Ein paar gute Nachrichten vorweg: Afrika war schon mal ärmer. Afrika wird demokratischer und Afrikas Kinder gehen fast alle zur Schule. Allerdings gelten diese positiven Entwicklungen nur mit Einschränkungen, wie der Direktor des Hamburger GIGA-Instituts für Afrika-Studien, Jann Lay, ausführt. Denn auch wenn in den meisten afrikanischen Staaten das Bruttoinlandsprodukt steige, bei den Einzelnen komme davon nicht unbedingt etwas an, so Lay bei einer Tagung des Katholischen Frauenbunds und der Evangelischen Frauen in der Akademie für politische Bildung in Tutzing.
Afrikas Bevölkerung verdoppelt sich
Der Grund: Die Bevölkerung auf dem Kontinent wächst rasant, auf 2,5 Milliarden Menschen bis zum Jahr 2050. Das heißt: In den nächsten 30 bis 40 Jahren werden in Afrika doppelt so viele Menschen leben wie aktuell.
"Das ist eine riesige Herausforderung und eine Tatsache der man sich stellen muss. Da gibt es wenig Spielraum." Jann Lay, Direktor des GIGA-Institus für Afrika-Studien
Mehr Menschen, weniger Wirtschaftswachstum
Lay zufolge frisst das Bevölkerungswachstum quasi das Wirtschaftswachstum auf. Was das bedeutet, erläutert der CSU-Politiker und Vorsitzende der Afrika-Stiftung, Johannes Singhammer am Beispiel Deutschland.
"Stellen Sie sich vor, wir hätten in 20 Jahren eine Verdoppelung der Bevölkerung und müssten für diese jungen Menschen Arbeitsplätze schaffen, Schulen, Kindergärten, Wohnungen, Straßen." Johannes Singhammer, ehemaliger Bundestagsvizepräsident
In großen Teilen Zentralafrikas lebt Lay zufolge weiterhin mehr als die Hälfte der Menschen von weniger als zwei Dollar am Tag. Ein schneller Ausweg scheint nicht in Sicht: Denn auch wenn inzwischen fast alle Kinder in Afrika die Grundschule besuchen - lesen und schreiben können sie danach nicht unbedingt. Nur 60 Prozent der Erwachsenen in Afrika sind alphabetisiert.
Wirtschaftswachstum wird Migration nicht stoppen
Fluchtursachen zu bekämpfen scheint also eine Mammutaufgabe. Lay zufolge bräuchte es Entwicklung in vielen Sektoren: Wirtschaft, Bildung, Gesundheit sowie politische Stabilität. Darüber hinaus habe wirtschaftlicher Fortschritt nicht den Effekt, der politisch hierzulande gerne propagiert werde.
"Die Grundidee ist, den Menschen geht’s dann ja besser, wenn man sich wirtschaftlich entwickelt, deshalb bleiben sie dann eher da, wo sie jetzt schon sind. So einfach ist es aber nicht, weil Emigration – und das kann man schön beobachten – nimmt erst mal zu, wenn Einkommen wachsen." Jann Lay, Volkswirt
So sind beispielsweise zwei Drittel der afrikanischen Migranten in Europa aus Ländern mit mittlerem Einkommen, also etwa aus Marokko, Tunesien oder Ägypten. Und auf den Weg machen sich vor allem die besser Gebildeten.