"Der DFB schafft den Wettkampf bei den Kindern ab" - so lautet die Schlagzeile, die seit einigen Wochen über der großen Nachwuchsreform des Deutschen Fußball-Bundes steht. Der Aufschlag war enorm, fast jeder TV-Experte übte teils heftige Kritik an den geplanten Maßnahmen. Selbst Hans-Joachim Watzke als DFB-Vizepräsident teilte gegen das eigene Konzept aus: "Demnächst spielen wir dann noch ohne Ball. Oder wir machen den eckig, damit er den etwas langsameren Jugendlichen nicht mehr wegläuft."
Broich kontert "polemische Aussagen"
ARD-Experte Thomas Broich ärgern solche Aussagen. "Vieles, worüber wir gerade reden, findet seinen Ursprung in der Aufgeregtheit der jetzigen Phase", sagte Broich, seines Zeichens Leiter Methodik im Nachwuchs von Hertha BSC Berlin, im Gespräch bei "Blickpunkt Sport".
"Wir sind in einer ausgewachsenen Krise und da hat jeder plötzlich eine Meinung, jeder zielt auf einen schnellen Lacher, dann fallen polemische Aussagen. Die Leute, die sich wirklich mit dieser Revolution auseinandergesetzt haben, finden es gut." - Thomas Broich über die Kritik an der Nachwuchsreform des Deutschen Fußball-Bundes
Broich pflegt einen engen Austausch mit Hannes Wolf, dem neuen DFB-Direktor für Entwicklung. "Er hält eigentlich Tag und Nacht immer den gleichen Vortrag, um Menschen für diese Idee zu begeistern. Ich finde die Ideen so nachvollziehbar und sie werden unsere Kinder besser machen."
Fehlende Mentalität? "Kinder lassen ihr Herz auf dem Platz"
Das Konzept besteht im Kern darin, dass in allen Leistungsklassen bis elf Jahren der klassische Spieltag mit einem Spiel und Ergebnis zugunsten vielfältigerer Spielformen ersetzt wird. Neben Watzke stören sich auch ehemalige FC-Bayern-Stars wie Thomas Helmer, Dieter Hamann oder Stefan Effenberg an dieser Idee. Sie befürchten unter anderem, dass den Kindern die Siegermentalität abtrainiert wird und sie den Umgang mit Niederlagen so nicht kennenlernen würden.
Für Broich gibt es jedoch keinen Grund für diese Befürchtungen: "Das Einzige, was wir abschaffen, ist das Ergebnisdenken bei den Eltern und den Trainern. Die Kids leben in dem Moment und geben alles. Die lassen ihr Herz auf dem Platz, die heulen. Dieser Siegeswille ist da und da ist auch die Traurigkeit bei Niederlagen."
Neue Spielformen sollen Kinder besser fördern
Durch das neue Prinzip, bei dem die Kinder auf mehreren Feldern im Drei-gegen-Drei oder Vier-gegen-Vier spielen, soll die "Kreativität und die Wiederholungszahl bei den Kindern fördern", erläuterte Broich weiter. So soll verhindert werden, dass Spielerinnen und Spieler außen vor bleiben und keine Spielzeit bekommen.
Aus eigener Erfahrung berichtete Broich: "Du tingelst an einem Samstag durch die Republik und darfst dann nur drei oder fünfmal wechseln. Manche Kinder sind dann das ganze Wochenende unterwegs und du kannst manche vielleicht nicht einmal einwechseln, so gerne du es auch würdest." Er selbst sei "ein Spätzünder" und "Hänfling" gewesen, der sich gegenüber den körperlich stärkeren Kindern hinten anstellen musste.
Vorbild England und Belgien
Da die Umsetzung nicht nur materielle, sondern auch pädagogische Umstellungen bei den Amateurvereinen bedarf, "wird es Zeit brauchen", sagte Broich, "aber wir dürfen optimistisch sein." Broichs Blick geht dabei nach England oder Belgien, "dort wird das schon praktiziert. Wenn es bei denen funktioniert, dann ist es auf jeden Fall den Versuch wert."
Blickpunkt Sport: Thomas Broich unter anderem über die DFB-Reform
Thomas Broich
Tabellenführung und Abstiegskampf, aktuelle Spielpaarungen, Ergebnisse und Liveticker, Torjägerlisten, Laufleistung- sowie Zweikampfstatistiken und noch viel mehr: Fußball im Ergebniscenter von BR24Sport.