Der ukrainische Präsident Selenskyj
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Selenskyj erhebt schwere Vorwürfe gegen Nato

Kaum hat der Nato-Gipfel in Vilnius begonnen, da wirft der ukrainische Präsident Selenskyj per Twitter der Nato "Unschlüssigkeit" und "Schwäche" vor. Er sei absurd, dass es keinen Zeitplan für einen Nato-Beitritt seines Landes gebe.

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Am Dienstagvormittag hat der zweitägige Nato-Gipfel im litauischen Vilnius begonnen. Hauptthema ist die russische Invasion in der Ukraine und wie Kiew weiter durch das westliche Militärbündnis geholfen werden kann. Zum Abendessen in Vilnius wird auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erwartet. Der hatte sich schon zuvor per Twitter zu Wort gemeldet - mit einer vehementen Kritik an der Nato: "Unschlüssigkeit" und "Schwäche" warf er dem Bündnis hinsichtlich eines Beitritts seines Landes vor. Das ermutige den russischen "Terror" gegen sein Land, schrieb Selenskyj.

"Es scheint, als gebe es weder eine Bereitschaft, der Ukraine eine Einladung zur Nato zukommen zu lassen, noch sie zu einem Mitglied des Bündnisses zu machen", erklärte er. Es sei "absurd", dass es keinen Zeitplan für einen Beitritt der Ukraine gebe, urteilte der Präsident. "Unschlüssigkeit ist eine Schwäche", erklärte Selenskyj weiter. Schon am Vorabend des Gipfels hatte Selenskyj eine verbindliche Zusage des Bündnisses zu einem Beitritt seines Landes verlangt. Am Abend will der ukrainische Präsident in Vilnius eine Rede halten.

USA: Haben Verständnis für Frustration

Die US-Regierung äußerte Verständnis für die Frustration der Ukraine angesichts der Unsicherheit über eine Einladung in die Nato und langfristige Sicherheitsgarantien. "Natürlich verstehen wir das, schließlich kämpfen sie um ihr Leben", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der Regierung, John Kirby, dem US-Sender CNN. "Ihre Frustration, ihr Wunsch nach mehr Fähigkeiten, ihr Wunsch nach einem schnellen Ende dieses Kriegs, all das verstehen wir und natürlich teilen wir viele dieser Bedenken", so Kirby.

Scholz: "Das Richtige tun"

Ziel sei ein "Reformweg für die Ukraine", sagte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan. Ein schneller Beitritt der Ukraine würde die Nato nach Ansicht der USA und auch Deutschlands "in einen Krieg mit Russland" hineinziehen, warnte Sullivan. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte, die USA und Deutschland hätten sich "sehr präzise an der Diskussion beteiligt", um sicherzustellen, "dass wir hier genau das Richtige tun".

Moskau: Werden "angemessen" reagieren

Zeitgleich zum Auftakt des Nato-Gipfels äußerten sich auch russische Regierungsvertreter. Ein beschleunigter Nato-Beitritt der Ukraine würde nach Darstellung des Kremls hohe Sicherheitsrisiken für Europa bergen. "Potenziell ist das sehr gefährlich für die europäische Sicherheit", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Der Kreml beobachte den Nato-Gipfel in Vilnius sehr aufmerksam, so Peskow. Auch Außenminister Sergej Lawrow äußerte sich zu einer potenziellen Aufnahme der Ukraine in die Nato. Russland würde daraufhin "angemessen" und zeitnah reagieren. Russland werde seine eigenen "legitimen Sicherheitsinteressen" schützen, sagte er.

Feilschen um Erklärung

Der Westen will der Ukraine beistehen - aber wie genau? Die Nato will dem Land in Vilnius den Weg zu einem möglichen Beitritt skizzieren, die Details waren aber bis zuletzt im Bündnis umstritten. Diplomaten zufolge feilschten die Verbündeten noch auf dem Gipfel um den Wortlaut der Erklärung zur Ukraine. Dies sollte eigentlich vermieden werden, um die Konfliktlinien zwischen den Mitgliedsländern nicht zu stark offenzulegen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg versprach der Ukraine aber "eine klare und positive Botschaft auf dem Weg zu einer Mitgliedschaft".

Deutschland schnürt neues Waffenpaket für die Ukraine

Zu Beginn des Nato-Gipfels schnürte die Bundesregierung ein neues, 700 Millionen Euro schweres Militärpaket für die Ukraine. Unter anderem soll die von Russland angegriffene Ukraine weitere 40 Schützenpanzer vom Typ Marder, 25 Kampfpanzer vom Typ Leopard-1A5 und fünf Bergepanzer sowie zwei Startgeräte für Patriot-Flugabwehrraketen der Bundeswehr bekommen. Hinzu kommen 20.000 Schuss Artilleriemunition und 5.000 Schuss Nebelmunition sowie Aufklärungsdrohnen und Mittel zur Drohnenabwehr.

Das neue Paket ist ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der ukrainischen Durchhaltefähigkeit, sagt Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Es bediene die Prioritäten der Ukraine: Luftverteidigung, Artillerie und Panzer. Um verwundete ukrainische Soldaten besser zu versorgen, sind auch Teile eines Feldlazaretts im neuen Unterstützungspaket.

Mit Informationen von dpa und AFP

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