Das Bild der russischen Staatsagentur Tass zeigt Sicherheitskräfte die eingesetzt sind, um Massenunruhen in der kasachischen Stadt Almaty zu beenden (6.1.21).
Bildrechte: 06.01.2022, Kasachstan, Almaty: Das Bild der russischen Staatsagentur Tass zeigt Sicherheitskräfte die bei einer sogenannten Antiterroroperation eingesetzt sind, um Massenunruhen zu beenden.
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Das Bild der russischen Staatsagentur Tass zeigt Sicherheitskräfte die eingesetzt sind, um Massenunruhen in Kasachstan zu beenden (6.1.21).

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Neue Gewalt in Kasachstan - Soldaten kontrollieren Flughafen

Neue Gewalt in Kasachstan - Soldaten kontrollieren Flughafen

Die Proteste in Kasachstan reißen nicht ab - auch nachdem sich eine von Russland angeführte Allianz eingeschaltet hat. In der größten Stadt Almaty geht Militär gegen Demonstranten vor. Der Hauptflughafen ist wieder in der Hand von Soldaten.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Die Unruhen in Kasachstan in Zentralasien halten seit Tagen an. Der Hauptplatz der größten Stadt Almaty wurde am Donnerstag abwechselnd von Demonstranten und Militärs kontrolliert. Am Abend kam es dort zu neuen Zusammenstößen. Ein Reporter der Nachrichtenagentur Reuters berichtete von Explosionen und Schüssen. Die Nachrichtenagentur Tass meldete unter Berufung auf Augenzeugen, es habe weitere Tote gegeben. Die Schüsse endeten mit dem Anbruch der Dunkelheit. Soldaten übernahmen im Laufe des Tages wieder die Kontrolle über den Hauptflughafen, der von Demonstranten besetzt worden war.

Die Polizei hat nach eigenen Angaben Dutzende Randalierer getötet, das staatliche Fernsehen berichtet von 13 Mitgliedern der Sicherheitskräfte, die ums Leben gekommen seien. Befürchtet wird, dass es auch viele zivile Todesopfer gab. Insgesamt wurden in verschiedenen Städten mehr als 1.000 Menschen verletzt.

Kasachischer Präsident rief Militärbündnis zu Hilfe

Präsident Kassym-Jomart Tokajew bat das von Russland geführte Militärbündnis "Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit" (OVKS) um Hilfe. Dazu gehören neben Russland und Kasachstan auch Armenien, Belarus, Kirgistan und Tadschikistan. Das Bündnis sagte umgehend Unterstützung zu. Kurz darauf machten sich bereits die ersten Soldaten auf den Weg. Moskau schickte auch schon erste Fallschirmjäger ins Nachbarland. Auch andere Staaten kündigten die Verlegung von Truppen an. Die Soldaten sollen zeitlich befristet vor allem wichtige staatliche und militärische Einrichtungen schützen.

Auslöser der Proteste: Unmut über Gaspreise

Weil die Preise an den Tankstellen im öl- und gasreichen Kasachstan deutlich in die Höhe gingen, war es bereits am Wochenende zu teils gewalttätigen Protesten gekommen. Vor allem in der Wirtschaftsmetropole Almaty gab es Krawalle. Tokajew entließ die Regierung und versprach Reformen - es half nicht. Nun gilt im ganzen Land der Ausnahmezustand.

Der zentralasiatische Staat ist ein wichtiger Öl-Lieferant auch für Deutschland, verfügt über Seltene Erden und ist der weltgrößte Uran-Produzent.

Jahrelange Unzufriedenheit in der Bevölkerung

"Die Proteste stehen exemplarisch für eine Unzufriedenheit, die sich über die Jahre hinweg in der Bevölkerung angestaut hat", sagt Andrea Schmitz, Zentralasien-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Viele sind frustriert von Korruption und Machtmissbrauch. Der Unmut richtet sich auch gegen den autoritären Ex-Langzeit-Machthaber Nursultan Nasarbajew. Der heute 81-Jährige trat zwar 2019 zurück. Er galt aber weiterhin als mächtigster Mann im Staat. Die Hauptstadt Nur-Sultan ist nach ihm benannt.

In sozialen Netzwerken kursieren nun Fotos und Videos von einer gestürzten Nasarbajew-Statue. Unter dem Druck aus der Bevölkerung entzog Tokajew seinem Vorgänger jetzt den Posten als Chef des einflussreichen Sicherheitsrats. Der heutige Präsident wurde von Nasarbajew als Nachfolger aufgebaut. Schon nach seiner Wahl gab es größere Proteste. Schmitz sagt: "Es war von Anfang an klar, dass Tokajew, ein politischer Zögling des Altpräsidenten, dessen Politik nahtlos fortsetzen würde." Kritiker beklagen immer wieder Verstöße gegen demokratische Grundrechte im neuntgrößten Land der Welt mit seinen rund 18 Millionen Einwohnern.

Grenzen für Ausländer geschlossen

Die derzeitigen Proteste wirken ungelenkt. Einheitliche politische Forderungen gibt es nicht. In sozialen Netzwerken kursieren Videos von gestürmten Verwaltungsgebäuden, Geschäftsplünderungen und brennenden Autos. Es ist schwer, Informationen unabhängig zu überprüfen. Immer wieder funktioniert das Internet nicht, Kasachstan hat die Grenzen für Ausländer geschlossen.

Kommentatoren werten den Hilfseinsatz des Militärbündnisses als historisch - und als Eingeständnis der Schwäche Tokajews. "Er hat die Verantwortung für ein gewaltsames Aufräumen im Land von seinen Soldaten genommen und sie an Russland übertragen", so der russische Politologe Alexej Naumow.

Nach Belarus weitere Krise in autoritärer Ex-Sowjetrepublik

Innerhalb von nicht einmal zwei Jahren steckt mit Kasachstan nun bereits zum wiederholten Mal eine autoritär geführte Ex-Sowjetrepublik in einer innenpolitischen Krise. In Belarus war der oft als "letzter Diktator Europas" kritisierte Alexander Lukaschenko 2020 monatelang brutal gegen friedliche Demonstranten vorgegangen, die ihm eine Fälschung auch der jüngsten Präsidentenwahl vorwerfen.

Die Protestbewegungen sind aus Sicht der Zentralasien-Expertin Schmitz aber nur bedingt vergleichbar. Kontext und Dynamik seien verschieden. Gleich sei jedoch, dass beide Machthaber Hilfe beim großen Nachbarn Russland suchen. Vermutlich würden die Ereignisse in Kasachstan das prorussische Lager stärken, schreibt die russische Tageszeitung "Moskowskaja Prawda".

Besorgnis im Ausland

International sorgte der Einsatz russischer Soldaten in Kasachstan für Besorgnis. Tokajew begebe sich "als zweiter postsowjetischer Autokrat nach Lukaschenko in die komplette Abhängigkeit von Wladimir Putin", meinte die FDP-Bundestagsabgeordnete Renata Alt. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Ein Eingreifen Russlands könnte die Situation weiter verschärfen." Sowohl die Europäische Union als auch die USA riefen dazu auf, die Lage friedlich zu lösen.

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