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Wirtschaftsweise Schnitzer: Grunderbe kann sehr vernünftig sein

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Wirtschaftsweise Schnitzer: Grunderbe kann vernünftige Idee sein

60.000 Euro für alle 18-Jährigen als Startkapital: Die Jusos fordern ein solches Grunderbe, um die ungleiche Vermögensverteilung zu ändern. Im Grundsatz eine vernünftige Idee, sagt die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer im BR24 Interview der Woche.

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Die Idee an sich ist nicht neu: junge Menschen mit einem Startkapital auszustatten und damit für gleiche Chancen zu sorgen. Es gibt verschiedene Modelle, die unterschiedliche Summen vorsehen. In einem sind sie sich aber alle einig: Das Geld darf nicht einfach so ausgegeben werden, sondern nur für bestimmte Zwecke. Für eine Ausbildung, ein Studium, für die selbst genutzte Immobilie oder die Gründung eines Unternehmens.

Grunderbe: Ungleiche Vermögensverteilung ist der Grundgedanke dahinter

Hintergrund für ein mögliches Grunderbe ist die ungleiche Vermögensverteilung in Deutschland. Die Hälfte der Bevölkerung hat gerade mal ein bis zwei Prozent des Gesamtvermögens, zehn Prozent jedoch besitzen über 60 Prozent. Und diese Verteilung hat sich in den letzten Jahren nicht verbessert. Im Gegenteil. Vor allem die Niedrigzinsphase hat sie weiter zementiert, sagt die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer. Denn in dieser Zeit hätten die niedrigeren Einkommen, die vielleicht gerade ein Sparbuch hätten, nichts dazu bekommen. Die, die am Aktienmarkt investiert haben, schon. Und das sind in der Regel die Vermögenderen.

Die ungleiche Vermögensverteilung führt dazu, dass junge Menschen sehr unterschiedliche Startchancen im Leben haben. Es hänge nach wie vor sehr stark vom Elternhaus ab, welche Chancen man hat, sagt die Vorsitzende des Sachverständigenrates. Zu versuchen, den Aufstieg zu ermöglichen, indem ein Teil der Ungleichheit ausgeglichen wird, hält sie für sehr vernünftig.

Wirtschaftsweise Schnitzer: Staat soll für jeden Jugendlichen in Investmentfonds einzahlen

Das Vermögen besser zu verteilen, ist das eine. Nach Ansicht Schnitzers aber reicht das noch nicht. Es sei die Frage, ob man sie dadurch auch befähigt, für sich selbst zu sorgen. Sprich: Sie müssen auch damit umgehen können. Deshalb will sie das mit einer besseren Finanzbildung verknüpfen. Dazu hat auch der Sachverständigenrat in seinem neuesten Gutachten einen eigenen Vorschlag gemacht: Der Staat solle allen 6- bis 18-Jährigen zehn Euro pro Monat in einen staatlich kontrollieren Investmentfonds zahlen, damit sie den Umgang mit dem Kapitalmarkt praktisch lernen können.

Grunderbe: Wer soll es bezahlen?

Wie viel ein Grunderbe kostet, kommt immer darauf an, wie hoch die Summen sein sollen. Forscher des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung haben ausgerechnet, dass ein Grunderbe von 10.000 Euro ungefähr 8,5 Milliarden Euro kostet, bei 100.000 Euro entsprechend 85 Milliarden Euro, was in etwa dem Bundeszuschuss für die Rentenversicherung entspricht. Wo das Geld herkommen soll, da gibt es unterschiedliche Vorschläge: eine Vermögenssteuer oder die Erbschaftssteuer. Letztere hält auch Monika Schnitzer für überlegenswert. Die Erbschaftssteuer zu verwenden, um jungen Menschen eine "Anfangsausstattung" zu geben, hält sie für eine gute Idee.

Was ändert ein Grunderbe an der Vermögensverteilung?

Während es der Wirtschaftsweisen Schnitzer vor allem um gleiche Startchancen und finanzielle Bildung geht, steht bei anderen die Änderung der Vermögensverteilung im Mittelpunkt. Und hier hat das DIW ausgerechnet, dass ein Grunderbe tatsächlich den Trend der ungleichen Verteilung ändern könnte. In Simulationsrechnungen kam heraus: Ab 20.000 Euro Grunderbe würde der Anteil der Hälfte der Bevölkerung am Gesamtvermögen auf drei Prozent steigen, bei einem Grunderbe von 100.000 Euro hätte die Hälfte der Bevölkerung fünf Prozent.

Grunderbe ist bislang ein Gedankenspiel

Noch ist die Debatte über das Grunderbe recht theoretisch, denn es gibt viele offene Fragen. Wie soll das genau finanziert werden? Welche Höhe ist wirklich sinnvoll? Wie soll kontrolliert werden, wofür das Geld ausgegeben wird? Und wie kann die finanzielle Bildung junger Menschen so verbessert werden, dass sie mit dem Geld vernünftig umgehen?

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