Porträtfoto von Claudia Plattner
Bildrechte: Sanziana Perju/ECB/EZB/European Central Bank /dpa

Die Mathematikerin Claudia Plattner wird ab 1. Juli neue Präsidentin des Bundesamtes für Sicherheits in der Informationstechnik.

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Was auf die neue BSI-Chefin Claudia Plattner zukommt

Im Oktober wurde Arne Schönbohm als Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik entlassen. Am 1. Juli wird Claudia Plattner neue BSI-Chefin. Warum die Mathematikerin als gute Wahl gilt - und welche Baustellen auf sie zukommen.

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Im Oktober 2022 ist Arne Schönbohm als Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) entlassen worden. Sein Engagement in einem Cybersicherheits-Verein, der Verbindungen nach Russland, teils auch zu russischen Geheimdiensten hat, war ihm zum Verhängnis geworden. Bundesinnenminister Nancy Faeser (SPD) sah das Vertrauensverhältnis gestört und berief Schönbohm ab. Inzwischen ist er Präsident der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung.

Claudia Plattner: Von der EZB zum BSI

Seit vier Monaten hat das BSI also keinen Präsidenten, aber nun ist klar, wer in knapp fünf Monaten den Posten übernimmt: Claudia Plattner, die derzeitige Generaldirektorin für Informationssysteme der Europäischen Zentralbank (EZB). Bis sie ihren neuen Job am 1. Juli antritt, wird weiter BSI-Vizepräsident Gerhard Schabhüser das Amt leiten. Plattner wird die erste Frau an der Spitze der Behörde sein, die insbesondere für den Schutz vor Hackerangriffen zuständig ist. Plattner bezeichnete die Cybersicherheit in einem Statement zu ihrer Berufung "als bedeutende Herausforderung für Regierungen."

Faeser bezeichnet Plattner als "herausragende IT-Sicherheitsexpertin"

Plattner arbeitet seit zwei Jahren bei der EZB. Zuvor war die Mathematikerin bei der Bahn-Tochter DB Systel für die Modernisierung der IT der Deutschen Bahn zuständig. Sie hat an der Technischen Universität Darmstadt und an der Tulane University im US-Bundesstaat Louisiana Mathematik studiert. Innenministerin Faeser bezeichnet Plattner als "herausragende, international vernetzte IT-Sicherheitsexpertin mit großer Managementerfahrung".

Parteiübergreifendes Lob für Plattner

Plattners Berufung kommt parteiübergreifend gut an. Die Grünen sehen in Plattner eine "ausgewiesene Expertin mit fundierten Vorkenntnissen für das wichtige Amt der BSI-Präsidentin", wie die Grünen-Innenpolitikerin Misbah Khan und Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz in einem Statement erklärten. FDP-Innenpolitiker Manuel Höferlin sagte, Plattners fachliche Eignung für ihre neue Aufgabe "ist über jeden Zweifel erhaben”.

Sogar aus der Opposition gab es Lob: "Frau Plattner ist eine der renommiertesten IT-Managerinnen des Landes", erklärte der CDU/CSU-Digitalexperte Reinhard Brandl (CSU).

Bedrohung der Cybersicherheit so hoch wie noch nie

Plattner übernimmt das BSI in einer schwierigen Zeit, die Bedrohung der Cybersicherheit ist "so hoch wie noch nie", wie die Behörde im Bericht zur IT-Sicherheitslage 2022 selbst konstatierte. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine wird hybrid geführt, auch Cyberangriffe zählen zum russischen Repertoire. Cyberangriffe gibt es auch auf kritische Infrastrukturen in Deutschland wie Energieversorger oder Krankenhäuser, in manchen Fällen führen die Spuren nach Russland. Das BSI wird schon jetzt in solchen Fällen zu Rate gezogen, soll sich aber künftig noch stärker um den Schutz kritischer Infrastrukturen bemühen.

BSI soll unabhängiger vom Innenministerium werden

Die wichtigste - und wohl auch heikelste Aufgabe - ist aber die Neupositionierung des BSI. Das Amt soll "unabhängiger aufgestellt" und zur "zentralen Stelle im Bereich IT-Sicherheit ausgebaut" werden, wie es im Koalitionsvertrag der Ampel heißt. Passiert ist aber in beiden Fällen noch nichts.

Das BSI untersteht dem Bundesinnenministerium ebenso wie das Bundeskriminalamt (BKA), das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und die Bundespolizei (BPol). Während das BSI für mehr IT-Sicherheit sorgen soll, können die anderen drei Behörden von IT-Sicherheitslücken profitieren oder sogar gezielt in IT-Systeme eindringen, Stichwort Bundestrojaner. Speziell die Grünen sehen hier einen Interessenkonflikt. Das Vorhaben, das BSI unabhängiger zu machen, stößt im Innenministerium aber nicht auf große Begeisterung, hier will man offenbar möglichst viel Kontrolle über das BSI behalten.

BSI soll mehr Kompetenzen für IT-Sicherheit bekommen

Damit das BSI zu einer bundesweiten Zentralstelle für IT-Sicherheit werden kann, müsste das Grundgesetz geändert werden. Denn momentan liegt die Verantwortung für Cybersicherheit noch bei den Ländern, das BSI kann nur Amtshilfe leisten. Das hält Faeser angesichts der gewachsenen Bedrohung für nicht mehr zeitgemäß. Bislang ist das BSI vor allem für die Sicherung der IT-Netze der Regierung zuständig, also zum Beispiel der Ministerien.

Plattner hat kaum politische Erfahrung

Mehr Kompetenzen würden auch mehr Personal und mehr Geld fürs BSI erfordern. Die Neupositionierung des Amtes ist eine hochpolitische Aufgabe. Es wird genau beobachtet werden, wie sich die neue Präsidentin hier verhält. Das gilt besonders in der Frage, wie unabhängig das BSI künftig sein soll; ob es etwa zu einer eigenen oberste Bundesbehörde aufgewertet wird. Bei aller fachlichen Kompetenz, die Plattner vorweisen kann: Politische Erfahrung hat sie kaum.

Schließlich muss Claudia Plattner damit rechnen, dass die Frau, die ihr den Posten als BSI-Chefin verschafft hat, ab Oktober andere Wege geht: Nancy Faeser will Ministerpräsidentin von Hessen werden.

Fürs Erste scheint bei Plattner aber die Vorfreude auf das neue Amt zu überwiegen: "Es ist mir eine Ehre in dieser neuen Rolle in den Dienst der Bundesrepublik zu treten."

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