Blick in die Heiliggeistkirche in Landshut mit den Ausstellungsobjekten auf safrangelben Tischen
Bildrechte: Danner-Stiftung / Eva Jünger

Die Créme de la Créme des bayerischen Kunsthandwerks: Ausstellung der Finalisten für den Danner-Preis 2023 in der Heiliggeistkirche Landshut

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Ausgezeichnetes Kunsthandwerk: Der Danner-Preis 2023

Alle drei Jahre wird der Danner-Preis vergeben, mit insgesamt 27.000 Euro ist er der höchstdotierte Preis für Kunsthandwerk in Deutschland. Ausgezeichnet werden besonders hochwertige und innovative Stücke. Die Finalisten sind in Landshut zu sehen.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

"Raster": Das ist der Titel des Gewinnerstücks des diesjährigen Danner-Preises 2023, und das Raster ist in der Tat augenfällig. Der Vitrinen-Schrank von Gunther Pfeffer aus Deggendorf ist aus heimischer Tanne gefertigt, steht auf vier Füßen und hat drei Etagen. So weit, so normal. Die Seitenwände allerdings bestehen aus hunderten ineinandergesteckten Holzleisten, die kleine Quadrate offen lassen. "Dieses Raster besteht aus 200 Laufmeter Tannenleisten, die überblattet sind, also die werden halbseitig eingeschnitten und dann nur zusammengesteckt", erklärt der 30-jährige Gewinner "Das ergibt 4.700 Schnittpunkte: Die in dieser Präzision auszuführen, das ist die Herausforderung."

Eine Vitrine wird zum Schrein

Doch Kunstfertigkeit allein macht noch keinen Danner-Preis, interessant ist das Möbel vor allem, weil es gehörig aus dem üblichen Raster herausfällt. Das Selbstverständnis einer Vitrine – Dinge schützen und zeigen – wird hier neu interpretiert: Blickt man seitlich auf die Oberfläche, sieht man nämlich überhaupt nichts. Nur aus bestimmten Winkeln kann man ins Innere hineinschauen. Gunther Pfeffers Vitrinen-Schrank zeigt seine Schätze nicht auf dem Präsentierteller. Er ist mehr Schatzkammer als Glashaube, verhüllt sein Inneres wie ein Schleier und macht das Sehen spannend. Das wertet den Inhalt natürlich auf: Die Vitrine wird zum Schrein. "Dass man von außen keine Verbindungen sieht, keine Türen, keine Fugen, dass also keine Anzeichen vorhanden sind, wie man den Schrank öffnen kann, das macht das Mysteriöse von dem Stück."

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Gunther Pfeffer: Vitrinen-Schrank "Raster" aus Tannenholz, Detail

Ausgerechnet die Reduktion auf ein sich wiederholendes Raster, auf einfache, traditionelle Steckverbindungen und das absolut schlichte, schnörkellose Erscheinungsbild machen das Stück zu etwas Besonderem. So etwas hat auch Hubert Sanktjohanser – Jurymitglied, Laudator und selbst erfahrener Schreiner – noch nicht gesehen: "Diese lichtdurchflutete Skulptur hat gar kein Eigenlicht, wirkt aber so, als würde sie was aussenden, wie ein Bild, das man jedes Mal wieder besucht oder eine Skulptur, die einem jedes Mal was mitgibt. Diese Wirkung hat diese Arbeit und entfernt sich damit komplett aus dem Arrangement eines normalen Gebrauchsgegenstands. Sie transzendiert sozusagen in eine geistige oder ästhetische Größe, die man sich von Gebrauchsgegenständen wünscht, die aber leider ganz selten eingelöst werden."

Kunstwerke auf Basis von Handwerk

Genau solche Gegenstände, die Funktion und Ästhetik, Kunst und Handwerk in sich vereinen, tummeln sich in der Ausstellung. Die Schau in der Landshuter Heiliggeistkirche zeigt die Arbeiten der 39 Finalisten des Danner-Preises, es ist die Crème de la Crème des zeitgenössischen bayerischen Kunsthandwerks.

Neben dem Hauptpreis an Gunther Pfeffer wurden in diesem Jahr vier Ehrenpreise vergeben. Zum Beispiel an die Hutmacherin Christine Englsberger für einen Kopfschmuck aus Roggenstroh, hergestellt in einer alten Technik aus dem schweizerischen Aargau. "Das Stroh wird einfach ganz fein aufgesplittet und wird zu Kordeln gedreht", erklärt Christine Englsberger. Dann werde es weiterverarbeitet zu Blüten, Blättern und Ornamenten und sie habe das zusammengebaut zu einem eigentlich opulenten, aber sehr filigranen Kopfschmuck.

Vom Schmuckkünstler Christoph Straube ist eine Reihe von Emaille-Broschen in Trompe I'oeil-Technik zu sehen: Die blau-grauen Broschen sehen aus wie riesige Wassertropfen, selbst wenn man direkt davorsteht, kann man nicht glauben, dass es sich um vollkommen flache Stahlplatten handelt, deren Reflexionen und Brechungen alle nur gemalt, bzw. aufgesprüht sind. "Das ist ja immer die Herausforderung, eine Form zu finden, die genau das zeigt, was man ausdrücken will. Was ich hier wollte, war wirklich ein dickes, transparentes Volumen zu zeigen und das ist ganz gut gelungen, finde ich."

Das fand auch die Jury und verlieh den illusionistischen Tropfen einen Ehrenpreis, genauso wie einer Vase aus Tombak von Beate Leonard. Die Silberschmiedin hat sechs Ringe geschmiedet und miteinander verlötet, jeder Ring hat seine eigene Achse, das verleiht der sonst ruhigen Strenge des Objekts Bewegung und Lebendigkeit. "Diese Vase ist aus sechs einzelnen asymmetrischen Ringen zusammengesetzt und die Idee dahinter ist ein Objekt zu schaffen, das einfach ist in der Ausstrahlung und doch aus verschiedenen Ansichten immer anders aussieht und mehr so einen skulpturalen Charakter hat", so Leonard.

Eine Feier der Schönheit und Handwerkskunst

Eine Skulptur ja, aber eine zum Benutzen! So ist auch die Arbeit von Nico Schipp angelegt. Der junge Keramiker aus Landshut erhielt den Ehrenpreis für 35 zylindrische Vasen aus weißer Keramik. Jede Vase hat eine kobaltblaue Linie, die sich von oben nach unten zieht. Schnurgerade ist diese Linie, zugleich sprengt die Farbe nach außen weg, als hätte jemand kräftig draufgepustet. "Das Kobaltoxyd ist mit einer Schlagschnur aufgetragen und durch den Aufprall von der Schnur verpulvert das Kobaltoxyd."

Der eigentliche Witz aber ist die Präsentation: Nico Schipp hat für diese Vasen ein Metall-Regal angefertigt. In fünf Reihen stehen die unterschiedlich hohen Vasen übereinander. Bei Bedarf nimmt man einfach eine passende Vase heraus, ansonsten hängt das Ganze als dreidimensionales Bild an der Wand und feiert die Schönheit der Dinge.

Die Ausstellung "Danner-Preis 2023. Ausgezeichnetes Kunsthandwerk" ist bis 7. Januar 2024 in der Heiliggeistkirche in Landshut zu sehen.

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