Radost Bokel als Momo in der Verfilmung von 1985
Bildrechte: picture-alliance / dpa | dpa-Film

Radost Bokel als Momo in der Verfilmung von 1985

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Literatur spüren: Momo-Ausstellung in Garmisch-Partenkirchen

Michael Endes "Momo" wird in diesem Jahr 50. Der Kinderbuch-Klassiker feiert Jubiläum. In Garmisch-Partenkirchen, Endes Geburtsort, gibt es deshalb eine Ausstellung zum Roman, die viele seiner fantasievollen Illustrationen zeigt.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Wer den Roman "Momo" von Michael Ende gelesen hat, dem sind sie im Gedächtnis geblieben: die sogenannten "grauen Herren", die Zeit-Diebe. Nicht zuletzt sie sind es, die den Roman noch heute zu einem Spiegel unserer schnelllebigen Zeit machen.

Literatur visuell erlebbar machen

"Geh doch zu Momo": So lautet der Titel der Ausstellung zum Roman im Museum Werdenfels in Garmisch-Partenkirchen. Und das raten die Menschen in Endes Erzählung einander, wenn sie Probleme haben. Denn Momo nimmt sich Zeit – zum Zuhören. Für Constanze Werner, Kuratorin und Leiterin des Werdenfels-Museums bestand die Herausforderung darin, die Literatur in museale Bilderwelten umzusetzen. "Deswegen sind wir auch diesen künstlerischen, poetischen Weg gegangen, ihn in Bilder umzusetzen, so dass man die Literatur spürt, wenn man durch die Ausstellung geht", erklärt sie.

Für diesen Weg hat sich die Historikerin mit Schwerpunkt Bildende Kunst mit Theaterwissenschaftlerin und Michael-Ende-Expertin Floriana Seifert zusammengetan. Die Ausstellung beginnt auch mit einem Gemälde: dem mystisch-düsteren Porträt des jungen und schönen Michael Ende, gemalt von seinem Vater, dem Bildhauer Edgar Ende. So, wie sich dessen Einfluss durch das ganze Leben des Autors zieht, ziehen sich auch seine surrealistischen Gemälde durch die Ausstellung. In der Veranschaulichung sah auch Michael Ende seine Aufgabe als Schriftsteller.

Michael Ende als leidenschaftlicher Zeichner

Dabei war Ende stets wichtig, dass die Leser ihre eigenen Innenbilder entfalten können. Durch Flur und Treppenhaus des Museums rankt sich eine Installation über mehrere Stockwerke: Zitate und Gedanken aus "Momo" auf langen Papierfahnen hängen von der Decke – wie Papiere aus dem Zettelkasten, mit dem Michael Ende häufig arbeitete. Die Ausstellung zeigt neben dem Roman auch den Autor in all seinen Facetten: als philosophisch-politischen Denker, als Poeten und Visionär.

Man folgt Endes Werdegang anhand von Fotografien, angefangen bei seiner Kindheit, die er zeitweise in seinem Geburtsort Garmisch und hauptsächlich in München verbrachte. Ein ganzer Raum ist dem Düsseldorfer Marionettentheater gewidmet, das – in Zusammenarbeit mit Ende – einige seiner Erzählungen auf die Puppenbühne brachte. Endes Liebe zum Theater und zur Poesie wird ebenso sichtbar wie seine Leidenschaft fürs Zeichnen. Letztere offenbart sich in seinen zahlreichen, liebevollen und fantasieanregenden Illustrationen.

Einladung zum Innehalten

Visueller Höhepunkt der Ausstellung: ein Schildkrötenpanzer, der auf Wände und Decke projiziert wird, und dessen Schuppen sich in kleine Screens verwandeln, auf denen unzählige Videos erscheinen. Footage, das auf Probleme unserer Gegenwart, wie etwa die Umweltverschmutzung verweist, wird verwoben mit Endes Tuschezeichnungen, die teilweise animiert wurden, teilweise ins Negativ verkehrt. Die Langzeitaufzeichnung von einer Straßenkreuzung in Berlin als Zeitraffer verweist wiederum auf das zentrale Sujet von Roman und Ausstellung: die Zeit.

"Natürlich hält die Zeit auch an, wie es im Buch auch ist", erklärt Floriana Seifert. "Und dann kommt es am Ende zur Zeit-Befreiung, was wir ja in unserer heutigen Zeit leider ja noch nicht haben." Wie Michael Endes Werke lädt auch die Momo-Ausstellung ein zum Innehalten. Wer sich Zeit nimmt für den Besuch, hat den Zeit-Dieben schon ein Schnippchen geschlagen.

Verpassen war gestern, der BR Kultur-Newsletter ist heute: Einmal die Woche mit Kultur-Sendungen und -Podcasts, aktuellen Debatten und großen Kulturdokumentationen. Hier geht's zur Anmeldung!