Es klingt nach einer Liebesgeschichte wie aus einem Film: Die Marokkanerin Souhaila und der Deutsche Benjamin lernen sich bei einem Fotoshooting in Tunesien kennen. Die beiden haben davor schon ein paar Mal telefoniert und sind sich sofort sympathisch. Auf das Treffen freuen sich beide. Und tatsächlich ...
"Als ich ihn gesehen habe, fing mein Herz an zu rasen. Und ich dachte: Kann das Liebe auf den ersten Blick sein?" Souhaila
Die beiden kommen aus ganz unterschiedlichen Kulturen, haben völlig andere Hintergründe: Der 33-jährige Benjamin ist gelernter Medienkaufmann und arbeitet als Marketingexperte für HipHop bei einem Verlag in Hamburg.
Die 23-jährige Souhaila lebt mit ihrer Familie in Casablanca, studiert dort Anglistik, jobbt als Model und ist zudem eine erfolgreiche Influencerin für Mode und Lifestyle in der arabischen Welt. Sie hat über 170.000 Follower – diese Öffentlichkeit nutzt sie auch, um sich gegen Rassismus und Bodyshaming stark zu machen.
Kennenlernen auf "neutralem Boden"
Nach dem Fotoshooting reisen die beiden schweren Herzens wieder in ihre eigene Welt zurück, aber halten den Kontakt. In den folgenden sechs Monaten chatten und telefonieren sie jeden Tag – manchmal fünf Stunden lang.
Auch wenn es heute einen schlechten Ruf hat, sich online kennen zu lernen, fand Benjamin diesen "neutralen Boden" gut. Es gab ihnen die Möglichkeit, sich ganz frei, ohne kulturelle Schranken, näher zu kommen.
Nach sechs Monaten besucht Benjamin Souhaila in Casablanca. Er lernt ihre Familie und ihre Kultur kennen und ist sich sicher: Diese Frau will ich heiraten! Noch bei diesem Besuch hält er um ihre Hand an.
Islam aus Liebe?
Doch es gibt noch ein Hindernis: Auch wenn es in Marokko die Möglichkeit gibt, eine zivilrechtliche Ehe zu schließen, ist eine traditionelle islamische Eheschließung im Kreise ihrer Familie Souhailas Herzenswunsch. Das Problem: Nach islamischem Recht darf eine Muslima nur einen Muslim heiraten.
In vielen Gesprächen tauschen sich Souhaila und Benjamin über ihre Werte und ethischen Grundsätze aus. Obwohl Benjamin nie viel mit dem christlichen Glauben anfangen konnte und sich deshalb nicht für religiös hielt, entdeckt er durch den Austausch mit Souhaila, dass wohl doch "Glaube in ihm steckt".
"Das kam eigentlich allem ziemlich nah, was mich so ausmacht." Benjamin
Zudem nimmt er den islamischen Glauben in Marokko und in Souhailas Familie als sehr stimmig wahr. Die Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft sprechen ihn an. Benjamin kann sich vorstellen zu konvertieren.
In einem Brief wendet er sich an einen Imam in Hamburg und legt ihm die Gründe dar, warum er Muslim werden möchte. Es folgt eine Einladung des Imams zu einem Gespräch. Sie reden über die Grundsätze des Islam, über Benjamins Beweggründe und seine Haltung zu verschiedenen Themen. Am Ende sprechen sie gemeinsam das Glaubensbekenntnis. Einige Tage später erhält Benjamin eine Bescheinigung des Imams, die er brauchte, um in Marokko heiraten zu können: Von nun an ist Benjamin Muslim.
"Wir sind eine internationale Familie"
In ihrem Freundeskreis stießen Souhaila und Benjamin mit ihrer Heirat nicht nur auf Verständnis. Doch ihre Familien stehen hinter dem jungen Paar.
"Meine Familie hat sich seit der Hochzeit sehr verändert. Es ist sehr viel herzlicher geworden, wir sehen uns jetzt viel öfter. Und ich glaube, das war schon der Einfluss aus Marokko, der das bewirkt hat." Benjamin
Souhaila und Benjamin haben das Gefühl, dass ihre Ehe die Familien bereichert. Beide Familien seien offener für die andere Kultur geworden, erzählen die beiden, eben eine internationale Familie. Und für Benjamin war seine Konversion aus Liebe auch eine Entdeckung seiner spirituellen Wurzeln.