Paraderolle eines Komödianten
Bildrechte: Flo Miedl/Luisenburg-Festspiele Wunsiedel

Eisi Gulp als "Boandlkramer"

Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Divers ist auch der Boandlkramer: "Brandner Kaspar 2" in München

Was schon bei den Luisenburg-Festspielen in Wunsiedel für ausverkaufte Vorstellungen sorgte, erweist sich auch in München als Publikumserfolg: Wolfgang Maria Bauer schrieb eine Fortsetzung des Volkstheater-Klassikers, die viel beklatscht wurde.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Nein, so folkloristisch, wie sich die Gstanzl-Musik von Daniel Zacher zunächst anhört, ist dieser Abend gar nicht. Ja, hier wird der Himmel der Bayern vorgeführt, mit Weißwurst-Frühstück, frisch gezapftem Bier und jeder Menge Hosianna, aber im Unterschied zum Original-"Brandner Kaspar" von 1871 ist dieser hier ziemlich modern. Er regt sich zum Beispiel über Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf, weist dem Gevatter Tod, besser bekannt als "Boandlkramer", persönlich eine höchst diverse sexuelle Identität nach und leistet Sozialstunden ab, statt Fegefeuer auf sich zu nehmen. Naja, auch im Paradies sind offensichtlich neue Zeiten angebrochen.

Abend funktioniert hervorragend

Autor und Regisseur Wolfgang Maria Bauer hat es tatsächlich gewagt, den Volkstheater-Klassiker weiterzudenken, fortzusetzen. So was geht meist gründlich schief, doch schon bei der Uraufführung bei den Luisenburg-Festspielen in Wunsiedel hatte der "Brandner Kaspar 2 - Er kehrt zurück" das Publikum rundum überzeugt. Und auch in der Komödie im Bayerischen Hof in München, auf deutlich engerem Raum und mit weniger Ausstattungseffekten, funktioniert der gut zweistündige Abend hervorragend, allerdings vor der Pause besser als nach der Pause.

Bildrechte: Flo Miedl/Luisenburg-Festspiele Wunsiedel
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Autor und Titelheld Wolfgang Maria Bauer unterwegs

Wolfgang Maria Bauer ist ein rustikaler, aber nicht beschaulicher Titelheld, Eisi Gulp, dem Kinopublikum bekannt als "Papa Eberhofer", rockt als Boandlkramer den Saal. Er sagte dem BR, dass er absichtlich nicht nach Vorbildern suchte: "Ich habe mir ganz bewusst keine ältere Version angeschaut, ich wollte mich von niemanden beeinflussen lassen. Ich habe mir gesagt, dass muss ein frischer, neuer Boandlkramer werden. Die Kostümbildnerin hat das sofort verstanden und mir dementsprechend das Kostüm auf den Leib geschneidert. Da bin ich sehr glücklich drüber. Ich glaube, ich habe es geschafft, mir meine eigene Figur zu bauen."

Der Tod findet nicht alle Parteien gut

Der Kirschgeist spielt natürlich auch hier eine wichtige Rolle, neben Hubert "Hubsi" Aiwanger, Robert Habeck und dem Heiligen Geist, der sich als Wesen mit vergleichsweise diesseitigen Begierden erweist. Die Gags bleiben harmlos, aber die Botschaft ist dennoch ziemlich eindeutig: So ungefähr zwanzig Prozent der Bayern finden beim Tod wegen ihrer politischen Ansichten keine Gnade - welche Wähler damit gemeint sind, bleibt unausgesprochen, doch jeder ahnt es: Diejenigen, die an dieser Stelle nicht applaudieren. Eisi Gulp über das Stück: "Es ist wesentlich zeitgemäßer, es hat viel mehr Bezug zur Jetztzeit und was da so alles passiert, und ich denke, das macht es auch wirklich interessant. Es hat auf der einen Seite diesen wirklich wunderbaren bayerischen Charme und diesen Witz vom Dialekt her. Und es passt besser in unsere Zeit. Ich finde es eigentlich besser und lustiger als das Original."

Bildrechte: Flo Miedl/Luisenburg-Festspiele Wunsiedel
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Einer muss dran glauben

Die Stimmung ist prächtig im Saal, auch, wenn die Kutsche mit dem Sarg auf der kleinen Bühne in der Komödie im Bayerischen Hof in München bei Pirouetten doch sehr sorgfältig manövriert werden muss, anders als auf der Freilichtbühne in Wunsiedel, und auch, wenn die Reise vom Paradies auf die Erde ohne den nächtlichen Blick auf die Milchstraße auskommen muss. Die Geschichte ist schnell erzählt, wird aber selbstverständlich nicht ganz verraten: Der Brandner Kaspar muss nach sieben Jahren im Paradies doch noch mal kurz runter auf die Erde, um Schlimmeres zu verhüten. Das klappt so halb und halb. Allerdings ist dieses Kapitel zur Pause beendet, danach wird im Himmel recht derb herumgeulkt und Rabatz gemacht, was nicht ganz so überzeugend wirkt.

Sei's drum: Es ist ein umjubelter, zeitgemäßer Schwank mit gut gelaunten Stars und einem ebenso spielfreudigen Ensemble, darunter Nicola Norgauer als geldgierige Industriellenwitwe mit ausgeprägter Tierliebe und Christiane Rücker als durchsetzungsfähige "Portnerin" an der Himmelstür. Ein gelungener und viel beklatschter Spielzeitauftakt für die Komödie im Bayerischen Hof in München.

Audio - Hauptdarsteller Eisi Gulp im Interview:

Eisi Gulp als Schauspieler in der Fernsehserie "Dahoam is Dahoam".
Bildrechte: BR/Marco Orlando Pichler
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Eisi Gulp als Darsteller des Sascha in der Fernsehserie "Dahoam is Dahoam".

"Der Brandner Kaspar 2 - Er kehrt zurück" vom 7. September bis 15. Oktober an der Komödie im Bayerischen Hof in München.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!