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Saoud Mekhennet

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Souad Mekhennet bekommt den Ludwig-Börne-Preis 2018

Diskriminierung, Arroganz und Heuchelei machen sie genauso zornig wie einst Ludwig Börne, sagt die Reporterin mit dem Schwerpunkt Sicherheitspolitik im Nahen Osten. Nun wird Souad Mekhennet für ihre mutigen Arbeiten ausgezeichnet. Von Mario Scalla.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Als Souad Mekhennet zum ersten Mal einen der Führer des IS interviewen sollte, war die Lage durchaus prekär. Sie saß hinten in einem Auto, das sie zu einem Treffpunkt bringen sollte, und wusste, dass die Entführung und Geiselnahme von Journalisten eine Spezialität des IS waren. Als Frau war sie davor keineswegs geschützt. Mekhennet war eine der ersten, die sich auf die Fährte der seinerzeit noch recht unbekannten Gruppierung geheftet hatte. Daher konnte sie nicht abschätzen, was ihr blühte.

Doch die mutige Journalistin Mekhennet bekam Zugang und Interviews und konnte in führenden westlichen Medien, der Washington Post, der New York Times oder in Deutschland ARD und ZDF, große Reportagen über die islamistische Bewegung in Nahen Osten veröffentlichen. Zugute kam ihr dabei ihre multikulturelle Erziehung. 

Ich bin zwar Muslima, aber nicht der Prototyp der muslimischen Frau. Jedenfalls nicht so, wie sich Leute, die ich interviewe, eine Muslima vorstellen. Das hat mit journalistischer Professionalität zu tun. (Souad Mekhennet)

1978 in Frankfurt geboren, schickten Mekhennets Eltern, ein marokkanischer Koch und eine türkische Arbeiterin, ihre kleine Tochter zu der Großmutter nach Marokko. Drei Jahre lang lebte sie dort in einer Atmosphäre religiöser Toleranz - Eltern wie Großeltern vermittelten ihr eine liberale und tolerante Version des Islam. Als sie nach Deutschland zu rückkehrte, sprach sie arabisch, aber zunächst kein Deutsch. Ihr ständiger Wechsel zwischen den Sprachen und Kulturen führte dazu, dass ihr Fremdheit immer irgendwie normal erschien. Diese Mischung der Kulturen konnte auch komisch werden: 

Zweimal habe ich damals Mutter Maria im Krippenspiel gespielt. Das war das erste Mal, dass ich in Deutschland ein Kopftuch trug, war als ich die Maria spielte. Bin mit Bewusstsein Muslima - und Respekt zu haben, egal welche Religion, Respekt verdient. So haben meine Eltern mich erzogen. (Souad Mekhennet)

Der 11. September veränderte ihr Leben. Als die Flugzeuge der Islamisten in die Türme des World-Trade-Centers krachten, verstärkte sich das Misstrauen, das Muslimen überall auf der Welt entgegen gebracht wurde. Die Muslima Souad Mekhennet reagierte darauf, indem sie den islamistischen Terrorismus zu ihrem großen Thema machte, und das bis heute, da sie für die große „Washington Post“ unterwegs ist. Sie bereiste die Krisengebiete im Nahen Osten und berichtete von dort für die großen westlichen Medien. Aufgrund ihrer genauen Kenntnis von arabischer Sprache und islamischer Kultur öffneten sich ihr Türen, die anderen verschlossen blieben. Doch sie legt Wert darauf, dass sie immer nach allen Seiten hin unabhängig blieb. 

Das man gemerkt, hat, dass ich versuche fair zu sein. Ich lüge niemandem etwas vor, ich sage, nie, dass ich eine Seite darstelle – so etwas gibt es auch. Das tue ich nicht. Ich sage, dass mein Job ist, alle Seiten zu befragen. das mir aber auch wichtig ist, die Seite der Dschihadisten zu hören. Wir machen es einigen Leuten zu leicht, wenn wir nur die schwarz/weiß Malerei zulassen. (Soud Mekhennet)

Ihr Vorname Souad kommt aus dem Arabischen und bedeutet so viel wie „Glückskind“. Mit Glück allerdings hat die Verleihung des Börne-Preises 2018 durch die Fernsehmoderatorin Maybrit Illner nichts zu tun. Aber viel mit journalistischer Unabhängigkeit und Qualität.