Ein Mann arbeitet in einem Coworking-Space.
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Weniger Neugründungen in Bayern im Jahr 2023 (Symbolbild).

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Ende des Booms: Weniger Gründungen in Bayern

Wegen steigender Zinsen und einer unsicheren Wirtschaftslage wurden vergangenes Jahr weniger Firmen in Bayern neu gegründet. Außerdem zogen sich viele aus der Selbstständigkeit zurück, meldet der BIHK. Doch es gibt auch positive Nachrichten.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die Münchner Softwarefirmen Celonis oder Personio gehören inzwischen zu den wertvollsten deutschen Start-ups. Gegründet wurden sie in Bayern. In den vergangenen Jahren, auch während der Corona-Pandemie, war der Freistaat eine Hochburg für Neugründungen. Nun scheint der Boom aber vorbei, wie aktuelle Zahlen des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK) zeigen, die BR24 exklusiv vorliegen.

BIHK: Weniger Neugründungen in Bayern

Zwar wurden in Bayern im vergangenen Jahr nach Angaben der Analysefirma Startupdetector zum ersten Mal mehr Firmen neu gegründet als in Berlin. Womit der Freistaat zum Gründungs-Hotspot in Deutschland aufsteigt. Doch insgesamt wurde weniger gegründet, konkret 9,2 Prozent im Vergleich zu 2021, meldet der BIHK, der die Zahlen zusammen mit dem Landesamt für Statistik errechnet hat. Besonders betroffen von der Gründungsflaute waren der IT-Bereich (minus 19 Prozent) und der Handel (minus 15 Prozent).

Warum es 2022 weniger Neugründungen gab

Die Gründe für den Rückgang der Existenzgründungen sind vielfältig, erklärt Bernhard Eichiner zuständig für Gründungen bei IHK für München und Oberbayern im Interview mit BR24. Die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt seien gut und ein Angestelltenverhältnis gebe derzeit mehr Sicherheit als ein Start-up. Auch die wirtschaftspolitische Lage sei ausschlaggebend, weil sie "derzeit einfach zu risikobehaftet ist mit den geopolitischen Verwerfungen".

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine haben sich die Preise für Nahrungsmittel, Rohstoffe und Energie stetig erhöht. Zwar hat sich die Inflation im vergangenen Mai auf 6,2 Prozent abgeschwächt, doch noch immer ist sie weit über zwei Prozent, die die Europäische Zentralbank (EZB) als Inflationsziel anstrebt. Um die steigenden Preise zu bekämpfen, hat die EZB den Leitzins nach einer jahrelangen Niedrig- und zuletzt Nullzinsphase auf inzwischen 3,75 Prozent erhöht. Dies macht Kredite teurer, die für Neugründungen benötigt werden. Als weiteren Grund für die Gründungsflaute nennt Eichiner den bürokratischen Aufwand bei einer Unternehmensgründung, der "derzeit so hoch ist, dass viele einfach sagen, ich bleibe im Angestelltenverhältnis".

Auch weniger Selbstständige in Bayern

Zusätzliche Sorgen bereitet die Selbstständigenquote, meldet der BIHK. Im vergangenen Jahr ist sie mit 9,2 Prozent auf ein historisches Tief geschrumpft. Auch das läge an den schwierigen Finanzierungsbedingungen mit hohen Zinsen und dem vergleichsweise sicheren Arbeitsmarkt.

Doch auch der Fachkräftemangel in allen Branchen ist laut Eichiner ein Problem für Selbstständige. Mögliche Erleichterungen könnten sein, dass Immobilien für Fachkräfte gefördert werden, damit diese zu finanzierbaren Mieten wohnen könnten. Zum Beispiel könnten in Zusammenarbeit mit den Kommunen Wohnungen bereitgestellt werden.

Gründer- und Start-up-Szene als wichtiger Teil bayerischer Wirtschaft

Selbstständige und Start-ups sind nach Angaben des Bayerischen Wirtschaftsministerium ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaft in Bayern. Bundesweit sind die meisten Dax-Unternehmen im Freistaat ansässig. Zusammen mit einem starken Mittelstand und auch dank der Gründer- und Start-up-Szene sei Bayerns Wirtschaft eine der stärksten in Europa, heißt es vom Ministerium.

Für den Bayerischen Industrie- und Handelskammertag stehen Selbstständige, Start-Ups und neue Unternehmen für Innovationen und Dynamik. "Sie legen das Fundament für unsere zukünftigen wirtschaftlichen Erfolge", betont BIHK-Präsident Klaus Josef Lutz.

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