Schwarzweißgemälde von Jörg Immendorff: "Lidl Eisbär"
Bildrechte: Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Haydar Koyupinar

"Lidl Eisbär" (1968) von Jörg Immendorff

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"Ungekämmte Bilder": Zum 90. Geburtstag von Franz von Bayern

Kunstwerke, die ihn in seiner Wohnung auch nach ein bis zwei Wochen noch angesprochen haben, kaufte Franz von Bayern. Die Pinakothek der Moderne ehrt jetzt einen ihrer größten Kunststifter mit einer Ausstellung.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

In den frühen 1950er Jahren gab es nur eine Hand voll moderner Kunstgalerien in München. In einer davon, der von Günther Franke in der Villa Stuck, erfasste Franz Herzog von Bayern die Kunstsammel-Leidenschaft. Das fast 90-jährige Oberhaupt der Familie Wittelsbach erinnert sich: "Das war eigentlich ganz präzise eine Ausstellung, auf die ich aufmerksam gemacht worden bin, von Zeichnungen von Kubin. Die haben mich einfach aufgeregt. Da habe ich ein Blatt erworben und das war für mich so ein Anlass, eine Zündung. Da habe ich alles abgestottert. Aber ich glaube, ich bin einfach neugierig geworden. Da ist so eine Begeisterung gewachsen. Plötzlich war man da mittendrin und ist mitgeschwommen und hat erlebt, was da vor sich geht."

"Ungekämmte Bilder"

Die Ausstellung in der Pinakothek der Moderne in München, mit der die Staatsgemäldesammlungen jetzt einen ihrer größten Kunststifter ehren, setzt allerdings erst später ein: Um 1960. "Ungekämmte Bilder" heißt sie. Kurator Bernhart Schwenk zitiert Franz von Bayern: "Ungekämmt hat Herzog Franz die Werke bezeichnet, die ihn fasziniert haben, die ihn in den Bann gezogen haben, und zwar seit den 60er-Jahren. Also, vor allen Dingen in den 60er-Jahren, als eben dieser große Aus- und Umbruch war und plötzlich die Bilder gar nicht mehr so aussahen wie die Malerei, die man kannte."

Viele Werke des allzu früh verstorbenen deutschen Künstlers Blinky Palermo hängen in der Ausstellung. Man könnte einige auch für mit Farbe angestrichene Dachlatten halten. Oder für bunt bemalte Stoffbahnen. Natürlich spiegelt sich in solcher Rohheit auch das Zeitgefühl, fünfzehn Jahre nach dem Krieg und dem Holocaust. Daneben ein rein graues Bild von Gerhard Richter, benannt nach seinem Freund: Blinky.

Testphase der Bilder in der eigenen Wohnung

Was ganz sicher ist: Franz von Bayern hat einige Wochen und Monate mit dieser Kunst in seiner Wohnung gelebt. Nur, was diesen Test bestand, blieb in der Sammlung und ist jetzt Teil der Museumskollektion. "Ich habe einfach Bilder, ganz egal von welchem Künstler, wenn sie erreichbar waren und mir gefallen haben, mir an die Wand gehängt, um auszuprobieren. Das haben die Künstler auch immer zugestanden. Ich habe denen immer gesagt: 'Wenn Du willst, dass ich Dein Bild ernst nehme, musst Du mir die Möglichkeit geben, es auch richtig anzuschauen.' Und das geschieht nicht in einer halben Stunde. Also ich habe die Bilder eigentlich immer an meiner Wand geprüft."

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Georg Baselitz: Der Mann am Baum, 1969 - Bildausschnitt

"Er vertraut dem eigenen Auge"

Die Sammlung entstand in enger Zusammenarbeit mit Kunstgaleristen wie Günther Franke, Fred Jahn oder Heiner und Six Friedrich. Sie enthält nicht nur Gemälde mit großen Namen, sondern auch originelle Kunst von bayerischen Künstlerinnen und Künstlern wie Katharina von Werz, Rudi Tröger oder Heinz Butz. Und siehe da: Diese Werke halten neben all den Richters, Polkes, Immendorffs, Pencks und Knoebels mühelos stand.

Für Kurator Bernhart Schwenk zeigt das geradezu das Programm des Sammlers Franz von Bayern. "Herzog Franz würde sich vom Kunstmarkt nicht beeindrucken lassen. Da ist er wirklich unbeeindruckbar. Und er vertraut dem eigenen Auge. Auch dem Gespräch, wodurch sich der Blick ja auch verändert. Aber da ist er ganz eigenständig. Er selbst sagt, dass er nach Appetit sammelt und unsystematisch. Das mag man so sehen können. Denn es wird nicht gezielt eine Blue-Chip-Sammlung aufgebaut. Das interessiert ihn überhaupt nicht. Es geht wirklich nach der Beziehung zu dem Kunstwerk, nach dem, wie die Kunst zu ihm spricht."

Laut spricht seit bald 60 Jahren die Kunst von Georg Baselitz zu Franz Herzog von Bayern. In der Ausstellung in Saal 21 in der Pinakothek der Moderne wird Baselitz vertreten durch einen monumentalen, kopfüber hängenden "Mann am Baum" von 1969. Zu seiner jahrzehntelangen Sammlerbeziehung zu dem Maler und dessen sehr ungekämmten Bildern sagt Franz Herzog von Bayern: Das ist eine Freundschaft geworden. Gerade Bilder von Baselitz waren am Anfang ganz schwierig an der Wand. Und gerade bei einem Baselitz mit seiner ganzen Gewalt, hat man halt immer irgendwo den Flügelschlag gespürt. Und das war das, was mich irgendwie berührt hat. Vor seinen Bildern zum Beispiel im Atelier haben wir immer nur Fragen gestellt, haben nie über etwas Kontrovers gesprochen.

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