Walter Homolka bei der Eröffnung des "Europäischen Zentrums für Jüdische Gelehrsamkeit" auf dem Campus der Universität Potsdam 2021.
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Walter Homolka bei der Eröffnung des "Europäischen Zentrums für Jüdische Gelehrsamkeit" auf dem Campus der Universität Potsdam 2021.

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Vorwurf Machtmissbrauch – Rabbiner wirft Zentralrat Kampagne vor

Ein Gutachten im Auftrag des Zentralrats der Juden in Deutschland bestätigt Vorwürfe des Machtmissbrauchs gegen den aus Bayern stammenden Rabbiner Walter Homolka. Der ehemalige Leiter des liberalen Abraham-Geiger-Kollegs spricht von einer Kampagne.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat ein mehr als 800 Seiten umfassendes Gutachten der Kölner Kanzlei "Gercke Wollschläger" vorgelegt, das Vorwürfe gegen den aus Bayern stammenden, liberalen Rabbiner Walter Homolka bestätigt. Das Gutachten zitiert aus 80 Interviews mit 74 Menschen und beschreibt anhand von 23 Beispielen Vorwürfe gegen den Rabbiner und dessen Lebensgefährten, etwa im Bereich des Machtmissbrauchs.

Ferner geht es um etwaiges Fehlverhalten gegenüber Studierenden und sonstigen Angehörigen verschiedener jüdischer Einrichtungen, darunter das vom Zentralrat bezuschusste Abraham-Geiger-Kolleg in Potsdam, das Homolka gegründet und viele Jahre geleitet hatte.

Ämterhäufung und Strukturprobleme

46 "konkrete, objektivierbare Vorgänge" legt das Gutachten Homolka zur Last. 14 von ihnen seien als "rote Fälle" eingeordnet worden. Dies bedeute nicht zwingend, dass "eine straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtliche Relevanz angenommen wurde, sondern kann sich auch allein auf ein strafrechtlich nicht relevantes Fehlverhalten beziehen", heißt es. Eine Häufung von Ämtern und strukturelle Probleme seien für das festgestellte Fehlverhalten mitverantwortlich.

Walter Homolka, gebürtig aus dem niederbayerischen Landau an der Isar und mit 17 Jahren zum Judentum übergetreten, war jahrzehntelang ein über Deutschland hinaus gefragter führender Kopf des liberalen Judentums. Im Frühjahr 2022 wurden erstmals Vorwürfe gegen den Rabbiner laut, woraufhin er etliche Ämter in der jüdischen Gemeinschaft ruhen ließ. Im Dezember wurden erste Ergebnisse einer Prüfung vorgelegt, gegen die Homolka juristisch vorging.

Gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur spricht er nun von einer "Kampagne" des Zentralrats und weist die Vorwürfe weiter zurück. "Es ist beschämend, dass der Zentralrat mit seinem Endbericht den Eindruck erwecken will, hier sei irgendetwas bewiesen worden", so Homolka in einer Stellungnahme. Übrig blieben "diffuse Mutmaßungen über vermeintlichen Machtmissbrauch, die unstreitig unterhalb der straf- oder disziplinarrechtlichen Schwelle liegen und für die es nur anonyme Hinweisgeber und Hörensagen gibt".

Zentralrats-Präsident Schuster: "Machtmissbrauch nicht kleinreden"

Demgegenüber ist laut dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, deutlich geworden, "dass Machtmissbrauch nicht kleingeredet werden darf". Verdachtsfälle müssten konsequent und öffentlich aufgearbeitet werden. "Nur so werden wir die nötige Sensibilisierung für den Umgang mit problematischen Strukturen, Verhaltensweisen und Machtgebaren herstellen." Und: "Der Mut der Betroffenen verdiene größten Respekt."

Homolka habe in jüdischen Organisationen und Institutionen seinen Einfluss größtenteils verloren. "Nach den nun veröffentlichten Ergebnissen kann ich mir nicht vorstellen, dass sich daran etwas ändern wird", so Schuster.

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