Capitol in Washington
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US-Midterm-Wahlen: Weniger Ukraine-Hilfe bei Republikaner-Sieg?

Mit großer Sorge blickt die ukrainische Regierung auf die Midterm-Wahlen zum US-Kongress. Bei den Republikanern mehren sich Stimmen, die die Milliarden-Hilfe Washingtons für die Ukraine genauer unter die Lupe nehmen wollen. Was geschieht dann?

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Vor den Midterm-Wahlen in den USA wurde Präsident Joe Biden deutlich: Die Republikaner hätten keine Ahnung von US-Außenpolitik. "Diese Leute verstehen es einfach nicht! Das Ganze ist größer als die Ukraine. Es geht um Osteuropa. Es geht um die NATO."

  • Zum Artikel: "Midterms in den USA: Schicksalswahl für Biden – und Trump"

McCarthy: "Keinen Blanko-Scheck" mehr für Kiew

Worauf sich Biden bezog? Er reagierte auf eine Ankündigung des republikanischen Minderheitsführers im US-Kongress Kevin McCarthy. McCarthy hatte vor zweieinhalb Wochen in einem Interview gesagt: Sollten die Republikaner gewinnen, würde der Kongress der Ukraine "keinen Blanko-Scheck ausstellen." Die Ukraine zu unterstützen sei wichtig. Aber gleichzeitig könne das nicht das Einzige sein, was die Biden-Regierung mache.

Und Michael McCaul, einflussreiches republikanisches Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Repräsentantenhauses, bringt es auf die Formel: Biden stelle Milliarden-Dollar Schecks für die Ukraine aus. Seine Partei mache sich Sorgen über die Kosten der amerikanischen Unterstützung für die Ukraine, nicht aber über das Ziel, ergänzte er. Es werde "mehr Kontrolle und Rechenschaftspflicht" geben.

Republikaner bei Ukraine-Hilfen in zwei Lager gespalten

Keine Einigkeit herrscht im Lager der Republikaner über die zentrale Frage, ob die US-Unterstützung aufrechterhalten, erhöht oder verringert werden soll. Dabei stehen sich innerhalb der Republikaner im US-Kongress zwei Lager gegenüber:

Die Vertreter der traditionellen republikanischen Außen- und Sicherheitspolitik, die entschlossen für die Verteidigung amerikanischer Interessen und deren Verbündeter eintreten. Die "Washington Post" nennt sie "Falken alter Schule". Dazu gehört etwa Mitch McConnell, der republikanische Minderheitsführer im US-Senat. Er hält rein gar nichts von den Ankündigungen einiger Kongressmitglieder in seiner Partei, die Finanz- und Militärhilfe für die Ukraine zu verringern. Vielmehr sollte die Biden-Regierung "mehr tun, um der Ukraine die Mittel in die Hand zu geben, um die russische Aggression zu vereiteln."

Trump-Anhänger sehen andere Nato-Staaten mehr in der Pflicht

Sollten die Republikaner im US-Senat die Mehrheit erzielen, so McConnell, würden sie sicherstellen, dass die Ukraine die "erforderlichen Waffen zeitnah" erhält. Genauso sieht das auch der republikanische US-Senator James Risch, der Chef des einflussreichen Auswärtigen Ausschusses im Senat werden könnte: Er unterstütze vollkommen den "Kampf für die Freiheit der Ukraine, den sie auf dem Schlachtfeld gewinnen werden." Jeder Versuch, Putin zu besänftigen, sei "gefährlich, unverantwortlich und wird Putins Aggression nur ermutigen".

Im anderen Lager finden sich größtenteils republikanische Politiker und Kongress-Kandidaten, die dem Ex-Präsidenten Donald Trump willig folgen. Trumps "America First" Dogma, wonach sich etwa andere Nato-Staaten finanziell mehr anstrengen müssten, um weiterhin amerikanische Sicherheitsgarantien zu beziehen, findet viele Anhänger: So etwa bei den republikanischen Kandidaten für den US-Senat, wie Don Bolduc (New Hampshire) und J.D. Vance (Ohio). Beide verlangen ganz unverblümt, der Ukraine "den Zapfhahn" abzustellen. Amerika könne in Zeiten der Inflation nicht Geld an Kiew überweisen, "das wir nicht haben".

Große Mehrheit der Amerikaner für weitere US-Hilfen

Auf welcher Seite die amerikanischen Wählerinnen und Wähler stehen, wird bei den Republikanern aufmerksam beobachtet: So sind knapp drei Viertel der Amerikaner der Auffassung, dass die US-Militär- und Finanzhilfen für die Ukraine fortgesetzt werden sollten. Dies ist das Ergebnis einer Reuters/Ipsos-Umfrage von Anfang Oktober. Danach sind 73 Prozent der Befragten der Meinung, die USA sollten Kiew trotz der russischen Nuklear-Warnungen unterstützen.

Bislang hat der US-Kongress in diesem Jahr mehr als 60 Milliarden Dollar für die Unterstützung der Ukraine bewilligt. Auch unter den republikanischen Wählern gibt es der Reuters/Ipsos-Erhebung zufolge mit 66 Prozent eine deutliche Mehrheit dafür, der Ukraine im Abwehrkampf gegen die russischen Streitkräfte weiterhin zur Seite zu stehen. Obgleich nahezu genauso viele Amerikaner Angst vor einer Ausweitung des Krieges haben, falls Washington weiterreichende Artillerie-Systeme an die Ukraine liefern würde. Dies schließt die Biden-Regierung derzeit aus, aus genau demselben Motiv.

Abrupte Kehrtwende nicht wahrscheinlich

Daher dürfte es auch im Fall einer republikanischen Mehrheit in beiden Kammern des US-Kongresses nicht zu einer abrupten Kehrtwende kommen. Mit einer möglichen neuen Mehrheit könnten die Republikaner vielmehr Druck auf US-Präsident Biden ausüben, in anderen Politik-Bereichen Zugeständnisse zu machen. Etwa die Bewilligung von neuen US-Hilfen an die Ukraine davon abhängig zu machen, ob Biden den Republikanern bei der Migrationspolitik und beim Grenzschutz gegenüber Mexiko entgegenkommt.

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