Im Friseursalon von Thorsten Staudt in Nürnberg
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Der Friseursalon von Thorsten Staudt hat viele Stammkunden. Sie würden auch bleiben, wenn die Preise wegen des Mindestlohns angehoben werden.

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Neuer Mindestlohn mischt Friseurhandwerk auf

Ab 1. Oktober gilt eine neue Lohnuntergrenze von zwölf Euro. Im bayerischen Friseurhandwerk sorgt das für Wirbel, denn der neue Mindestlohn kommt dem geltenden Tarif-Ecklohn für Meister und Fachkräfte sehr nahe. Verlangen jene dann eine Lohnerhöhung?

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Im bayerischen Friseurhandwerk gilt noch der Tarifvertrag von 2018-2020 – demnach ist für sogenannte "erste Kräfte" mit Meisterausbildung und überdurchschnittlichem Umsatz ein Tariflohn von 13,30 Euro festgelegt. Ab Oktober bekommen nun frisch ausgelernte Gesellinnen und Gesellen ebenso wie ungelernte Mitarbeitende einen Mindestlohn von zwölf Euro und damit fast genauso viel. Das könnte dazu führen, dass langjährige Fachkräfte auch eine Lohnerhöhung verlangen.

Stammkunden würden auch höhere Preise zahlen

In einem Friseurgeschäft in Nürnberg, geführt in dritter Generation: Der Bereich für die Herren ähnelt dem Interieur eines amerikanischen Barber Shops. Fotos von drei Friseur-Generationen hängen in Schwarz-Weiß an den Wänden, es gibt eine Espresso-Bar, Jazz der 20er Jahre sorgt für beschwingte Stimmung. Der Salon hat viele Stammkunden.

Einer von ihnen ist Thomas Linz. Für den Herrenhaarschnitt mit Beratung, Pflegeprodukten, Haarwäsche und Kopfmassage zahlt er hier 38,50 Euro. Selbst wenn der neue Mindestlohn von zwölf Euro zu Preissteigerungen führen sollte, würde Thomas Linz nicht zur Billigkonkurrenz wechseln, sagt er. Er schätzt den guten Service und genießt die kleine Auszeit in vollen Zügen. Im Salon werde auch gern geredet und gelacht. Außerdem komme er nicht jede Woche, sondern vielleicht einmal im Quartal, meint der Stammkunde.

Nebenan lässt Susanne Radloff ihre Haare wieder in Form bringen. Auch sie würde mehr bezahlen, sollte der neue Mindestlohn zu Preiserhöhungen führen, weil sie mit der Leistung sehr zufrieden ist. Allerdings muss auch sie - wegen ihrer längeren Haare - nicht regelmäßig zum Friseur.

Friseure, die ausbilden, sind stärker belastet

Der Chef des Nürnberger Friseurgeschäfts, Friseurmeister Thorsten Staudt, hat kein Problem mit dem neuen Mindestlohn von zwölf Euro. "Wir sind in der guten Lage, dass wir nur Meister beschäftigen, das heißt, wir haben eine relativ klare Lohnstruktur. Wenn jetzt natürlich ein Berufsanfänger, Geselle, sich bei uns vorstellen würde, dann würde das zu einer Neuberechnung aller Löhne führen", sagt Staudt.

Viele Betriebe werden wegen des neuen Mindestlohns nicht mehr ausbilden, fürchtet die bayerische Friseurinnung. Denn es sind vor allem ausbildungsstarke Salons, die unter Druck geraten. Diese müssen steigende Lohnkosten über die Preise an Kunden weitergeben. Doch frisch ausgebildete Gesellen sind Berufsanfänger. Sie haben noch keine Stammkunden und bringen dem Friseurbetrieb erstmal nur wenig zusätzlichen Umsatz.

Erste Friseure wollen schließen

Schon jetzt machen Gespräche über Betriebsschließungen in der Friseurbranche die Runde. Christian Kaiser, Landesinnungsmeister des bayerischen Friseurhandwerks, berichtet von einigen Fällen. "Die sagen, jetzt, kurz vor der Rente noch mal so viel zu investieren, lohnt sich nicht, grade nach der Corona-Krise", berichtet Kaiser. "Sie schließen vorzeitig oder einige überlegen, Mitarbeiter abzubauen, um dann mit geringerem Personalstamm vielleicht noch durch die Krise zu kommen."

Immerhin, so Kaiser, sei der Mindestlohn in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal angehoben worden. Insgesamt hätten die Friseure dadurch Lohnsteigerungen von etwa 25 Prozent zu schultern. Ein solches Ergebnis wäre in einer Tarifverhandlung so nie rausgekommen, ist sich Kaiser sicher. Hinzu kämen die hohe Inflation und steigende Energiepreise.

Mehr Friseur-Azubis dringend nötig

Andererseits: Der neue Mindestlohn von zwölf Euro für ausgelernte Berufseinsteiger könnte die Friseurausbildung für junge Menschen wieder attraktiver machen. Das ist dringend notwendig. Laut Landesinnungsverband Bayern ist die Zahl der Auszubildenden in den vergangenen zwanzig Jahren stark gesunken - um 67 Prozent.

Gleichzeitig könnten der neue Mindestlohn und die Unsicherheit über künftige Kosten manchen Friseur davon abhalten, junge Menschen auszubilden und zu übernehmen. Das wiederum würde die Fachkräfteentwicklung massiv beeinträchtigen.

Friseurmeister Thorsten Staudt aus Nürnberg rechnet damit, dass der neue Mindestlohn den Markt von unten bereinigen wird. Dies wiederum könne zu einem Aus vieler Billiganbieter führen. Das Friseurhandwerk würde dadurch wieder mehr an Wert gewinnen.

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