Odysee
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Die Video-Plattform Odysee basiert auf der Blockchain - Creator können so Geld verdienen.

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Odysee: Die libertäre YouTube-Alternative aus der Krypto-Welt

Was Telegram für Facebook ist, ist Odysee für YouTube: Eine Videoplattform, auf der fast alles erlaubt ist. Doch es gibt noch einen weiteren Grund, warum der Dienst auch Rechtsextreme und Verschwörungserzähler anzieht.

Wer auf Facebook, Twitter und YouTube Hass und Hetze oder nachweislich falsche Behauptungen über Covid-19 verbreitet, den können diese Plattformen verbannen. In den vergangenen beiden Jahren waren reihenweise Rechtsextremisten, Verschwörungserzähler, radikale Corona-Leugner und Impfgegner von diesem "Deplatforming" betroffen. Solche Personen steigen oft auf Alternativplattformen um, die extremistische Meinungen tolerieren. Dazu zählen etwa PeerTube, Bitchute, Parler. Und Odysee.

  • Zum Artikel: "Festnahme auf den Philippinen: Wer ist Oliver Janich?"

Libertärer Amerikaner gründet Video-Plattform Odysee

Die Video-Plattform mit Sitz in Las Vegas wurde 2020 vom libertären Amerikaner Jeremy Kauffman gegründet, der gerade für die Libertarian Party für einen Sitz im US-Senat kandidiert. Kauffman gilt als erklärter Anhänger freier Meinungsäußerung und kritisierte die Moderationsregeln von YouTube in der Vergangenheit als "viel zu streng". Auf Odysee sind auch Videos zu finden, in denen der Holocaust geleugnet wird, was in den USA nicht strafbar ist.

Odysee basiert auf der Blockchain

Odysee unterscheidet sich von den anderen Plattformen dadurch, dass sie auf dem LBRY-Protokoll aufgebaut ist - einem dezentralen Netzwerk zum Filesharing und zum Austausch von Zahlungen. Dafür wird eine eigene Blockchain samt zugehöriger Kryptowährung LBC verwendet. Durch die dezentrale Speicherung können Inhalte nicht einfach gelöscht werden wie bei zentralisierten Plattformen wie YouTube.

Durch die Integration der Kryptowährung funktioniert Odysee wie ein Marktplatz für Videos, auf dem Creator Geld verdienen können:

  • durch Views - also wenn jemand ein Video anschaut
  • durch Trinkgelder, die das Publikum in LBC oder in Form von echtem Geld (US-Dollar und Euro) geben können
  • dadurch, dass man neue Nutzende auf Odysee einlädt

Odysee ist interessant für Rechte und Verschwörungserzähler

Diese Monetarisierungsmöglichkeiten sind auch für Rechtsextremisten und Verschwörungserzähler interessant, wie der Think Tank ISD Germany in einer Studie herausgefunden hat. Das Institute for Strategic Dialogue Germany setzt sich für den Schutz von Demokratie im digitalen Zeitalter ein und wird unter anderem vom Bundesjustizministerium gefördert.

LBC-Kurs schwankt sehr stark

ISD Germany untersuchte auf Odysee 55 Videos von 11 Kanälen, aus dem verschwörungsideologischen, Anti-Lockdown- und rechtsextremen Spektrum. Diese 55 Videos erhielten insgesamt 36.120,88 LBRY-Credits, was zum Untersuchungszeitraum im Mai etwas mehr als 536 US-Dollar entsprach. Dazu muss man allerdings wissen, dass der LBC-Kurs - ähnlich wie der anderer Kryptowährungen - stark schwankt. Am 1. September war ein LBC 0,0176 Dollar wert, das Allzeithoch liegt bei 1,60 Dollar.

Verdienstpotenzial für rechtsextremes Milieu

Deswegen untersuchte ISD Germany auch die Einnahmen von 53 deutschsprachigen Accounts aus dem verschwörungsideologischen und rechtsextremen Spektrum über einer längeren Zeitraum. Im Durchschnitt waren sie seit 16 Monaten aktiv, bei einem LBC-Durchschnittskurs von 0,074 Dollar ergibt das einen ungefähren Gesamtverdienst von 122.000 Dollar. Fast die Hälfte davon entfiel auf die beiden meistverdienenden Kanäle, was das Verdienstpotenzial auf Odysee deutlich macht. ISD Germany spricht in seinem Bericht von einer "nicht unbeachtlichen, noch nicht voll ausgeschöpften Einnahmequelle" für das verschwörungsideologische und rechtsextreme Milieu.

Odysee ist nicht per se rechtsextrem oder radikal

Dieses Milieu ist auch auf Odysee vertreten, allerdings kann man nicht sagen, dass die ganze Plattform dezidiert rechtsextrem oder radikal ist. Dort finden sich auch jede Menge unverfänglicher Content zu Themen wie Kochen, Games oder Produkttests.

Es sei keineswegs das Ziel der Plattform, radikale Gruppierungen anzuziehen, man sehe sich nicht explizit als politische Plattform, sagte ein Odysee-Sprecher im Februar dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Diese Zielgruppe ist uns weder ein Dorn im Auge noch machen wir Freudensprünge. Wir sehen uns als Dienstleister und stehen allen Creatorn zur Verfügung." Auf eine BR24-Anfrage zum Umgang mit Content von Verschwörungserzählern und Rechtsextremen antwortete Odysee nicht.

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