Bildrechte: dpa/pa/Patrick Pleul

Symbolbild: Traktor auf einem Feld

Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Neue EU-Landwirtschaftspolitik im Zeichen der Renationalisierung

Jetzt liegen die Vorschläge von Agrarkommissar Phil Hogan für die Gemeinsame Agrarpolitik der EU ab 2020 vor. Weniger Geld, mehr Flexibilität und eine Renationalisierung - das stößt bei Fachleuten und dem Bauernverband auf Skepsis. Von Anton Rauch

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

EU-Kommissar Hogan spricht davon, dass der Vorschlag für die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU ambitioniert ist und dass er einen nachhaltigen, widerstandsfähigen Agrarsektor fördern will, der dem Wettbewerb standhält, dem Klima und der Umwelt dient.

Mitgliedstaaten können entscheiden, wie sie das Geld verteilen

Wie das genau aussehen soll, könnten die Mitgliedsstaaten künftig weitgehend selbst festlegen, weil die besser wüssten, was gut für ihre Bauern ist, als ein für alle passender Ansatz, so Hogan.

"Die Mitgliedstaaten werden auch die Möglichkeit haben, bis zu 15 Prozent der ihnen im Rahmen der GAP zugewiesenen Mittel von Interventionen in Form von Direktzahlungen auf Interventionen zur Entwicklung des ländlichen Raums und vice-versa zu übertragen, um sicherzustellen, dass ihre Prioritäten und Maßnahmen finanziert werden können." Pressemitteilung der EU

Im Folgenden werden strategische Pläne genannt, und das die EU beobachten will, wie die Länder diese abgestimmten Pläne umsetzen.

GAP im Zeichen von Subisdiarität und Renationalisierung

Die Nationalstaaten müssen einen Masterplan erarbeiten und der EU vorlegen, wie sie die Ziele erreichen wollen. Der EU-Kommissar spricht von Subsidiarität – Kritiker nennen es Renationalisierung. Der Wissenschaftler Peter Weingarten vom angesehenen Thünen-Institut für ländliche Räume:

"Es liegt in der Hand des Mitgliedstaates oder in Deutschland in der Hand der Bundesländer, deutlich mehr Mittel für Agrar-und Umweltmaßnahmen einzusetzen, allerdings müssen dann in anderen Bereichen die Mittel zurückgefahren werden." Peter Weingarten

Deckelung der Direktzahlungen schwer durchsetzbar

Die pro Hektar, also die erste Säule der EU-Agrarpolitik, machen weiter den Hauptanteil der Subventionen aus, aber sie sollen erstmals ab 60.000 Euro gekürzt und für 100.000 Euro je Betrieb gedeckelt werden. Aber die Arbeitsleistung soll umfassend berücksichtigt werden und der Betrag erhöht um die gezahlten Löhne und die kalkulatorischen Löhne für die nicht-entlohnten Arbeitskräfte aus der Familie beispielsweise. Bei diesem Punkt sieht der Bauernverband Probleme.

"Ich befürchte, dass es hier durchaus auch Umgehungsmöglichkeiten geben könnte, das heißt für mich, das ganze wird ein Bürokratiemonster und zum Schluss vielleicht nicht den Effekt haben. Ich halte viel mehr davon, dass man eine gleitende Regelung über die erste Hektarregelung macht." Walter Heidl, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes

Frühere Vorschläge zur Kappungsgrenze sind gescheitert

Es ist erklärtes Ziel von Hogan, dass kleinere und mittlere Betriebe stärker gefördert werden sollen. Doch die heute verkündete Kappungsgrenze bei den Direktzahlungen für die größten Betriebe dürfte es schwer haben, schätzt nicht nur Martin Häusling, der Agrarexperte der Grünen im Europaparlament.

"Der Kommissar weiß das genauso gut wie viele andere, dass das sowieso nicht kommen wird. Der Kommissar Ciolos, sein Vorgänger, hatte eine Cappinggrenze von 300. 000 Euro vorgesehen und die ist nicht gekommen, weil Staaten – allen voran Deutschland gesagt haben, das benachteiligt die großen Betriebe, sprich also Ostdeutschland. Oder Tschechien hat große Vorbehalte dagegen und da weiß jeder wie das Amen in der Kirche, dass das der Rat nicht akzeptieren wird." Martin Häusling, Agrarexperte der Grünen im Europaparlament

Bauernverband besteht auf einkommensstützenden Direktzahlungen

Gegenwind zu den Vorschlägen aus Brüssel kommt bereits vom Deutschen Bauernverband. Der Vorschlag gehe in die falscher Richtung, weil die Umweltauflagen für Direktzahlungen erhöht werden sollen und das Budget insgesamt gekürzt wird – dazu kommt die Sorge, dass es zu Wettbewerbsverzerrungen führt, wenn die Mitgliedstaaten mehr Freiräume bekommen, wie sie das Geld aus Brüssel verteilen. Die Direktzahlungen müssten weiter einkommensstützend wirken, so der Bauernverband. Für die nationalen Masterpläne, die jetzt kommen müssen und die Abstimmungen in Parlament und und Europäischem Rat bleiben nicht sehr viel Zeit, sagt der Wissenschaftler Peter Weingarten.

"Sehe sowieso noch nicht, dass bis zum Frühjahr 2019 die Entscheidungen über den Haushalt der EU und über die gemeinsame Agrarpolitik fallen werden, wenn das nicht der Fall ist. Dann haben wir die Neuwahl des Europaparlaments, die Europäische Kommission setzt sich neu zusammen. Wenn das nicht geschafft wird, dann wäre klar, dass die nächste Förderperiode nach hinten verschoben werden muss." Peter Weingarten

Experten sind sich einig, dass mit dem Vorschlag aus Brüssel der Verteilungskampf um die gekürzten Agrarmilliarden der EU erst richtig beginnt.