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Diesel-Skandal

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Bußgeld für VW: Experte sieht Aufarbeitung erst am Anfang

Eine Milliarde Euro Bußgeld für VW - wegen Manipulation an der Software bei Dieselmotoren. VW zahlt ohne großen Widerspruch. Die Firma hofft möglicherweise, den Dieselskandal damit ausgesessen zu haben. Doch ist das wirklich so?

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Bayern 2-radioWelt: Ist VW mit der Zahlung des Bußgelds die Diesel-Sorgen los?

Manuel Theisen, Wirtschaftswissenschaftler, LMU München: Nein, keinesfalls! Das ist eigentlich jetzt erst der richtige Einstieg in eine konsequente und wahrscheinlich sehr viel teurere Klärung des gesamten Sachverhaltes, denn es geht ja zunächst nur um einen Bußgeldbescheid!

Bayern 2-radioWelt: Wie kann es sein, dass eine Firma, die seit Jahren für ihre Manipulationen bekannt ist, immer noch so gut verdient, dass sie eine Milliarde quasi aus der Portokasse zahlen kann?

Manuel Theisen: Das müssen Marketing-Experten beantworten. Es ist offensichtlich so, dass die Käufer der Wagen vollkommen trennen zwischen dem Verhalten des Unternehmens und seinen Skandalen einerseits und der offensichtlich unstreitig technischen Überlegenheit oder jedenfalls Exzellenz auf der Straße andererseits. Das kann man sehr schwer erklären, aber offensichtlich erfolgt da eine Trennung.

Bayern 2-radioWelt: Die Portokasse scheint ja sehr gut gefüllt zu sein: 17 Milliarden Dollar Strafe in den USA, jetzt nochmal eine Milliarde. Sie sagen, es kommt noch mehr dazu. Hat VW Geld ohne Ende?

Manuel Theisen: Nein, das ist überhaupt nicht der Fall. Die Gewinne im letzten Jahr - elf Milliarden - das sind zwar eine Menge Geld, aber wir müssen natürlich auch sehen: Das Unternehmen verdient ja nicht nur Geld, um Strafen zu zahlen. Das heißt, wir kommen durchaus schon heute in eine Größenordnung, die existenzgefährdend sein kann, sodass VW, wenn sich das möglicherweise in diese Richtung weiterentwickelt, durchaus auf Teile verzichten muss oder Teile verkaufen muss. Ich persönlich hatte schon die Trennung oder Umorganisation in diese Richtung interpretiert, um also gegebenenfalls Liquidität zu gewinnen. Also kurz und gut: Das Geld ist nicht unendlich da, und es fehlt dann ja an anderer Stelle, nämlich bei Entwicklung und Forschung.

Bayern 2-radioWelt: VW hat ja lange Zeit ziemlich arrogant gewirkt, der Vorstand auf jeden Fall. Der sah sich unschuldig, der wusste von nichts, sagte Winterkorn. Ist dieser Konzern - vielleicht auch gegen Vorwürfe aus der Politik - zu mächtig geworden?

Manuel Theisen: Ich habe den Eindruck, dass VW ein eigenes Unternehmen im Staate ist, sich sozusagen nur noch am Rande an die Gesetze hält. Und Sie sehen ja die vielfachen Verflechtungen, die sprechen Bände. Überdenken Sie die Situation: Niedersachsen ist Beteiligter bei VW, hat also Gewinnanteile bekommen, auch letztes Jahr, und bekommt jetzt sozusagen eine Milliarde über die Bußgeldkasse hinzu, eine Art Extra-Dividende. Wie eng ist diese Verknüpfung zwischen Staat, Gewerkschaften und Wirtschaft? Das ist ein exemplarischer, aber leider sehr schlechter Fall. Hier muss dringend aufgeräumt werden.