50-Euro-Scheine in der Hosentasche
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Vorstandsgehälter: Verdienen Manager, was sie verdienen? (Symbolbild)

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Vorstandsgehälter: Verdienen Manager, was sie verdienen?

Vorstandsmitglieder in Deutschland bekommen im Schnitt jährlich 3,5 Millionen Euro überwiesen. Eine Summe, von der die allermeisten Menschen nur träumen können. Warum das so ist, ist schnell erklärt. Die Frage ist eher: Welche Alternativen gibt es?

Über dieses Thema berichtet: Notizbuch am .

Wer reich werden möchte, sollte in die freie Wirtschaft gehen. Diese Wahrheit ist auch nach Pandemie, Inflation und Wirtschaftskrise so wahr wie eh und je. Gerade erst war der Deutsche Aktienindex Dax mal wieder auf Rekordkurs, das dürfte sich im nächsten Geschäftsbericht auch auf die Gehälter der Vorstände auswirken. Die steigen nämlich im durchschnittlichen Mittel kontinuierlich an.

"Unwucht, die Gesellschaften nicht guttut"

"Ich finde solche Gehälter wirklich unsinnig", sagt Simone Menne und fügt hinzu: "Das ist schon eine Unwucht, die Gesellschaften eigentlich nicht guttut." Die Kielerin ist allerdings keine Kapitalismuskritikerin, von der man so eine Aussage erwarten würde. Menne ist Aufsichtsratsmitglied in vier verschiedenen Unternehmen und war selbst mal Finanzvorständin bei der Lufthansa.

Damit ist Menne eine der wenigen Personen aus dem oberen Management, die offen über Geld sprechen. Sie ist sich sicher, die meisten ihrer Geschäftspartnerinnen und -partner würden das genauso sehen, "wenn nicht die Marktmacht da wäre, wo man dann sagt: Aber wenn der das kriegt, dann will ich auch."

Nachfrage und Angebot bestimmen das Vorstands-Gehalt

Diese Marktmacht, damit ist das Gesetz von Angebot und Nachfrage gemeint. Je geringer das Angebot und je höher die Nachfrage, desto größer der Preis. Das gilt für begehrte Sneaker genauso wie für Menschen, die Unternehmen lenken können. So beschreibt es jedenfalls der Wirtschaftswissenschaftler Gunther Friedl von der TU in München.

Gemeinsam mit Studierenden und Doktoranden ermittelt er jedes Jahr die Vorstandsgehälter in den 40 Dax-Unternehmen. Das ist gar nicht so einfach, denn den Unternehmen scheint nicht so sehr daran gelegen, die Gehälter und Bonuszahlungen für ihr Management einfach offenzulegen – obwohl sie dazu laut Aktiengesetz verpflichtet sind. Viele verklausulieren die Angaben deshalb in ihren Geschäftsberichten.

In den USA sind Vorstands-Gehälter noch höher

Das werden dann manchmal buchdicke Auflistungen, die Friedl und seine Kollegen in Excel-Tabellen entschlüsselt: "Je größer Unternehmen sind, desto besser vergüten sie auch ihre Vorstände und Vorstandsvorsitzenden", erläutert Friedl seine Forschungsergebnisse. "Wir wissen auch, dass in den USA beispielsweise tendenziell noch höhere Gehälter gezahlt werden als es in Europa oder Deutschland der Fall ist."

Aber wie viel verdienen denn Vorstände nun? Tatsächlich ist das sehr unterschiedlich und stark von der Branche abhängig. Als Faustregel gilt: Je mehr Umsatz das Unternehmen macht und je weniger Verluste, desto mehr Geld lässt sich dort in den Chefetagen verdienen.

Die Vergütung setzt sich außerdem in jedem Unternehmen aus verschiedenen Bestandteilen zusammen: Da ist zum einen das Grundgehalt. Beim Versicherer Allianz beispielsweise betrug laut Geschäftsbericht 2022 das Grundgehalt für ein ordentliches Vorstandsmitglied 975.000 Euro – der Vorstandsvorsitzende, also die Person mit der meisten Verantwortung, bekommt 1,91 Millionen Euro garantiert.

Wer erfolgreich ist, verdient als Vorstand auch mehr

Hinzu kommen Bonuszahlungen, die sich aus der sogenannten Performance ergeben: Wer gut wirtschaftet, kann für sich mehr Geld rausholen. Sprich: Wie erfolgreich war die Person in ihrem Geschäftsgebiet? Bei der Allianz beträgt dieser variable Anteil 25 Prozent. Der nächste Baustein sind die "Langfristigen Vergütungen", die allerdings nicht bar ausgezahlt werden, sondern als Pension zu verstehen sind. Hier spielen auch Nachhaltigkeitsthemen hinein.

Die Vorstandsvergütungen können sich also jedes Jahr verändern. Ein besonders extremes Beispiel dafür ist der bayerische Sportartikel-Hersteller Adidas. Dort hat der Aufsichtsrat beschlossen, die langfristigen Vergütungen, also Aktien und Pensions-Anteile für den Vorstand derart zu erhöhen, dass er 2021 fast 200 Prozent mehr Geld bekommen hat als im Jahr davor: 4,5 Millionen Euro im Durchschnitt für jedes Vorstandsmitglied. Der Vorstandsvorsitzende soll sogar auf knapp 15,4 Millionen Euro gekommen sein.

Was tun Vorstandsmitglieder mit so viel Geld?

Fragt sich nur: Was macht man mit so viel Geld? Womit wir wieder bei Simone Menne wären, der ehemaligen Lufthansa-Vorständin. Sie sagt: "Ausgeben kann man es nicht." Ihr wäre es sogar lieber, wenn all das viele Geld dorthin fließen würde, wo es dringender gebraucht wird: Lehrerinnen und Lehrer zum Beispiel. Oder für Menschen, die politische Entscheidungen treffen müssen. Dort also, wo Demokratie gefördert wird.

Diesen Demokratie-Gedanken hat Aysel Osmanoglu verinnerlicht und noch einmal ausgeweitet. Die Bochumerin ist die Vorstandsvorsitzende der GLS-Bank. Einer Bank, deren Mitarbeitende Geld nicht als Machtmittel verstehen möchten, sondern als Möglichkeit, Wünsche zu erfüllen. Dazu gehört in Osmanoglus Augen auch, nur so viele Bedürfnisse zu befriedigen, wie wirklich notwendig.

Demokratisierung der Wirtschaft als Lösung?

"Ich verdiene 225.000 Euro pro Jahr", sagt sie rundheraus. "Das ist das 6,2-fache dessen, was die Person bekommt, deren Gehalt in unserer Bank am niedrigsten ist." Osmanoglu ist fest davon überzeugt, dass sie später, wenn sie in Rente geht, viel weniger Geld benötigen wird.

Nichts also mit variablen Pensionsvergütungen und Performance-Boni für die Vorstandsmitglieder. Stattdessen wird geduzt und offen kritisiert. Außerdem haben sie in der Bank Zeitkonten eingeführt, aus denen die Mitarbeitenden zusätzliche Urlaubstage ziehen können.

Die Frage, ob Vorstände und Manager wirklich verdienen, was sie verdienen – sie scheint angesichts dieses Modells irgendwie falsch gestellt. Die Frage scheint eher zu sein: Bekommen sie, was sie wollen? Kaum vorstellbar, dass es all den vielen, die Konzerne lenken, nur darum geht, besonders reich zu werden.

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