Der Rest einer Streubombe ist nach einem Angriff zu sehen, daneben ein Warn-Schild mit einem Totenkopf.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Anas Alkharboutli

Insgesamt sind weltweit noch 26 Staaten und drei Regionen durch Streumunitions-Reste kontaminiert.

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Streubomben-Monitor: Anzahl der Opfer stark gestiegen

Es ist die höchste Opferzahl seit Veröffentlichung des Berichts: Laut dem Streubomben-Monitor gab es 2022 viel mehr Verletzte und Tote durch Streubomben. Auch wegen des massiven Einsatzes in der Ukraine – aber nicht nur.

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1.172 Menschen wurden weltweit im Jahr 2022 durch Streumunition getötet oder verletzt. Das sei die höchste Zahl an Opfern, die der jährliche Streubomben-Monitor seit seiner ersten Veröffentlichung 2010 zu verzeichnen habe, teilte die Hilfsorganisation Handicap International (HI) mit Sitz in München mit. Die hohe Zahl sei vor allem auf den Einsatz von Streumunition in der Ukraine zurückzuführen, hieß es weiter.

Die Hilfsorganisation Handicap International (HI) appelliert an die Staatengemeinschaft, den Einsatz der "barbarischen Waffen systematisch zu verurteilen" und die Verantwortlichen für ihren Einsatz zur Rechenschaft zu ziehen.

Acht Länder verzeichnen Opfer in Zusammenhang mit Streubomben

Opfer von Streumunitions-Angriffen wurden im Jahr 2022 in drei Ländern verzeichnet: Myanmar (zum ersten Mal), Syrien (84) und Ukraine. Opfer durch Streumunitions-Reste gab es in sieben Ländern: Jemen (95), Irak (41), Ukraine (26), Demokratische Volksrepublik Laos (9), Syrien (6), Libanon (5), Aserbaidschan (3).

Die meisten Opfer gab es demnach in der Ukraine. Das sei vor allem auf den umfangreichen Einsatz von Streumunition durch Russland zurückzuführen. Doch auch die ukrainischen Streitkräfte hätten Streumunition eingesetzt. Im Jahr 2022 wurden in der Ukraine 916 Tote und Verletzte durch Streumunition registriert. Darunter waren 890 Opfer, die direkt auf Angriffe mit Streumunition zurückzuführen sind. Viele Opfer aus weiteren Angriffen konnten nicht erfasst werden. 95 Prozent aller registrierten Getöteten und Verletzten kamen den Angaben zufolge aus der Zivilbevölkerung.

Warum Streumunition so problematisch ist

Streumunition gehöre zu den für die Zivilbevölkerung gefährlichsten Waffen, da sie noch lange nach Beendigung des Konflikts zu Opfern führen könne, hieß es weiter. Bis zu 40 Prozent dieser Waffen würden beim Aufprall nicht explodieren.

Von den insgesamt 1.172 Opfern im Berichtszeitraum wurden 817 Menschen durch Streumunition verletzt. Diejenigen, die die Explosion der Streumunition überleben, erleiden oft schwere, teils mehrfache Verletzungen, darunter Schäden an lebenswichtigen Organen, den Verlust von Händen und Füßen oder schwere Augenverletzungen. Viele Verletzte sind psychologisch traumatisiert. Die Teams von Handicap International unterstützen Überlebende und ihre Familien durch Opferhilfeprogramme in mehr als 30 Ländern.

"Gefährlicher Präzedenzfall": USA liefert Ukraine Streumunition

Der am 1. August 2010 in Kraft getretene Streubomben-Verbotsvertrag (Osloer Konvention) wurde bis heute von 124 Staaten unterzeichnet sowie von 112 ratifiziert. Die nächste Konferenz der Vertragsstaaten findet vom 11. bis 14. September in Genf statt. Die USA und die Ukraine sind keine Vertragsparteien des ratifizierten Verbotsvertrags. Die Entscheidung der US-Regierung im Juli 2023, Streumunition an die Ukraine zu liefern, schaffe einen "gefährlichen Präzedenzfall", so Handicap International. Sie sei inakzeptabel und solle von allen Vertragsstaaten der Osloer Konvention, also auch von der deutschen Regierung, klar verurteilt werden.

Jeder Einsatz von Streumunition in jeder Situation sollte verurteilt werden. "Streumunition gehört zu den für die Zivilbevölkerung gefährlichsten Waffen. Sie unterscheidet nicht zwischen zivilen und militärischen Zielen und stellt eine große Gefahr für die Zivilbevölkerung dar, da sie noch lange nach Beendigung des Konflikts zu Opfern führen kann. Deutschland und die anderen Vertragsstaaten des Übereinkommens müssen ihrer Verpflichtung nachkommen, jeden neuen Einsatz und auch Lieferungen dieser Waffen entschieden und systematisch zu verurteilen", sagte Dr. Eva Maria Fischer, Leiterin der politischen Abteilung von Handicap International Deutschland.

Dutzende Staaten noch immer durch Streubomben kontaminiert

Seit Inkrafttreten des Abkommens am 1. August 2010 haben 41 Länder – 38 Vertragsstaaten, zwei Unterzeichner und ein Nichtunterzeichner – fast 1,5 Millionen Streumunitionsbestände vernichtet. Das entspricht 99 Prozent aller von den Vertragsstaaten gemeldeten Streumunition. Insgesamt sind weltweit noch 26 Staaten und drei Regionen durch Streumunitions-Reste kontaminiert.

Der Streubombenmonitor 2023 bewertet laut Mitteilung die Umsetzung des Osloer Verbotsvertrags für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2022. Der Bericht deckt demnach auch das erste Halbjahr 2023 ab, soweit Informationen verfügbar sind.

Mit Informationen von epd und KNA

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