Eine Bedienung zapft Bier in einem Wirtshaus (Symbolbild)
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Eine Bedienung zapft Bier in einem Wirtshaus (Symbolbild)

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Wann gilt welche Mehrwertsteuer in der Gastronomie?

Wer auswärts essen geht, zahlt ab dem neuen Jahr wieder den vollen Mehrwertsteuersatz. Aber wann verlangt das Café eigentlich 7 Prozent und wann 19? Und was hat Milch im Kaffee damit zu tun? BR24 klärt die wichtigsten Fragen.

Über dieses Thema berichtet: Wirtschaft am .

Wegen der Pandemie hatte die Bundesregierung 2020 beschlossen, die Mehrwertsteuer in der Gastronomie grundsätzlich abzusenken. Zunächst auf fünf und dann auf sieben Prozent. Diese Regelung läuft zum Jahresende aus. Dagegen haben viele Gastronomie-Betriebe in den vergangenen Monaten protestiert. Doch angesichts der finanziellen Lage im Bundeshaushalt hat sich die Ampel-Regierung nun darauf verständigt, die Mehrwertsteuer-Senkung wieder rückgängig zu machen. Einige Fragen tun sich auf.

Wie wird die Kundschaft die Steuer-Erhöhung zu spüren bekommen?

Letztendlich sind Gastronomen nicht verpflichtet, die anstehende Steuer-Erhöhung an die Kundschaft weiterzugeben. Allerdings kommen jetzt erhöhte Kosten auf die Gastronomen zu und das wird auch sicherlich beim Endpreis zu spüren sein. Die neue bayerische Tourismusministerin Michaela Kaniber kritisierte bereits am Montag beim Bayerischen Tourismustag am Montag die geplanten 19 Prozent. Der Staat dürfe jetzt nicht zum zusätzlichen Kostentreiber werden, so Kaniber. "Mit der ganzen Familie essen gehen, muss auch künftig noch bezahlbar bleiben. Unsere Wirtshäuser sind Kulturgut und wichtiger sozialer Treffpunkt."

Wirtschaftsprüfer Dr. Peter Leidel ist sich im Interview mit BR24 sicher, dass sich die Veränderung Anfang des Jahres auch im Preis zeigen wird: "Wir hören von Hoteliers und Gastronomen, dass es nicht möglich ist, die Preiserhöhung selber zu schlucken, sondern die muss auf den Speisekarten weitergegeben werden." Das liege auch an der Erhöhung der Kosten: "Die Margen sind so gering geworden und der Kostendruck so hoch in der Hotelerie und Gastromie, insbesondere von der Personalseite her, das es kaum möglich ist, auf die Weitergabe der zwölf Prozentpunkte zu verzichten."

Was bedeuten 19 und was bedeuten 7 Prozent Mehrwertsteuer?

Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Mehrwertsteuersätze: Einmal den regulären Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent und den reduzierten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent. Mit welchem Mehrwertsteuersatz etwas belegt wird, hängt grundsätzlich von einer entscheidenden Frage ab: Handelt es sich um Produkte und Dienstleistungen der Grundversorgung? Wenn ja, dann gilt die Regelung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes von 7 Prozent.

Im Bereich der Lebensmittel sind das Grundnahrungsmittel wie Obst, Gemüse, Backwaren, Fleisch, Fisch, Kaffee, Milch und Milchprodukte usw. Gerade in der Gastronomie verkompliziert das aber die Herangehensweise. Denn oft handelt es sich um Grundnahrungsmittel, die verkauft werden – allerdings ist die Gastronomie selber keine Dienstleistung der Grundversorgung. Deshalb gilt hier in der Regel der Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent.

Welche Regeln gelten in der Gastronomie ab Januar?

Eigentlich sind die Regeln gar nicht so kompliziert: Wer Service bekommt, zahlt 19 Prozent Mehrwertsteuer. Und wer einfach nur etwas abholt oder geliefert bekommt, zahlt die geringere Mehrwertsteuer von sieben Prozent. Wirte, die bei ihren Preisen keine Unterschiede machen wollen, müssen also bedenken, dass sie für alle Speisen, die vor Ort verzehrt werden, höhere Steuern absetzen müssen.

Tja, und dann kommt das große Aber. Das fängt mit den Getränken an: Egal, ob sie "für hier oder zum Mitnehmen" bestellt werden, immer sind 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig. Und wenn beispielsweise bei den gelieferten Lebensmitteln Hummer dabei sein sollte, dann werden wieder 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig.

Wo die Unterschiede besonders auffallen, ist beim Kaffee. Ein Haferl Kaffee wird mit 19 Prozent besteuert, weil Kaffee nicht als Grundnahrungsmittel gilt, sondern als Getränk. Sobald aber Milch enthalten ist, also der Gast beispielsweise einen Cappuccino bestellt, sind nur noch sieben Prozent Mehrwertsteuer fällig – weil Milch zu den Grundnahrungsmitteln gehört und nicht zu den Getränken. Das gilt allerdings nur, wenn mindestens 75 Prozent Milchanteil in dem Latte Macchiato enthalten sind.

Ist der Gast aber nun vegan unterwegs und möchte lieber Haferdrink in seinen Kaffee, dann werden wieder 19 Prozent Umsatzsteuer fällig, weil Hafer-, Soja- oder Mandeldrinks zu den Getränken gehören. Noch ein Kuriosum: Auch zwischen einem frisch gepressten Orangensaft (19 Prozent) und einem Smoothie (sieben Prozent) gibt es erhebliche steuerliche Unterschiede.

Was sagen Expertinnen und Experten dazu?

Der Schritt, die Mehrwertsteuer im Jahr 2024 auf 19 Prozent zu setzen, heißt also, es geht wieder zurück in den Normalzustand von vor der Pandemie. Die Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA, Angela Inselkammer, kritisiert das als "fatalen Irrweg" und warnt: "Es wird in der Gastronomie zu Betriebsschließungen, steigenden Preisen, sinkenden Umsätzen und einem enormen Verlust an Arbeitsplätzen und Lebensqualität führen, gerade auch in ländlichen Regionen."

Friedrich Heinemann bewertet die Lage anders. Er arbeitet am Leibniz-Zentrum für Wirtschaftsforschung in Mannheim und ist Leiter des Forschungsbereichs 'Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft'. Seiner Ansicht nach ist der Schritt notwendig: "Die Kampagne der Gastronomie-Lobby und des Großhandels war lautstark und einflussreich", findet er in einem Statement. "Ihre Argumente waren jedoch schwach und widersprüchlich. Die Steuersubvention für Restaurants ist sozial problematisch, weil sie vor allem den Wohlhabenden hilft. Noch dazu ist die eigentliche Begründung, die Pandemie, seit längerem Geschichte."

Wer wählt die Steuergruppen aus und warum ist das so kompliziert?

Die verschiedenen Steuerregeln und Steuersätze werden in einem eigenen Gesetzbuch festgehalten: dem Umsatzsteuer-Gesetz. In Anlage Zwei zu Paragraf zwölf findet sich eine Liste der 54 ermäßigt besteuerten Warengruppen. Allerdings sind die Umsatzsteuer-Einnahmen auch eine der wichtigsten Einnahmequellen für den Bundeshaushalt. Deshalb wird auf dem Gebiet auch immer wieder politisch verhandelt. Letztlich waren auch die Reduzierungen für die Gastronomie eine politische Entscheidung.

Auf der Website des Bundesfinanzministeriums findet sich dazu eine vollständige Liste der "dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Gegenstände". Darunter sind auch Brieftauben, künstliche Gelenke oder dekorative Bildwerke. Nicht enthalten sind beispielsweise Süßkartoffeln. Die werden wiederum mit 19 Prozent besteuert.

Dieser Artikel ist erstmals am 17. November auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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