Markus Söder (Mitte, l), CSU-Parteivorsitzender, geht mit Armin Laschet (m.), Unions-Kanzlerkandidat, in den Veranstaltungssaal.
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Markus Söder (Mitte, l), CSU-Parteivorsitzender, geht mit Armin Laschet (m.), Unions-Kanzlerkandidat, in den Veranstaltungssaal.

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"Super überrascht": Wie sich die CSU-Basis für Laschet erwärmt

Beim CSU-Parteitag in Nürnberg demonstriert die Union größtmögliche Geschlossenheit - und Spitzenkandidat Laschet überzeugt offenkundig viele CSU-Delegierte. "Starke Rede", loben einige - doch sind all ihre Zweifel wirklich ausgeräumt?

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Ob an diesem Wochenende tatsächlich Geschichte geschrieben und die Trendwende für die Union eingeleitet wurde, kann wohl erst in einigen Wochen beurteilt werden. Fest steht: CDU und CSU haben sich darum bemüht, am Samstag beim CSU-Parteitag in Nürnberg Geschlossenheit zu demonstrieren.

Kaum einen der CSU-Delegierten hält es auf den Stühlen, als der Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Parteivorsitzende Armin Laschet mit seinem Tross in die Halle kommt und schließlich Seite an Seite mit CSU-Chef Markus Söder die Bühne betritt.

  • Laschet fordert von Scholz Entschuldigung

In seiner Rede lässt sich Laschet Zeit, kocht die Stimmung im Saal langsam weiter hoch und macht erstmal ein paar thematische Schwenks. Poliert etwas christdemokratisches Tafelsilber mit Forderungen nach Wirtschaftswachstum und schimpft darüber, dass die Berliner Landesregierung die Entstehung rechtsfreier Räume zugelassen habe. Trotz der riesigen Messehalle scheint der CDU-Chef präsent – seine Rede wird immer wieder von längeren Applaus-Wellen unterbrochen.

Stimmung scheint gelöster als am Vortag

"Ich glaube, er wurde von der positiven Stimmung ein bisschen überrascht," meint Philipp Ochs vom CSU-Kreisverband Forchheim. Maximilian Stopfer vom CSU-Kreisverband Erlangen-Höchstadt glaubt dagegen, Laschet habe am Anfang "noch ein bisschen gebraucht, um warm zu werden". Doch als er dann gemerkt habe, dass seine Themen eine entsprechende Antwort im Raum ausgelöst hätten, sei das schon eine "Erleichterung gewissermaßen" gewesen, so Stopfer weiter.

Tatsächlich ist von der bleiernen Anspannung des Vortags am Samstag kaum noch etwas zu spüren. Freitags komme man ja auch "von der Berufstätigkeit", meint Birgit Bögner aus Unterfranken. Und am Samstag seien die Menschen dann immer von Haus aus etwas lockerer, glaubt sie. Auch Bögner hat einen "sehr entschlossenen Laschet" erlebt, wie sie erklärt. Besonders gut haben ihr in der Rede des CDU-Chefs die historischen Verweise auf frühere Zeiten gefallen, wie die Kommunalpolitikerin erklärt.

Historische Verweise als Roter Faden

Denn der Unions-Kanzlerkandidat spart zwar mit Ausblicken in die Zukunft - nicht aber mit geschichtlichen Verweisen. Laschet erinnert an die Gründungsväter der christdemokratischen Parteien, die sich teils den Nationalsozialisten entgegengestellt hatten und flicht die Erinnerung an CSU-Urgesteine wie Theo Waigel und Franz Josef Strauß als roten Faden in seine Rede – was ihm viele Sympathien der Delegierten eingebracht haben dürfte.

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Laschet warnt vor wirtschaftlichen Folgen einer rot-rot-grünen Koalition

Ausdrücklich warnte Laschet jedoch erneut vor einer möglichen Koalition aus SPD, Grünen und Linken und den Folgen einer rot-rot-grünen Wirtschaftspolitik, die mit "Steuererhöhungen und mehr Bürokratie" einherginge, was den Wohlstand des Landes gefährden werde. Wenn Deutschland jetzt in eine wirtschaftliche Krise hineinrutsche, so Laschet, werde das einen Schaden haben, der so schnell nicht wieder gutzumachen sei.

So habe etwa die Sozialdemokratie "in allen Entscheidungen der Nachkriegsgeschichte immer auf der falschen Seite" gestanden". Zum Beispiel in der Wirtschafts- und Finanzpolitik, Stoiber und Waigel hätten es erlebt.

SPD empört über Laschets Äußerungen

In der SPD stießen die Äußerungen Laschets auf Verärgerung. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil kritisierte via Twitter, den Beitrag der Sozialdemokratie zum Aufbau des Landes und der Demokratie zu leugnen sei "nicht nur geschichtsvergessen, sondern unanständig und würdelos".

Auch die SPD-Europaabgeordnete Katarina Barley zeigte sich empört: "Weil man nichts eigenes hat, mit dem man werben kann, anderen ihre historischen Verdienste absprechen - wie tief kann man sinken", schrieb sie auf Twitter. "Ich hoffe so sehr, dass so jemand in Deutschland niemals Kanzler werden kann."

Spitzen gegen Scholz und CSU

Den Kanzlerkandidaten der SPD, Olaf Scholz, schont Laschet in seiner Rede ebenfalls nicht. Dieser habe als Bundesfinanzminister "nur so gut gewirtschaftet, weil Angela Merkel auf ihn aufgepasst hat".

Und auch ganz ohne Spitzen gegen die Schwesterpartei geht es dann trotz aller Demonstration zur Geschlossenheit nicht. Er habe vor vielen Jahren mal in München gelebt, erzählt Laschet und dort studiert. Damals habe er bereits die Eigenständigkeit und das Selbstbewusstsein der Menschen in Bayern kennen gelernt – dass auch die CSU verkörpere.

"Zukünftiger Kanzler" war bei Parteitag

Im Saal nimmt man es ihm offenbar nicht krumm. "Es war eine ganz starke Rede," findet Julius Ferg vom Kreisverband der Jungen Union Weilheim-Schongau. Und Annemarie Jung, Ortsvorsitzende des JU-Verbands Höchstädt ergänzt, die Stimmung sei "richtig richtig gut gewesen".

Jeder habe auf Laschets Rede hingefiebert und jetzt sei "der zukünftige Kanzler" wirklich da gewesen. Solche Aussagen erstaunen angesichts der Tatsache, dass sich große Teile der CSU in den vergangenen Monaten nur schwer damit abfinden konnten, dass Laschet als Sieger aus dem Duell um die Unions-Kanzlerkandidatur hervorging und nicht der eigene Parteivorsitzende Söder.

CSU-Delegierte: Laschet wird Söder brauchen

Der CSU-Chef sei für ihn auch nach wie vor die erste Wahl, meint etwa der Delegierte Torsten Bärwald. "Aber das hat jetzt nicht sollen sein." Stattdessen sei die Frage, ob jetzt noch die Wende erfolgen könne. Aber nach Laschets Rede sei er optimistischer, so Bärwald – auch wenn er zunächst Zweifel gehabt habe. Ähnlich sieht das auch Ping Yao-Müller vom Kreisverband Nürnberg-West. "Ich bin super super überrascht von Laschet," meint sie. Vorher sei sie "nicht für ihn" gewesen. Das habe sich nun geändert.

"Sehr kompetente Rede", meint auch Viktoria Melber-Ross, ebenfalls vom Kreisverband Nürnberg-West. Laschet habe "Charisma" bewiesen. Dennoch sei Söder dominanter, wirft Bärwald ein, und er glaube, die "Masse in Deutschland" wünsche sich so einen Politikertypus. Laschet dagegen sei eher "ein Mann des Ausgleichs", das seien eben "die beiden Pole". Doch in einem sind sich die drei einig: Laschet brauche Söder, um das Amt, wenn er es denn bekomme, bewältigen zu können. "Zum Beispiel in Situationen wo Herr Laschet schwankt", wie Bärwald meint.

Laschet konnte "zumindest begeistern"

Mit Aussagen zur "Trendwende", die an diesem Wochenende für die kriselnde Union eingeleitet werden sollte, halten sich die meisten Delegierten jedoch zurück. Laschet habe aber "zumindest begeistert", sagt Paul Lehrieder, Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Würzburg. "Und Begeisterung ist vielleicht das, was uns die letzten Wochen im Wahlkampf noch ein bisschen gefehlt hat."

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