Ein Verhör in der Familie. Wieso hast du dich nicht gekümmert? Wieso warst Du nicht da? Fragen, die die junge niederländische Regisseurin Tessa Pope ihrem Vater in der Dokumentation „The Origin of Trouble“ stellt. Schonungslos. Direkt. Und er erzählt. Familienbeziehungen, Konflikte, echte Storys und weniger Experimentelles stehen in diesem Jahr beim 37. Filmschoolfest München im Mittelpunkt, meint Festivalleiterin Diana Iljine.
Missbrauchs-Skandale - brandaktuell
Das Politische im Privaten – man entdeckt es immer wieder, zum Beispiel, wenn wie im polnischen „Time To Go“ eine Familie an den kriminellen Drogengeschäften des Vaters zerbricht oder wenn wie in „Big Sister“ die emanzipierte Schwester mit einem sexuellen Übergriff ihres Bruders konfrontiert wird: "Sie haben über mich gelacht und mich einen Homo genannt, ich bin kein Homo, ich habe es ihr besorgt!" schreit der Bruder in dieser Szene. In Zeiten von Hollywoods jüngsten Missbrauch-Skandalen, von Weinstein, Trump und #MeToo ist das brandaktuell – und wird darüber hinaus differenziert und optisch routiniert behandelt.
Smartphones und Whatsapp
Dass es sich bei den Regisseuren noch um junge Menschen im Studium handelt, fällt wenn nur dadurch auf, dass Handys, Whatsapp-Nachrichten oder Jugendslang wie selbstverständlich zum Einsatz kommen. Die meisten Filme könnten problemlos in jedem Arthouse-Kino laufen, so professionell sind sie gemacht. Humor, jugendliche Chuzpe, Abenteuerlust – all das ist im Programm eher wenig zu finden. Drama überwiegt in diesem Jahr eindeutig – egal woher ein Film kommt und egal, ob es sich dabei um Animation, Doku oder Spielfilm handelt.
Generation U 30: Angst, Schuld, Gewalt
Nun kann man spekulieren, inwiefern die beherrschenden Themen – Angst, Schuld, Gewalt, Flucht, Krankheit und Tod – ein Spiegelbild, besser: ein Selfie, des Seelenlebens der Generation U30 sind. Ein Film wie "Freibadsinfonie" von Sinje Köhler jedenfalls sticht da umso mehr locker-leicht hervor: Fünf alltägliche Geschichten eines Sommertags im Schwimmbad. Mal selbstironisch, mal prollig, mal kleinkariert – immer klug und stilsicher inszeniert. Man denkt nicht nur aufgrund des Schwarz-Weiß-Bildes an „Oh Boy“ von Jan-Ole Gerster, einen der besten deutschen Filme der vergangenen Jahre.
Preisträger machten Karriere
Frühere Preisträger wie Caroline Link, Sönke Wortmann, Lars von Trier oder Thomas Vinterberg sind heute weltbekannt. Als Jurypräsident urteilt in diesem Jahr der amerikanisch-israelische Produzent und Regisseur Ariel Richter über Gewinner und Verlierer – und eine mögliche Weltkarriere.