Soldaten im Niger verkünden nach Putsch Machtübernahme.
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Soldaten im Niger verkünden nach Putsch Machtübernahme

Im Niger haben Militärs nach eigenen Angaben die gewählte Regierung abgesetzt. Am späten Mittwochabend verkündete eine Gruppe von Soldaten die Machtübernahme, die international auf breite Kritik stößt – auch in Berlin.

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Im westafrikanischen Niger haben Angehörige des Militärs geputscht und den Präsidenten Mohamed Bazoum festgesetzt. In einer am Mittwochabend im Fernsehen von Oberst Amadou Abdramane verlesenen Erklärung hieß es, die "Verteidigungs- und Sicherheitskräfte" hätten "entschieden, dem Regime (...) ein Ende zu setzen". Das Militär im Niger hat inzwischen offiziell erklärt, die Forderung der Putschisten nach einem Ende der Amtszeit von Präsident Mohamed Bazoum zu unterstützen. Dies teilten die Streitkräfte auf Facebook und Twitter mit.

Mehrere Länder und internationale Organisationen verurteilten den Putschversuch und forderten die Freilassung Bazoums.

"Alle Institutionen" des Landes würden "bis auf weiteres" außer Kraft gesetzt, die Grenzen geschlossen und eine nächtliche Ausgangssperre verhängt, verkündete der putschende Oberst Abdramane im Beisein neun weiterer uniformierter Militärs. Als Grund für den Staatsstreich führten sie, im Namen eines "Nationalen Rats für den Schutz des Vaterlandes" (CNSP), die Verschlechterung der Sicherheitssituation, die schwache Wirtschaft und die Regierungsführung Bazoums an.

Gestürzter Präsident Bazoum ruft zum Erhalt der Demokratie auf

Zuvor hatte die Präsidentengarde den Staatschef in seinem Amtssitz in der Hauptstadt Niamey festgesetzt. Aus seinem Umfeld hieß es, der Staatsstreich sei "zum Scheitern verurteilt". Bazoum selbst rief zum Erhalt der demokratischen Errungenschaften des Landes auf: "Alle Nigrer, die Demokratie und Freiheit lieben, werden dafür sorgen", schrieb Bazoum am Donnerstag auf Twitter.

Im Zentrum der Hauptstadt Niamey versammelten sich nach Angaben von Journalisten Demonstranten, die dem Staatschef ihre Unterstützung ausdrücken wollten. Einige versuchten zum Amtssitz des Präsidenten zu gelangen, wurden aber von der Präsidentengarde mit Warnschüssen vertrieben, berichtete ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP.

Breite internationale Kritik am Militär

UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte den "unkonstitionellen Regierungswechsel" scharf. Der Generalsekretär sei "zutiefst verstört" über den Arrest von Präsident Bazoum, erklärte Guterres' Sprecher Stephane Dujarric. Das Auswärtige Amt beobachtet die Entwicklungen im Niger "mit sehr großer Sorge". "Wir verurteilen den Versuch von Teilen des Militärs, die verfassungsmäßige demokratische Ordnung Nigers umzustoßen und fordern diese auf, den demokratisch gewählten Präsidenten Bazoum unverzüglich freizulassen und in ihre Unterkünfte zurückzukehren", erklärte ein Sprecher am Donnerstag in Berlin.

Auch UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk verlangte, Bazoum "sofort und bedingungslos" freizulassen. Darüber hinaus müsse alles dafür getan werden, um die rechtsstaatliche Ordnung wiederherzustellen.

Niger sei "ein wichtiger Partner der EU in der Sahelzone, dessen Destabilisierung weder im Land noch in der Region noch darüber hinaus im Interesse der Menschen liegen würde", sagte die Sprecherin des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, Nabila Massrali, in Brüssel. Die EU sei bereit, zur Suche nach einer friedlichen Lösung des Konflikts beizutragen. Auch Russland rief zu einem "konstruktiven und friedlichen Dialog" auf und forderte die sofortige Freilassung des Präsidenten.

US-Außenminister Antony Blinken verurteilte den Putschversuch und forderte ebenfalls die "sofortige Freilassung" des Staatschefs. Auch die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) verurteilte den Putschversuch und forderte die sofortige und bedingungslose Freilassung Bazoums.

Der Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union, Moussa Faki Mahamat, warf auf Twitter der Präsidentengarde vor, "in völligem Verrat an ihrer republikanischen Pflicht" zu handeln. Die französische Außenministerin Catherine Colonna erklärte auf Twitter, Frankreich verurteile "alle Versuche, Macht mit Gewalt zu ergreifen".

Im Niger stationierte Bundeswehrsoldaten in Sicherheit

Die in Niger stationierten Bundeswehrsoldaten waren laut Bundesverteidigungsministerium in Sicherheit. "Wir haben die Rückmeldung, dass unsere Soldaten in Sicherheit sind - das ist uns das Wichtigste", sagte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums. Der Bundestag hatte im Mai das Mandat für die Beteiligung der Bundeswehr an der EU-Militärmission EUMPM Niger erteilt. Aktuell sind daran laut Bundesverteidigungsministerium etwa ein Dutzend Bundeswehrsoldaten beteiligt.

Zudem unterhält die Bundeswehr auf dem Flughafen von Niamey seit zehn Jahren ein Logistik-Drehkreuz für den UN-Blauhelmeinsatz im benachbarten Mali. Dafür sind aktuell nach Ministeriumsangaben "um die hundert" deutsche Soldaten vor Ort.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte bei einem Besuch in Niger im April bekräftigt, dass dort "der Schwerpunkt unseres zukünftigen militärischen Engagements im Sahel" liegen werde. Der Minister hatte das Land als "Damm gegen den Terrorismus" bezeichnet.

Das Auswärtige Amt mahnte in einer Teilreisewarnung, vor allem in Niamey "besonders vorsichtig" zu sein und Bewegungen im Stadtgebiet zu vermeiden.

Niger als westlicher Verbündeter in der Sahelzone

Der westafrikanische Binnenstaat Niger hat seit seiner Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1960 bereits vier Putsche und zahllose Versuche der Machtübernahme erlebt. Der letzte Versuch einer Absetzung Bazoums war nach Angaben eines Beamten im März, als sich der Präsident in der Türkei befand. Die Behörden äußerten sich dazu nie öffentlich. Bazoum war vor zwei Jahren beim ersten friedlichen Machtwechsel des Landes seit der Unabhängigkeit ins Amt gewählt worden.

Niger liegt im Herzen der Sahelzone in Westafrika und besteht zu zwei Dritteln aus Wüste. Das Land kämpft gegen dschihadistische Gewalt, die zur Flucht von Hunderttausenden führte. Der Niger ist einer der letzten Verbündeten des Westens in der Sahelregion. Die Nachbarn Mali und Burkina Faso haben sich anderen Partnern zugewandt, darunter Russland.

Mit Informationen von AFP und epd

Militär-Machtübernahme in Niger
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Militär-Machtübernahme in Niger

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