Fertige, vollelektrische Fahrzeuge in Zwickau
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Umweltbonus für E-Autos endet abrupt: So reagieren die Händler

Die Sparpläne der Bundesregierung treffen auch die Käufer von Elektroautos. Der staatliche Umweltbonus ist am Sonntag abrupt ausgelaufen. Zahlreiche Autobauer wollen den staatlichen Zuschuss nun aber übernehmen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Bei Autohändler Guido Vorndran aus Bad Neustadt an der Saale in Unterfranken steht seit dem Morgen das Telefon nicht mehr still. Nachdem die Bundesregierung den Umweltbonus für E-Autos mit einem Schlag gestoppt hat, sind viele seiner Kunden, die sich bereits für einen Kauf entschieden hatten, verärgert und verunsichert, erzählt der Autohändler, der seit rund zehn Jahren E-Autos verkauft.

Er hätte die Autos "im guten Glauben" an die Aussage der Regierung verkauft, dass die Förderung erst Ende 2024 auslaufe, sagt er. Dann sei am Samstag die Meldung gekommen, dass die Förderung bis Sonntagabend ausläuft. "Wir konnten nicht mehr reagieren. Die Zulassungsstellen hatten alle zu, das war natürlich die Voll-Katastrophe."

Autohändler erwartet, dass E-Auto-Markt einbricht

Mit Ablauf des 17. Dezember 2023 könnten keine neuen Anträge mehr für den Umweltbonus beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) gestellt werden, teilte das Wirtschafts- und Klimaschutzministerium in Berlin mit.

Einige Kunden seien wegen der gestrichenen Fördersumme bereits vom Kauf zurückgetreten, sagt Autohändler Guido Vorndran. Immerhin 4.500 Euro wären es in diesem Jahr noch gewesen, die sich Privatleute hätten sparen können. Ohne diese Summe sei der Kauf vielen schlicht zu teuer. Vorndran erwartet, dass der E-Auto-Markt deshalb einbrechen wird.

Ähnlich sieht es sein Kollege Rudolf Angerer. Er ist Autohausbetreiber in Schierling und Vorstandsvorsitzender der Kfz-Innung für die Oberpfalz und den Kreis Kelheim. Für ihn ist die Entscheidung, den Umweltbonus zu streichen, ein "Totalschaden". Die Branche habe damit nicht gerechnet. Und Kunden, deren Autos bestellt, aber noch nicht ausgeliefert wurden, würden jetzt mit "dem Ofenrohr ins Gebirge schauen". Denn wer bereits ein E-Auto gekauft, aber noch nicht zugelassen hat, gehe bei der Förderung wohl leer aus.

Sparzwang der Ampel trifft auch Autobranche

Den Hintergrund bildet das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse des Bundes. Als Teil ihres Sparprogramms vereinbarten die Koalitionsspitzen von SPD, Grünen und FDP vor wenigen Tagen, die staatliche Förderung "zeitnah" auslaufen zu lassen. Das Enddatum ließen sie zunächst offen.

Bevor die Bundesregierung ihre Budgetplanung korrigieren musste, war vorgesehen, noch bis Jahresende eine Kaufprämie für Neuwagen von bis zu 4.500 Euro zu gewähren. Hinzu kam eine hälftige Zulage der Hersteller, also bis zu 2.250 Euro. Zum 1. Januar 2024 sollte die staatliche Prämie auf 3.000 Euro gesenkt werden und dann Ende 2024 auslaufen. Nun entfällt das alles.

VDA-Chefin sieht Verbraucher getäuscht

Die Regierung habe den Verbrauchern versprochen, sie unter bestimmten Voraussetzungen beim Kauf eines E-Pkw zu unterstützen, sagte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller. "Diesen Menschen jetzt den Zuspruch zu verwehren, weil man weiterhin am Zulassungs- statt am Kaufdatum eines E-Autos festhalten will, untergräbt das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die Verlässlichkeit der Politik."

Zudem den Stichtag auf Sonntag festzusetzen, sei unverhältnismäßig, kritisierte Müller. "Wir plädieren mit Nachdruck an die Bundesregierung und den Bundestag, schnellstmöglich eine Lösung zu finden, die den Kundinnen und Kunden ihren beim Kauf des Autos fest eingeplanten Bonus garantiert."

Autobauer wollen Prämie übernehmen

Verbraucherschützer wiesen darauf hin, dass die Bestellung eines Fahrzeugs grundsätzlich rechtsverbindlich sei. Im Einzelfall müsse geschaut werden, ob der Vertrag andere Regelungen enthalte und dem Käufer die Möglichkeit des Rücktritts ermögliche, hieß es beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Dies wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn die Übernahme des Bundesanteils der E-Autoförderung schriftlich zugesichert wurde.

Die abrupt gestrichene staatliche Kaufprämie für E-Autos wird nun von immer mehr Autobauern zumindest befristet selbst übernommen - ob Volkswagen, Mercedes-Benz, BMW, Stellantis (Peugeot, Opel, Fiat und Jeep), Hyundai, Nio, MG oder Tesla. Nach den Ankündigungen mehrerer Hersteller zu Wochenbeginn zogen am Dienstag weitere Produzenten nach.

Audi: Vertrauen in die Politik "tief enttäuscht"

Der Autobauer Audi kritisierte, mit dem sofortigen Ende des Umweltbonus habe die Ampel ihr Versprechen an die Kunden gebrochen. Das Vertrauen in die Politik sei "tief enttäuscht" worden. Nun stornierten Kunden bereits bestellte E-Fahrzeuge. "In den anstehenden Haushaltsverhandlungen erwarten wir ein klares Bekenntnis zur Förderung der Elektromobilität und ein Entgegenkommen der Politik für betroffene Kundinnen und Kunden", teilte Audi mit.

Volkswagen sprach von einem "tiefen Vertrauensverlust". BMW äußerte "Verständnis für die angespannte Haushaltslage und die daraus resultierenden Entscheidungen der Bundesregierung. Langfristig müssen sich neue Technologien selber am Markt tragen."

Mercedes-Benz teilte mit, für Aufträge, die bis Ende dieses Jahres geliefert und zugelassen werden, neben dem Herstelleranteil auch den staatlichen Anteil zu übernehmen, sofern der Kunde diesen nicht mehr vom Staat erhalte. Darüber hinaus wolle der Stuttgarter Autobauer Aufträge, die im kommenden Jahr ausgeliefert werden sowie Neuaufträge ab dem 1. Januar bis auf Weiteres mit dem für 2024 ursprünglich vorgesehenen Herstelleranteil fördern.

ADAC: 15 Millionen Elektroautos bis 2030 sind schwer erreichbar

Kritik am abrupten Ende für den Umweltbonus übt auch der ADAC Bayern. Sprecherin Katrin van Randenborgh sagte im Interview mit BR24, für Verbraucher, die mit der Förderung kalkuliert hätten, sei es "extrem misslich, dass jetzt so abrupt von einem Tag auf den anderen die Förderung einfach wegfällt".

Das ursprüngliche Ziel der Bundesregierung, 15 Millionen Elektroautos bis 2030, hält die ADAC-Sprecherin für in weite Ferne gerückt.

"Dafür müssten sie 1,75 Millionen Fahrzeuge jährlich Zuwachs haben, um das zu erreichen, und davon sind wir im Moment weit entfernt. Elektromobilität soll ja in der Breite ankommen, also auch für Menschen, die nicht so viel Geld verdienen. Und das ist natürlich wahnsinnig schwierig, wenn es nur extrem hochpreisige Fahrzeuge gibt und eben nur sehr wenige Kleinmodelle."

Mehr günstige E-Autos nötig

Deswegen seien nun die Hersteller gefordert, auch kleinere Fahrzeuge zu günstigeren Preisen anzubieten, das Angebot müsse deutlich erweitert werden, sagt ADAC-Sprecherin Katrin van Randenborgh: "Was wir jetzt brauchen: mehr Wettbewerb und günstigere Preise für die Verbraucher."

Das sieht auch Autohändler Guido Vorndran aus Bad Neustadt so. Ihm war klar, dass die Subventionen eines Tages auslaufen würden. Dass es nun überraschend so schnell ging, sei für sein Geschäft ein harter Schlag.

Dieser Artikel ist erstmals am 18. Dezember 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.

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