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Das schriftliche Statement von Eva Högl zum Familiennachzug

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So sieht die Einigung beim Familiennachzug aus

Im März läuft die derzeitige Regelung aus, die es Geflüchteten mit eingeschränktem Schutzstatus verbietet, ihre Angehörigen nachzuholen. Nun haben sich Union und SPD in den Koalitionsverhandlungen auf eine Neuregelung geeinigt. Von Janina Lückoff

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Die Einigung steht seit 07:30h, hat der Bayerische Rundfunk erfahren, und sie sieht wie folgt aus: Der Familiennachzug bleibt bis 31. Juli 2018 ausgesetzt. Danach sollen 1.000 enge Angehörige von Personen mit eingeschränktem Schutzstatus in Deutschland – meist sind das syrische Geflüchtete – nachziehen dürfen.

Härtefälle zählen nicht zum Kontingent

Härtefälle sind von diesem Kontingent ausgenommen: In dringend humanitären Fällen bekommen Kinder und Ehegatten sowie die Eltern eines minderjährigen Ausländers eine Aufenthaltserlaubnis. Im vergangenen Jahr profitierten weniger als hundert Personen von dieser Härtefallregelung.

Wer hat sich durchgesetzt?

Die Delegierten des SPD-Parteitags haben den Koalitionsverhandlern einen Auftrag gegeben: eine „weitergehende Härtefallregelung“. Die ist laut dem Kompromiss nicht vorgesehen – hier hat sich die Union durchgesetzt.

Aus SPD-Sicht ist der Stichtag 31. Juli entscheidend: Im Sondierungsergebnis galt er als Richtwert, bis zu dem eine Neuregelung erarbeitet sein soll. Wäre die aber erst später gekommen, wäre auch der Familiennachzug länger ausgesetzt geblieben. Nun ist das Datum 31. Juli fix; danach tritt die erwähnte Regelung in Kraft.

"Ich freue mich", teilte die SPD-Innenexpertin Eva Högl nach der Einigung mit; Sie stellt den Kompromiss als Erfolg ihrer Partei dar: „Die SPD hat sichergestellt, dass ab 1. August 2018 der Familiennachzug auch für Familien von subsidiär Geschützten dann endlich wieder möglich ist.“ Allerdings gibt es die erwähnte Grenze von 1.000 Personen pro Monat plus Härtefälle – und was ein Härtefall ist, soll auch künftig nicht großzügiger gehandhabt werden als bisher.

Letzteres betont die CSU. Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagt sogar, mit der jetzt vereinbarten Neuregelung werde der Anspruch auf Familiennachzug für subsidiär Geschützte endgültig abgeschafft.

Also: Punktsieg für die Union? SPD-Innenexpertin Högl gibt sich in Sachen Härtefälle nicht geschlagen. Sie kündigte an, mit der Union noch einmal über das Thema zu sprechen. Der SPD-Parteitag hatte die Koalitionsverhandler aufgefordert, hier eine großzügigere Regelung zu erreichen. 

Einigung auf den letzten Drücker

Die Union hatte in Sachen Familiennachzug aufs Tempo gedrückt. Ihren Gesetzentwurf zur weiteren Aussetzung des Familiennachzugs – der auf dem Sondierungsergebnis mit der SPD basierte – brachte sie vorletzte Wochen in den Bundestag ein: also bevor der SPD-Parteitag über das Sondierungsergebnis abstimmen konnte. Bei der SPD löste das Unmut aus. Doch aus Sicht der Union drängte die Zeit: Ohne Neuregelung läuft die Aussetzung des Familiennachzugs im März aus. Diese Woche soll der Entwurf im Bundestag verabschiedet werden.

Der entsprechende Änderungsantrag, der den gefundenen Kompromiss beinhaltet, liegt bereits vor – damit dürfte nun auch die SPD dem Gesetzentwurf zustimmen. Ohne die Einigung hätte es für den Entwurf der Union – trotz Zustimmung der AfD – keine Mehrheit im Bundestag gegeben.

Der SPD-Innenexperte Uli Grötsch mag im Familiennachzug nicht das Hauptproblem der Koalitionsverhandlungen sehen; er rechnet noch mit „intensiven Tagen“, wie er dem Bayerischen Rundfunk sagte.

"Dann gibt es richtig eine harte Debatte, wenn es um die Kernanliegen der SPD geht: Arbeit, Rente, Familie, Pflege, Gesundheitsvorsorge und so weiter." Uli Grötsch, SPD-Innenexperte

Die Grünen sehen die Kontingentlösung kritisch. Die Zahl von 1.000 im Monat sei zu niedrig, sagte die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen, Luise Amtsberg, dem Bayerischen Rundfunk. Vor allem sei es auch rechtlich schwierig umzusetzen, meint Amtsberg: „Weil man Kriterien anlegen muss: Wer ist eigentlich Teil des 1000er-Kontingtents, wo zieht man die Grenze, wie argumentiert man das eigentlich?“

Ob die Partei eine Verfassungsklage gegen die Kontingentlösung anstrebt, ist aber laut Amtsberg noch nicht geklärt. „Eine Verfassungsklage lässt sich nicht so leicht auf die Beine stellen, aber es gibt Überlegungen in diese Richtung.“

Auch Menschenrechts- und Flüchtlingsverbände kritisieren den Kompromiss: Die Begrenzung des Familiennachzugs widerspreche dem Grundgesetz und den Bestimmungen der UN-Kinderrechtskonvention.