auf eine Person treffen, die zwar Antikörper hätte gegen A und B, können diese Viren aber nicht so gut erkannt werden", erklärt er im BR-Interview.

Ansteckung mit Corona abhängig von Genen, Immunsystem und Impfstatus

Aber nicht nur die Blutgruppe entscheidet laut Experten über das Infektionsrisiko bei SARS-CoV-2. Auch Gene, Immunsystem und nicht zuletzt der Impfstatus spielen dabei eine Rolle. So ist die Erbinformation für einen Rezeptor auf den Zellen bei manchen Menschen leicht verändert, so dass Coronaviren schlechter eindringen können. Beim Immunsystem gilt: Wer vorher schon einmal mit ähnlichen Viren zu kämpfen hatte, ist vor einer Infektion besser geschützt.

Und auch der Impfstatus ist entscheidend, betont der deutsche Forscher Andre Franke. Zwar habe er, wie die Franzosen, bei seinen Studien auch ein geringeres Infektionsrisiko bei Menschen mit der Blutgruppe 0 festgestellt. Allerdings lagen die Werte "bei 20 Prozent relativem Schutz", nicht bei über 40 Prozent, wie aus der Datenanalyse der Franzosen hervorgeht. Und das zeige, so Franke, "wie wichtig dann auch noch die Impfung ist, um einfach diesen relativen Schutz nochmal deutlich nach oben zu schrauben."

Der französische Wissenschaftler Le Pendu warnt außerdem davor, sich bezüglich einer Infektion mit dem Coronavirus auf den Schutz durch die Blutgruppe zu verlassen: "Ich selbst habe Blutgruppe 0, und trotzdem habe ich mir Omikron eingefangen. Man sollte also dieselben Vorkehrungen treffen, unabhängig von der Blutgruppe." Er verweist zudem darauf, dass seine und andere Studien nur den Schutz vor Delta- und älteren Varianten untersucht haben, nicht aber vor Omikron.

Es ist zwar nach derzeitigem Wissensstand relativ wahrscheinlich, dass Menschen mit Blutgruppe 0 auch vor Omikron oder zukünftigen Varianten etwas besser beschützt sein könnten. Aber wissenschaftlich bewiesen ist es noch nicht.

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