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Außerordentlicher Bundesparteitag der SPD

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Warme Worte für Nahles

Die SPD-Führung hatte sich ein Aufbruchsignal vom Parteitag erhofft. Doch Andrea Nahles erhielt bei ihrer Wahl zur SPD-Vorsitzenden einen Dämpfer. Sie gibt sich dennoch kämpferisch, Spitzen-Genossen unterstützen sie mit warmen Worten. Von B. Gamböck

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Als “historischen Moment“ bezeichnete Bundesfinanzminister Olaf Scholz die erstmalige Wahl einer Frau an die Spitze der SPD. Dies sei "ein Fortschritt, der lange fällig war", erklärte Scholz auf dem SPD-Bundesparteitag in Wiesbaden. Scholz selbst hatte bis zum heutigen Sonderparteitag die Partei kommissarisch geführt.

Zweitschlechtestes Ergebnis in der Parteigeschichte

Nahles war dort am Nachmittag mit rund 66 Prozent der Stimmen zur Arbeiterpartei noch nie geschreckt. "Wir sollten uns unterhaken", sagte die neue SPD-Vorsitzende.

An ihrer Seite weiß Nahles einen ihrer härtesten Kritiker. Der Juso-Vorsitzende und Wortführer der Groko-Gegner, Kevin Kühnert, sagte, Nahles habe den Willen, die programmatische Debatte über die Zukunft des Sozialstaates zu führen. Kühnert: "Nahles brennt dafür." 

Auch Niedersachsens SPD-Vorsitzender Stephan Weil bescheinigte Nahles Kampfgeist. Sie könne den Bürgern klar und glaubwürdig vermitteln, wofür die SPD stehe.

Linke: Nahles in der eigenen Partei unpopulär

Die Fraktionschefin der Linken, Sahra Wagenknecht, glaubt nicht an den Rückhalt für die neue Parteichefin: Im schwachen Ergebnis von Andrea Nahles sieht sie ein Zeichen des Widerstands.

"Nahles ist und bleibt sogar in der eigenen Partei unpopulär. Offenbar verbinden selbst viele SPD-Delegierte mit Nahles keinen Neuanfang und keine dringend notwendige soziale Wende." Sahra Wagenknecht, Fraktionschefin der Linken

FDP-Chef Christian Lindner, der die geplante Jamaika-Koalition hatte platzen lassen, warnte davor, dass die Uneinigkeit der SPD die Berliner Regierung gefährden könne:

"Die alte Tante SPD weiß nicht, wohin sie steuert, was sie möchte. Diese innere Unruhe der SPD darf sich nicht auf das Regierungshandeln übertragen." Christian Lindner, FDP-Vorsitzender

Dem Schlechten etwas Gutes abgewinnen

Nahles Vorgänger, Martin Schulz, war mit 100 Prozent der Stimmen zum Vorsitzenden gewählt worden. Auf den kometenhaften Aufstieg folgte ein jäher Absturz: Schulz musste nach dem schlechten Abschneiden der SPD bei der Bundestagswahl zurücktreten. Schulz sagte nach der Wahl von Nahles:

"Ich wünsche Andrea Nahles, dass sie die volle Loyalität der Parteiführung bekommt, denn ein Vorsitzender, der sich mehr mit seiner eigenen Partei befassen muss, als mit dem politischen Gegner, hat es schwer." Martin Schulz bei Phoenix

Vor diesem Hintergrund des Schulz-Absturzes kann der SPD-Abgeordnete Michael Roth Nahles‘ Abschneiden sogar etwas Positives abgewinnen: "Vermutlich sind heute - politisch, nicht rechnerisch gesehen - 66,6% besser als 100%."

Bayern-SPD kampfbereit

Für die bayerische SPD-Landesvorsitzende Natascha Kohnen ist das Ergebnis den schwierigen Umständen geschuldet. Nahles sei die „Richtige in schwieriger Zeit“. Mit ihrer Wahl seien alle Entscheidungen gefallen. "Jetzt geht es mit voller Konzentration gemeinsam um die Durchsetzung mehr sozialdemokratischer Politik", so Natascha Kohnen

"Jetzt heißt es Reihen schließen und kämpfen", twitterte Markus Rinderspacher. Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion sprach von einer "Herkulesaufgabe", die Nahles zu stemmen habe.