Bundesregierung stellt Nationale Sicherheitsstrategie vor
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Bundesregierung stellt Nationale Sicherheitsstrategie vor

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Nationale Sicherheitsstrategie - Leitfaden mit Lücken

Nach längerer Verzögerung hat die Ampel-Koalition nun Vorgaben für sicherheitspolitische Herausforderungen Deutschlands vorgestellt. Für die Opposition ist das Konzept "irrelevant" - und das Thema China ist zunächst auf die lange Bank geschoben.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die erste Nationale Sicherheitsstrategie für Deutschland ist unter Dach und Fach, die erste in der Geschichte der Bundesrepublik. Der Leitfaden umfasst alle Bereiche der Politik, wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei der Präsentation betonte. Der russische Angriff gegen die Ukraine, der den Beginn einer Zeitenwende markiere, so Scholz, habe gezeigt, wie wichtig es sei, über alle Ressorts hinweg eine integrierte Nationale Sicherheitsstrategie vorzulegen. Auf dieses Ziel hatte man sich schon bei den Koalitionsverhandlungen verständigt, also vor Ausbruch des Kriegs und wollte eigentlich innerhalb eines Jahres einen konkreten Plan vorlegen. Mit monatelanger Verzögerung, dafür aber mit geballter personeller Unterstützung, stellte Scholz die Nationale Sicherheitsstrategie jetzt vor, begleitet von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), Finanzminister Christian Lindner (FDP), Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD).

Nationale Sicherheitsstrategie besteht aus drei Säulen

Wehrhaftigkeit, Resilienz und Nachhaltigkeit - das sind die drei Leitplanken, an denen sich die Nationale Sicherheitsstrategie orientiert. Außenministerin Baerbock stellte klar, dass man im Lichte der Zeitenwende in besonderem Maße in die Verteidigung investieren müsse, etwa mithilfe des neu geschaffenen Sondervermögens der Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro. Außerdem sollen künftig pro Jahr zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Finanzierung der Nato bereitgestellt werden. Darauf hatte man sich eigentlich schon 2014 geeinigt, bislang hat Deutschland diese Vorgabe aber nicht eingehalten. Zum Bereich Wehrhaftigkeit zählen auch die Stärkung der Zivilverteidigung und der bessere Schutz der Bevölkerung.

Unter Resilienz versteht die Nationale Sicherheitsstrategie beispielsweise die Sicherung von Lieferketten. Dazu sagte Baerbock: "Sicherheit im 21. Jahrhundert bedeutet, in der Apotheke verlässlich lebensnotwendige Medikamente zu bekommen." Unter Resilienz sei aber auch zu verstehen, dass sich der Staat gegen gezielte Desinformationskampagnen aus dem Ausland wehrt und dass man "beim Chatten mit Freunden nicht von China ausspioniert oder beim Scrollen durch die sozialen Netzwerke nicht von russischen Bots manipuliert werde", so Baerbock. Ziel müsse auch sein, die Energieversorgung resilient zu gestalten. Im Bereich Nachhaltigkeit geht es in der Nationalen Sicherheitsstrategie um die Bekämpfung der Klimakrise und die Stärkung der Biodiversität- und Ökosysteme, sowie um Ernährungssicherheit und Pandemieprävention.

China-Strategie fehlt

China wird in der Nationale Sicherheitsstrategie als Partner in wichtigen Fragen wie dem Klimaschutz definiert und als wichtiger wirtschaftlicher Wettbewerber und Rivale. Baerbock stellte klar: "Mit Blick auf Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, da gibt es viele Konflikte mit China, in anderen Bereichen wie dem Klimaschutz sehen wir auch Schnittmengen." Zusammen mit Bundeskanzler Scholz kündigte sie für den Umgang mit Peking eine eigene China-Strategie an. Diese soll in den nächsten Monaten vorgelegt werden. Dabei wird es wohl auch um Industriespionage und den Ausbau der Cybersicherheit gehen. Bei den Verhandlungen zwischen den Ressorts um die Nationale Sicherheitsstrategie wurde um das Thema Cybersicherheit hart gerungen, denn das Papier sieht keine Hackbacks vor. Das heißt, Deutschland darf auf Cyberangriffe nicht mit Gegenangriffen reagieren.

Länder und Opposition reagieren unzufrieden

Die Union kritisiert die von der Bundesregierung präsentierte Nationale Sicherheitsstrategie. CDU-Chef Friedrich Merz sprach von einer großen Enttäuschung. Das Papier sei "inhaltlich blutleer, strategisch irrelevant, operativ folgenlos und außenpolitisch unabgestimmt". Wie Merz bemängelt auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, dass die Ampel-Regierung trotz des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine keine Veranlassung gesehen habe, einen Nationalen Sicherheitsrat im Kanzleramt einzurichten. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch nannte die Pläne lückenhaft und ideologisch überladen. Kritik kommt aber auch aus den Bundesländern. Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) beispielsweise sagte in einem Interview, die Bundesregierung habe die Länder nicht eingebunden, etwa bei Fragen rund um den Katastrophenschutz. Da fühle man sich nicht ernst genommen.

Im Video: Das Bundeskabinett hat die erste nationale Sicherheitsstrategie für Deutschland verabschiedet.

Nach monatelangen Diskussionen wurde heute vom Kabinett die erste Nationale Sicherheitsstrategie für Deutschland verabschiedet.
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Nach monatelangen Diskussionen wurde heute vom Kabinett die erste Nationale Sicherheitsstrategie für Deutschland verabschiedet.

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