Ein Schild mit der Aufschrift "Liebe Gäste, wegen Personal Engpass können wir heute keinen Steckerlfisch anbieten" hängt in einem Biergarten.
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Wirtschaft und Gewerkschaften ist Zuwanderungsgesetz zu wenig

Die Ampel hat Hürden bei der Fachkräfteeinwanderung gesenkt. Aber reicht das, um den klaffenden Personalmangel bei den Unternehmen zu mildern? Arbeitgeber und Gewerkschaften halten weitere Schritte für nötig.

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Der Mangel an Arbeitskräften entwickelt sich zunehmenden zum Problem in Deutschland. Egal ob etwa im Handwerk, in der Pflege, der Gastronomie oder bei den Verkehrsbetrieben: Immer deutlicher werden die personellen Engpässe - und sie verursachen auch wirtschaftlichen Schaden. Von der Belastung für die verbleibenden Arbeitskräfte ganz abgesehen. Die Bundesregierung versucht unter anderem mit einem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz gegenzusteuern. Aber reicht das?

Fahimi und Dulger erwarten keine schnelle Abhilfe

Arbeitgeber und Gewerkschaften erwarten keine schnelle Abhilfe des Fachkräftemangels in Deutschland durch das neue Gesetz zur Fachkräftezuwanderung. "Das Fachkräftezuwanderungsgesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung. Es muss aber noch viel mehr getan werden", sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger der Nachrichtenagentur dpa. Yasmin Fahimi, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), sagte, die Erleichterung von Zuwanderung sei richtig. "Allerdings wird es noch einige Jahre dauern, bis wir dadurch spürbar qualifizierte Zuwanderung erfahren."

Probleme bei Sprache, Kinderbetreuung und Wohnungssuche

Dulger erinnerte an die Barrieren für Fachkräfte aus dem Ausland in Deutschland, etwa bei der Sprache. "Es gibt oft Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche und bei der Kinderbetreuung", sagte er. "In Ländern wie Kanada wird auch eine viel offenere Begrüßungskultur gelebt." In vielen Ländern könnten ausländische Fachkräfte einen Großteil ihrer Anträge und Dokumente digital noch vor der Einreise einreichen – inklusive schneller Bearbeitung. "Bei uns wird viel geredet und angekündigt – aber kaum etwas umgesetzt."

Das im Juni beschlossene Fachkräftezuwanderungsgesetz sieht unter anderem eine sogenannte Chancenkarte auf Basis eines Punktesystems vor. Zu den Auswahlkriterien gehören Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Alter und Deutschlandbezug. Außerdem sollen vor allem IT-Fachkräfte auch dann kommen dürfen, wenn sie zwar keinen Hochschulabschluss haben, aber bestimmte Qualifikationen.

Mehr Fokus auch auf inländische Fachkräfte

Fahimi sagte: "Kurzfristig müssen andere Maßnahmen greifen." So müssten diejenigen, die schon zugewandert seien, besser in den regulären Arbeitsmarkt integriert werden. "Gut und richtig ist es, dass jetzt auch die Möglichkeit des Spurwechsels eingeräumt wurde." Vorgesehen ist hier, dass Asylbewerber, die vor dem 29. März 2023 eingereist sind und eine Qualifikation sowie ein Jobangebot haben, eine Aufenthaltserlaubnis als Fachkraft beantragen können. Bisher musste man dafür ausreisen und sich vom Ausland aus um ein Arbeitsvisum bemühen. Nun muss nur der Asylantrag zurückgenommen werden.

Dulger und Fahimi pochten auch auf mehr Anstrengungen zur Ausbildung inländischer Fachkräfte. "Es geht unter anderem darum, Menschen wieder in Arbeit zu bringen. Das heißt auch bessere Bildung. Jeder Jugendliche, der ohne Abschluss die Schule verlässt, ist einer zu viel", sagte Dulger. Fahimi betonte: "Wir haben inzwischen mehr als 2,6 Millionen junge Erwachsene ohne Berufsabschluss, die dringend qualifiziert werden müssen."

Zudem gebe es ein viel zu geringes durchschnittliches Arbeitszeitvolumen von Frauen - auch wegen mangelnder Infrastruktur für Kinderbetreuung, so die Gewerkschafterin. Auch Dulger hält nach seinen Worten mehr Ganztagsschulen und Kitas für nötig, "damit mehr Beschäftigte Vollzeit arbeiten können".

Rettung durch KI?

Dulger sieht zudem "eine große Chance" bei der Überwindung des Fachkräftemangels in der Digitalisierung, wie der Arbeitgeberpräsident sagte. "Viele Fleiß- und Routinearbeiten sollten wir zukünftig von KI-Systemen erledigen lassen", sagte er mit Blick auf die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz. "Im Idealfall können wir etwa Dienstleistungen und Abläufe in der Verwaltung standardisieren und automatisieren." Das entlaste die Beschäftigten und mache die Behörden digitaler und schneller.

Mit Material der dpa

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