Habeck warnt vor Dauerschäden für die deutsche Wirtschaft
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Finanzminister Christian Lindner will ab 2023 die Schuldenbremse, Wirtschaftsminister Robert Habeck will ein neues Sondervermögen.

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Habeck warnt vor Dauerschäden für die deutsche Wirtschaft

Wirtschaftsminister Robert Habeck fürchtet wegen der Energiekrise Dauerschäden für die deutsche Wirtschaft. Jetzt gelte es, alle Finanzkraft aufzubringen, um über die Krise zu kommen.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat sich für umfangreiche finanzielle Hilfen der Bundesregierung ausgesprochen. Habeck sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Teils ist es erst ein Schwelbrand, teils brennt schon die Hütte. In jedem Fall ist die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft in Gefahr, es drohen Dauerschäden. Wir müssen jetzt alle Finanzkraft aufbringen, um die gute Substanz unserer Wirtschaft über die Krise zu bringen, Arbeitsplätze zu sichern und die Investitions- und Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft zu schützen."

Habeck: Hilfsprogramme sind in Vorbereitung

Dafür setze er sich als Wirtschaftsminister mit ganzer Kraft ein, so Habeck. "Wir arbeiten im Bundeswirtschaftsministerium mit Hochdruck daran, die Hilfsprogramme aufzusetzen und besprechen die wichtige Finanzierungsfrage in der Regierung. Wir dürfen hier keine Zeit verlieren."

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Am Mittwoch kommt Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Regierungschefs der Länder zusammen. Habeck hatte bereits angekündigt, wegen der stark gestiegenen Energiepreise staatliche Hilfsprogramme für Unternehmen erweitern zu wollen. Offen ist aber die Frage der Finanzierung.

Habeck schwebt milliardenschweres Sondervermögen vor

Habeck hatte dazu ein milliardenschweres Sondervermögen ins Spiel gebracht. Für die Bundeswehr hatte die Politik einen 100 Milliarden Euro schweren Sondertopf beschlossen. Dies bedeutet neue Schulden.

Umstritten in der Koalition ist, ob im kommenden Jahr wieder die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse eingehalten wird, darauf pocht Finanzminister Christian Lindner (FDP). Die Schuldenbremse war in den vergangenen Jahren wegen der Corona-Pandemie ausgesetzt worden. Sie erlaubt dem Bund nur in geringem Maße, neue Kredite aufzunehmen.

Falls die umstrittene Gasumlage gekippt wird, ist offen, woher das Geld kommen soll, um angeschlagene Gasimporteure zu stützen. Im Gespräch ist auch eine Gaspreisbremse.

DIW-Chef Fratzscher für Gaspreisdeckel

Familienunternehmen fordern derweil spürbare Entlastungen. Die Firmen müssten zu wettbewerbsfähigen Preisen in Deutschland produzieren können, sagte Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen und Politik. "Den Unternehmen läuft wegen steigender Energiepreise die Zeit davon. Die Bundesregierung sollte schnell eine wirksame Gas- und Strompreisbremse auf den Weg bringen."

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hat angesichts der Kosten für einen Gaspreisdeckel Zweifel an der Einhaltung der Schuldenbremse. "Die Größenordnung von 30, 40, 50 Milliarden oder mehr sind da durchaus realistisch", sagte er dem Sender RTL/ntv.

Im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk sprach er sich am Dienstagmorgen für die Einführung eines Gaspreisdeckels aus. Er favorisiere ein Modell, bei dem "jeder Haushalt 80 Prozent des Gases eines Durchschnittshaushalts zu einem günstigeren Preis bekomme", sagte Fratzscher. Der Deckel sei nach seiner Ansicht kein "perfektes Instrument", aber machbar. Gebraucht werde er laut Fratzscher für die kommenden anderthalb Jahre.

Der DIW-Präsident hält die Einführung für wichtig, damit der Staat "den Menschen und Unternehmen im Land für die nächsten beiden Winter Sicherheit gebe." Nach Schätzungen Fratzschers könnte dieser Entlastungsvorschlag die Ampel-Regierung 60 bis 80 Milliarden Euro kosten. Das Modell hätte aber den Vorteil, dass die Bürger bei ihren Gasrechnungen "nicht erst in Vorlage gehen müssen, sich nicht verschulden müssen".

Verbände und Experten fordern schnelles Handeln

DIW-Expertin Claudia Kemfert hält einen Gaspreis-Deckel nicht für sinnvoll. Preise zu subventionieren, sei für den Staat enorm teuer, und es gebe keine ausreichenden Anreize, Gas einzusparen, sagte sie der "Rheinischen Post" (Dienstag).

Der Stadtwerke-Verband dringt ebenfalls auf rasche Klarheit zur Gasumlage. "Je länger gewartet wird, desto mehr Verwirrung, Aufwand und Kosten entstehen", sagte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, sagte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern, "wir hätten uns die Entscheidung für eine Gaspreisbremse viel früher gewünscht".

Unterdessen hat der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, erneut zum Energiesparen aufgerufen. "Es reichen nur wenige sehr kalte Wochen - und die Gasverbräuche gehen durch die Decke", sagte er der "Augsburger Allgemeinen" (Dienstag). Für Entwarnung gebe es keinen Anlass.

Quelle: dpa

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