Polizei in Peking fährt durch die Straßen, um Proteste zu verhindern.
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Polizei in Peking fährt durch die Straßen, um Proteste zu verhindern.

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Proteste in China: Sicherheitsgremium für hartes Durchgreifen

In China soll eine starke Polizeipräsenz weitere regierungskritische Proteste unterbinden. Auf den Straßen sind viele Streifenwagen zu sehen. Das höchste Sicherheitsgremium forderte derweil ein hartes Vorgehen gegen "feindliche Kräfte".

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 1 am Abend am .

Chinas höchstes Sicherheitsgremium hat angesichts der Proteste gegen die Corona-Lockdowns und für mehr politische Freiheiten ein hartes Vorgehen gegen "feindliche Kräfte" verlangt. Es sei erforderlich, "hart gegen Infiltration und Sabotagetätigkeiten durch feindliche Kräfte durchzugreifen", erklärte der zentrale Ausschuss für politische und rechtliche Angelegenheiten der Kommunistischen Partei laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua.

Der Ausschuss überwacht die gesamte Strafverfolgung in China. Laut Xinhua befand das Gremium in einer Sitzung zudem, es sei von entscheidender Bedeutung, "entschlossen gegen illegale kriminelle Handlungen vorzugehen, die die soziale Ordnung (...) stören", und die allgemeine soziale Stabilität "aufrichtig zu schützen".

Polizei verhindert weitere Proteste

Massive Polizeipräsenz verhinderte derweil in mehreren chinesischen Städten ein Wiederaufflammen der Proteste. AFP-Journalisten berichteten von hunderten Streifenfahrzeugen und Beamten auf den Straßen der Hauptstadt Peking und Shanghais. Viele für Montagabend geplante Proteste kamen aufgrund der Polizeipräsenz nicht zustande. Teilnehmende der Kundgebungen vom Wochenende berichteten zudem, sie hätten Anrufe von Polizeibeamten erhalten, die sie zu ihren Aktivitäten befragt hätten. Auf den Straßen wurden Berichten zufolge Menschen von Polizisten aufgehalten. Sie mussten Videoaufnahmen und Fotos von den Protesten löschen.

An einem Platz in Shanghai, auf dem am Wochenende Demonstranten den Rücktritt von Präsident Xi Jinping gefordert hatten, mussten Gastronomiebetriebe aus Gründen der "Seuchenbekämpfung" um 22.00 Uhr (Ortszeit) schließen, wie das Personal berichtete. Polizisten waren an U-Bahn-Ausgängen stationiert. Vier Menschen wurden vorübergehend festgenommen.

Andernorts gab es Kundgebungen. In der Sonderverwaltungszone Hongkong, wo 2019 Massenproteste gegen die Peking-nahe Regierung stattgefunden hatten, versammelten sich Menschen an der Chinesischen Universität. "Schaut nicht weg, vergesst nicht", skandierten die Demonstranten.

  • Zum Artikel "Wegen Null-Covid-Politik: Immer mehr Ausländer verlassen China"

BBC-Reporter vorübergehend festgenommen

Bei den Protesten in Shanghai war am Montag vorübergehend ein BBC-Reporter festgenommen und in Gewahrsam offenbar geschlagen und getreten worden. Großbritannien bestellte daraufhin den chinesischen Botschafter Zheng Zeguang ein.

Das chinesische Außenministerium erklärte, der BBC-Reporter Ed Lawrence habe sich nicht als Journalist identifiziert und seinen Presseausweis nicht freiwillig vorgelegt. Vertreter ausländischer Medien müssten in China die chinesischen Gesetze und Regeln befolgen.

Was als Forderung nach einem Ende der Pandemie-Politik begann, wurde schnell zu einer breiteren Protestwelle, die den Wunsch nach einem politischen Wandel äußerte. Ausgelöst wurden die Proteste durch einen Hochhausbrand in der Stadt Urumqi - der Hauptstadt der Minderheit der Uiguren, bei dem zehn Menschen ums Leben kamen. Kritiker werfen der Regierung vor, dass die strengen Corona-Maßnahmen den Rettungseinsatz behindert hätten. Die Behörden wiesen dies zurück.

Peking will an harten Covid-Maßnahmen festhalten

Trotz des Unmuts in der Bevölkerung über Lockdowns, Zwangsquarantäne und Massentests will die Regierung an den rigorosen Maßnahmen festhalten. Wie der Sprecher der Gesundheitskommission, Mi Feng, in Peking mitteilte, soll jedoch die Impfkampagne vorangetrieben werden - insbesondere in der älteren Gruppe der Bevölkerung.

Aus Angst vor Nebenwirkungen wurden Ältere in dem 1,4-Milliarden-Einwohner-Land bislang seltener geimpft. So bekamen erst 40 Prozent der Menschen über 80 Jahren eine Booster-Spritze, wie die Gesundheitskommission berichtete. Dies könnte nach Einschätzung von Experten bei einer unkontrollierten Corona-Welle zu vielen Opfern führen.

Mehr Impfungen in Pflegeheimen

Die Kommission kündigte an, in Pflegeheimen stärker impfen zu lassen. Auch sollten Menschen, die nicht geimpft werden wollten, Gründe vorlegen müssen. Die Kommission stellte allerdings keine Abkehr vom Null-Covid-Kurs in Aussicht. Bereits angekündigte Anpassungen sollten "schnell und gründlich" umgesetzt werden, um "Unannehmlichkeiten" zu verringern.

Millionen im Lockdown

Die Demonstrationen in den vergangenen Tagen waren die größten Proteste in China seit der Demokratiebewegung, die das Militär 1989 blutig niedergeschlagen hatte. Der Unmut hat sich auch verstärkt, weil China gerade die größte Corona-Welle seit Beginn der Pandemie vor knapp drei Jahren erlebt. Die Zahlen sind im internationalen Vergleich zwar nicht hoch, doch sind die Auswirkungen durch die strikten Maßnahmen enorm: Ein Fünftel der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft - also Hunderte Millionen Menschen - dürften derzeit landesweit von Lockdowns betroffen sein.

Die Proteste in China beschäftigen am Mittwoch auch den Deutschen Bundestag. In einer Aktuellen Stunde debattieren die Abgeordneten am Nachmittag auf Antrag der Ampel-Fraktionen über die Lage in dem asiatischen Land und über die deutsche China-Politik.

Mit Informationen von AFP und dpa

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