Eine Frau zündet eine Fackel während einer Kundgebung anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen vor dem Kolosseum in Rom an.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Alessandra Tarantino

Eine Frau zündet eine Fackel während einer Kundgebung anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen vor dem Kolosseum in Rom an.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Fall Cecchettin: Protestwelle in Italien gegen Gewalt an Frauen

Der gewaltsame Tod einer Studentin hat in Italien für lautstarke Proteste gesorgt. Und nicht nur dort. Weltweit gingen Hunderttausende anlässlich eines internationalen Aktionstages gegen Gewalt an Frauen auf die Straßen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Anlässlich des Internationalen Tags zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen sind weltweit Tausende Menschen auf die Straße gegangen. Allein in der italienischen Hauptstadt Rom demonstrierte nach Angaben der Veranstalter am Samstag rund eine halbe Million Menschen.

Das Kolosseum war an diesem Freitag rot angestrahlt, als Zeichen, dass dringend mehr gegen die Gewalt an Frauen getan werden muss. Auch in vielen anderen italienischen Städten gingen Menschen auf die Straßen: "Für Giulia", riefen sie, "für alle". Sie schrien für die, die keine Stimme mehr haben.

Eine Woche nach dem Verschwinden fand man die Leiche der Frau

Vor einer Woche war die Leiche von Giulia Cecchettin aus der Nähe von Venedig gefunden worden. Sie war einige Tage zuvor verschwunden, nachdem sie sich mit ihrem Ex-Freund auf einen Burger in einem Einkaufszentrum getroffen hatte. Der mutmaßliche Täter, ihr Ex-Freund, wurde auf der Autobahn bei Leipzig festgenommen und heute ins Gefängnis nach Italien überführt.

Die Leiche der jungen Frau wurde unter schwarzen Plastiksäcken in einem Graben in der Nähe eines Sees am Fuße der Alpen gefunden. Zuvor waren in den Medien Videoaufnahmen einer Kamera aus einem Industriekomplex in der Nähe von Giulias Haus aufgetaucht, die zeigten, wie eine junge Frau vor einem Mann zu fliehen versucht. Der Verfolger schlägt sie, stößt sie zu Boden und wirft sie in sein Auto.

Die Spur des Wagens ließ sich inzwischen zurückverfolgen: Überwachungskameras zeichneten ihn zunächst in Norditalien, dann in Österreich und schließlich in Deutschland auf. Am 19. November fiel der Polizei ein Auto auf, das ohne Benzin auf dem Seitenstreifen einer Autobahn stehengeblieben war. Darin saß der mutmaßliche Täter, nach dem mittlerweile gefahndet wurde.

Lärm statt Schweigeminute

Seit dem Tod der 22-jährigen Frau kommt es immer wieder zu Protesten. Ihre Schwester rief dazu auf, keine Schweigeminuten einzulegen, sondern Lärm zu machen. Der Mord an einer Frau, sagt sie, sei kein Verbrechen aus Leidenschaft, sondern ein Verbrechen der Macht. In Italien wird ähnlich wie in Deutschland jeden dritten Tag eine Frau von einem Mann, der ihr nahestand, ermordet.

  • Zum Artikel: Täter frühzeitig stoppen - Wie Femizide verhindert werden könnten

"Giulias Fall hat ganz Italien erschüttert", sagt die Schauspielerin und Regisseurin Paola Cortellesi, die sich in ihrem jüngsten Film des Themas Gewalt an Frauen angenommen hat. "Mit ihrem Verschwinden wusste ganz Italien, dass in Kürze eine junge Frau gefunden werden würde, die von einem Mann erschlagen wurde", erklärt Cortellesi.

Gesetz gegen Frauengewalt in Italien beschlossen

Die jetzige Grundsatzdebatte erreichte auch die Politik. Schneller als geplant, ist in Italien ein seit Langem diskutiertes Gesetz gegen Gewalt an Frauen, das die Strafen dafür drastisch verschärft, beschlossen worden - zusammen von allen Parteien.

Mit scharfen Worten rief auch Papst Franziskus zur Überwindung der Gewalt gegen Frauen auf. Auf seinem offiziellen X-Kanal ließ er in mehreren Sprachen den Satz posten: "Gewalt gegen Frauen ist ein giftiges Unkraut, das an der Wurzel beseitigt werden muss." Weiter schrieb er: "Diese Wurzeln wachsen im Boden von Vorurteil und Ungerechtigkeit; man muss sie mit Erziehungsmaßnahmen bekämpfen."

Weltweit gibt es Demonstrationen

Auch in deutschen Städten setzten Menschen Zeichen für ein Ende der Gewalt gegen Frauen. Ebenso in Frankreich, hier trugen die Demonstranten Plakate mit Aufschriften wie "Schützt Eure Mädchen, erzieht Eure Jungen". In dem Land wurden dieses Jahr bisher 121 Femizide registriert. 2022 waren es 118.

In Südamerika begannen bereits am Freitagabend erste Proteste. In Guatemala wurde mit Kerzen die Zahl 438 gebildete - die Anzahl an Frauen, die bisher dieses Jahr getötet wurden. In Istanbul versammelten sich rund 500 Frauen und hielten Schilder mit Sätzen wie "Wir werden nicht still bleiben" hoch. Auch in Ankara gab es Demonstrationen.

Mit Informationen von AP, AFP und KNA

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!