Zwei Senioren stehen mit Gehhilfen und Rollator auf dem Wochenmarkt in der Leipziger Innenstadt.
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Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer schlägt vor, statt der Hinterbliebenenrente ein Rentensplitting einzuführen. Das hätte gravierende Folgen.

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Rentensplitting statt Hinterbliebenenrente: Wem es etwas bringt

Die Münchner Ökonomin und Wirtschaftsweise Monika Schnitzer hat vorgeschlagen, die Hinterbliebenenrente durch ein Rentensplitting zu ersetzen. Doch wie funktioniert so ein Rentensplitting? Und für wen lohnt sich das? Ein erklärender Überblick.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Die Rente ist eine individuelle Angelegenheit. Selbst in einer Ehe oder eingetragenen Partnerschaft hat jeder Partner sein eigenes Rentenkonto, jedenfalls solange die Ehe besteht. Wer schon eine Scheidung hinter sich hat, kennt den Versorgungsausgleich - dieser ist dem Rentensplitting sehr ähnlich. Die während der Ehe angesammelten Rentenpunkte werden auf beide Partner gleichmäßig aufgeteilt. Das entspricht dem Gedanken, dass die Ehe eine Zugewinngemeinschaft ist (außer man hat sich dagegen entschieden) und dass alle gemeinsam erwirtschafteten Vermögen beiden zu gleichen Teilen gehören.

Rentensplitting gibt es schon seit 2002

Ehepaare oder eingetragene Lebenspartner können schon seit gut 20 Jahren ihre Rentenansprüche teilen, wenn sie wollen und bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Sie müssen:

  • vor dem Jahr 2002 geheiratet haben und nach dem 1. Januar 1962 geboren sein
  • ...oder nach dem 31. Dezember 2001 geheiratet haben

Außerdem gilt:

  • Jeder der Partner muss mindestens 25 Jahre rentenrechtliche Zeiten im Versicherungskonto stehen haben
  • ...und beide müssen ihr Erwerbsleben abgeschlossen haben

Da die Regelungen recht kompliziert sind, wurde das Rentensplitting bislang noch nicht sehr stark in Anspruch genommen.

Die Ausnahme zur Regel machen?

Der Vorschlag der Münchner Ökonomin Monika Schnitzer zielt darauf ab, die bisherige Ausnahme zur Regel zu machen. Technisch sollte das kein allzu großes Problem sein. Für die Rentenkasse wäre es sogar eine Entlastung: Die Berechnung und Überprüfung der Hinterbliebenenrenten würde wegfallen. Und Experten halten ein allgemeines Rentensplitting auch für gerechter den anderen Beitragszahlern gegenüber. Denn heute bekommt der Hinterbliebene einen Anteil der gesamten Rentenansprüche des verstorbenen Partners - also auch an denen, die vor der Ehe erarbeitet wurden, ohne womöglich selbst je etwas eingezahlt zu haben.

So könnte es gehen - ein Beispiel

Nehmen wir den häufigeren Fall eines Ehepaares: Der Mann verdient mehr als seine Frau. Er hat ein Durchschnittseinkommen und bekommt dafür einen Rentenpunkt im Jahr gutgeschrieben. Seine Frau arbeitet Teilzeit und bekommt einen halben Rentenpunkt. Beim Rentensplitting würde dem Mann ein Viertelpunkt abgezogen und dem Rentenkonto seiner Frau gutgeschrieben. Beide haben dann einen dreiviertel Punkt. Die Ansprüche bleiben bei den jeweiligen Personen.

Für wen lohnt sich das?

Ein Rentensplitting ist vor allem für Paare vorteilhaft, bei denen beide Partner verdienen, aber nicht beide gleich viel, wenn einer der Partner sich zum Beispiel mehr um die Kinder kümmert. Der oder die erwerben so trotzdem einen eigenen Rentenanspruch. Und es ist auch für Paare interessant, die von einer Hinterbliebenenrente nicht viel hätten, weil sie entweder zu viel verdienen (auf die Witwen- oder Witwerrente wird das Einkommen angerechnet) oder weil sie noch einmal heiraten wollen, denn dann verfällt die Hinterbliebenenrente.

Für wen lohnt es sich nicht?

Klassische Alleinverdiener-Ehen sind mit der aktuellen Hinterbliebenenrente besser dran. Denn stirbt der Nicht-Erwerbstätige, bleibt dem anderen die volle Rente. Stirbt der Alleinverdiener zuerst, bekommt die Witwe oder der Witwer 55 bis 60 Prozent der gesamten Rente des anderen, also auch für den Teil, der vor der Ehe erarbeitet wurde. Und da sie selbst nichts verdienen, wird auch nichts abgezogen. Beim Rentensplitting würden sie nur die Rentenpunkte bekommen, die ihnen während der Ehe der Partner abgetreten hat.

Dieser Artikel ist erstmals am 15. Juli 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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