165 Prozesstage hat der ehemalige Audi-Chef Rupert Stadler im Audi-Abgas-Skandal alle Vorwürfe abgestritten. Immer wieder sah er sich als Opfer der Staatsanwaltschaft, die ihn zu Unrecht beschuldigte, dass er nicht rechtzeitig eingegriffen habe. Durch sein Versagen – so die Staatsanwälte – seien hunderttausende Fahrzeuge verkauft worden, die nur im Labor, aber nicht auf der Straße "sauber" gefahren sind.
Stadler stellte sich bisher als Opfer dar
Stadler sah sich auch als ein Opfer der Ingenieure, die alles getan hätten, um vor ihm die Manipulationen an den Motoren zu verheimlichen. Umso bemerkenswerter ist, erläutert der Gerichtssprecher des Landgerichts München II, dass er als letzter Angeklagter auf einen Vorschlag des Gerichts eingegangen ist:
"Am heutigen Verhandlungstag hat Stadler dem Verständigungsvorschlag des Gerichts zugestimmt. Da auch die Staatsanwaltschaft ihr Einverständnis erklärt hat, ist die Verständigung formal zustande gekommen." Alexander Strafner, Landgericht München II
Bereits Ende März hatte das Landgericht den Vorschlag gemacht: Stadler bekomme eine Bewährungsstrafe zwischen eineinhalb und zwei Jahren plus eine Geldauflage, wenn er im Audi-Abgas-Verfahren ein Geständnis ablegt. Der Ex-Audi-Chef hat lange gezögert, jetzt aber doch zugestimmt, wohl auch weil die Geldauflage von zwei Millionen auf 1,1 Millionen Euro reduziert wurde.
Geständnis wird in zwei Wochen kommen
Der Ablauf heute Vormittag war kurz und bündig. Stadler und sein Anwalt haben der Verständigung zugestimmt, gleichzeitig aber gebeten, dass das Geständnis erst in zwei Wochen abgelegt wird. Die Einigung ist mehr oder weniger ein Geben und Nehmen: "Zum einen ein vollumfängliches Geständnis des Angeklagten. Im Gegenzug ist dem Angeklagten zugesagt worden, dass eine Freiheitsstrafe zwischen eineinhalb und zwei Jahren ausgesetzt zur Bewährung verhängt werden wird. Bewährungszeit drei Jahre. Die Auflagen sind 1,1 Millionen Euro, die an gemeinnützige Vereinigungen oder an die Staatskasse zu zahlen sind", so Gerichtssprecher Strafner.
Anders als seine beiden Mitangeklagten hat Stadler jetzt noch kein Geständnis abgelegt. Stadler hat das Recht, sich die Zeit dafür zu nehmen. Das Geständnis muss umfassend sein. Es fußt auf den Erkenntnissen, die das Gericht in diesem Mammut-Prozess zusammengetragen hat.
Stadler muss Betrug eingestehen
Für Rupert Stadler bedeutet das, dass er den Vorwurf "Betrug durch Unterlassen" gesteht. Das heißt: Er gibt vor Gericht und damit vor der Öffentlichkeit zu, dass er mit Vorsatz und Bereicherungsabsicht gehandelt hat. Und genau das hatte er über zwei Jahre mit Vehemenz abgestritten. Stadler ist übrigens der erste Chef eines großen Autokonzerns, der sich zu einem solchen Eingeständnis durchringt.
"Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Vorstandsvorsitzender vor sich und der Öffentlichkeit eingesteht, gegen Recht und Gesetz gehandelt zu haben." Alexander Strafner
Die Geständnisse werden den Prozess beschleunigen, so dass wohl im Juni die Urteile gesprochen werden. Stadler wird also eine Bewährungsstrafe zwischen eineinhalb und zwei Jahren bekommen. Die genaue Höhe legt das Gericht fest.
Ehemaliger Motoren-Chef kommt wohl ins Gefängnis
Beim Mitangeklagten, dem Motoren-Chef Hatz, schaut es etwas anders aus. Er hat zwar gestanden, aber die Staatsanwaltschaft lehnt hier eine Bewährungsstrafe eher ab. Unterschied zu Stadler: Unter der Verantwortung von Hatz haben seine Mitarbeiter die Motoren und die Abgaseinrichtungen absichtlich manipuliert. Stadler hat es versäumt, diese Betrügereien aufzudecken und zu unterbinden.
Im Audio: Stadler nimmt Verständigungsvorschlag an
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