Netflix-Knopf auf Fernbedienung
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Netflix sucht einen Weg aus der Krise.

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Schlechte Quartalszahlen: Wie Netflix aus der Krise kommen will

Abonnentenzahlen und Gewinn sinken, die Aktie bricht ein: Der einst erfolgsverwöhnte Streaming-Dienst Netflix steckt in der Krise. Gründer Reed Hastings hat zwei Ideen, wie er die Einnahmen steigern will. Eine davon rüttelt an einem Tabu.

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Der erfolgsverwöhnte Streaming-Dienst Netflix muss eine Enttäuschung wegstecken. Erstmals seit zehn Jahren hat das Unternehmen Kunden verloren: In den drei Monaten bis Ende März gingen unterm Strich rund 200.000 Bezahl-Abos verloren – eine zwar vergleichsweise kleine Zahl, wenn man bedenkt, dass weltweit 221,6 Millionen Menschen für den Dienst zahlen. Aber das letzte Mal, dass Netflix ein Quartal mit sinkenden Nutzerzahlen verbuchte, war im Oktober 2011.

Aktie bricht um 26 Prozent ein

Auch der Gewinn sank gegenüber dem Vorjahreswert um etwa sechs Prozent auf 1,6 Milliarden Dollar (1,5 Milliarden Euro). Der Umsatz legte zwar um rund zehn Prozent auf 7,9 Milliarden Dollar zu, verfehlte die durchschnittlichen Erwartungen der Analysten aber dennoch knapp.

Diese ernüchternden Zahlen ließen die Netflix-Aktie im nachbörslichen Handel in New York um 26 Prozent auf 258,39 Dollar abstürzen. Seit Jahresbeginn ist der Aktienkurs bereits um über 40 Prozent gefallen. Trotz des jüngsten Rückgangs liegt Netflix weiter deutlich vor der Konkurrenz. Zum Vergleich: Der große Rivale Disney+ hatte Ende 2021 knapp 130 Millionen Kunden.

Netflix hatte mit Wachstum gerechnet

Netflix hatte eigentlich damit gerechnet, 2,5 Millionen weitere Abonnenten zu gewinnen – und die Analysten hatten sogar einen noch stärkeren Zuwachs erwartet. Der Streamingdienst hatte in den vergangenen beiden Jahren stark von der Corona-Pandemie profitiert, welche dazu führte, dass Menschen weltweit viel mehr Zeit zu Hause verbrachten und dort mehr Filme und Serien schauten als zuvor. Dies ließ die Kundschaft stark wachsen.

Rückzug aus Russland kostet 700.000 Kunden

Gründe für den Kundenschwund gibt es mehrere. So hat sich Netflix nach dem Angriff auf die Ukraine aus Russland zurückgezogen und dort sämtliche Kundenkonten deaktiviert. Dem Unternehmen nach fielen wegen der Maßnahme auf Quartalssicht rund 700.000 Abos weg. Ohne diesen Effekt hätte es einen Anstieg um eine halbe Million Nutzer gegeben.

Streaming-Markt ist gesättigt

Doch der Markt in den USA ist nahezu gesättigt und Unternehmen wie Amazon, Apple und Disney haben Konkurrenzangebote gestartet. "Die Sättigung des Marktes spielt eine große Rolle und wir merken die Konkurrenz, ganz klar. Wir müssen einfach weitermachen und uns verbessern", erklärt Ted Sarandos, Ko-Chef von Netflix.

Dabei habe der Streamingdienst durchaus stark nachgefragte Produktionen angeboten, sagte Sarandos und verwies auf die Serien "Ozark" und "Inventing Anna" und vor allem auf den Erfolg der neuen Staffel von "Bridgerton" – da seien die Erwartungen von Netflix erfüllt und auch übertroffen worden. "Im Prinzip müssen wir jeden Monat Erfolgsproduktionen wie 'The Adam Project' und 'Bridgerton' haben, so Sarandos.

100 Millionen Nutzer schauen mit – ohne zu zahlen

Doch Netflix hat ein Problem mit Leuten, die zuschauen, aber nicht zahlen. Denn viele Kunden teilen ihr Abo mit Freunden oder Familienmitgliedern, die nicht im selben Haus leben. Der Anbieter schätzt, dass rund 100 Millionen Haushalte in aller Welt den Dienst auf diese Weise nutzen, ohne dafür zu zahlen. Dabei untersagen die Nutzungsbedingungen, ein Netflix-Abo mit Personen außerhalb des eigenen Haushalts zu teilen.

Man sei dabei, Wege zu finden, von denjenigen, die ihr Abo teilen, mehr Geld zu verlangen. Zunächst geht es darum herauszufinden, ob Kunden bereit sind, für die Teilung der Kontodaten mit anderen einen Aufpreis zu den monatlichen Abogebühren zu bezahlen. Ein entsprechendes Modell wird gerade in Chile, Costa Rica und Peru erprobt.

Netflix-Gründer kann sich nun doch Werbung vorstellen

Um das Wachstum wieder in Gang zu bringen, könnte Netflix in Zukunft sogar an einem seiner größten Tabus rütteln und ein günstigeres Streaming-Abo mit zwischengeschalteten Werbe-Clips einführen. So etwas gab es bei Netflix noch nie – Vorstandschef Reed Hastings hatte bislang wenig dafür übrig.

Ohne konkrete Pläne vorzustellen, zeigte er sich nun plötzlich doch offen für ein durch Werbung unterstütztes Angebot. Er sei zwar immer ein großer Freund des einfachen Abo-Modells gewesen. "Aber ich bin ein noch größerer Freund davon, dass Kunden die Wahl haben. Es macht Sinn, für Kunden, die Werbung nicht stört, das Netflix-Abo preiswerter zu gestalten", sagte Hastings. Netflix wolle in den nächsten ein bis zwei Jahren an einer solchen Lösung arbeiten.

Zweites Quartal wird wohl auch kaum besser

Ob der Abwärtstrend damit aufzuhalten ist, bleibt fraglich. Denn die Aussichten sind düster. Netflix geht davon aus, dass auch im laufenden Quartal die Zahl der Kunden sinkt. Man rechnet in Los Gatos damit, in den kommenden drei Monaten bis zu zwei Millionen Kundenkonten zu verlieren.

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