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Menschenwürdig und fair - Lieferkettengesetz kommt

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Menschenwürdig und fair - Lieferkettengesetz kommt

Die Bundesregierung hat lange und hart gerungen. Jetzt gibt es einen Kompromiss. Große deutsche Firmen müssen künftig dafür sorgen, dass bei ihren Zulieferern auf der ganz Welt Menschenrechte gewahrt sind. Eine Analyse.

Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) erzählt von seinen Erlebnissen im indischen Assam vor einem Jahr. Von dort kommt der weltberühmte Assam-Tee. Auf den Farmen verdient eine Teepflückerin einen Euro am Tag. Der Teebeutel, den er sich heute Morgen mit heißem Wasser übergossen hat, koste einen Cent, berichtet Müller anschaulich.

Es ist nur ein Beispiel für die weltweite Ausbeutung von Menschen, die Produkte für deutsche Verbraucher herstellen. Sie pflücken unter widrigen Bedingungen Tee und Kaffee, gerben in giftigen Brühen Textilien für Jeans und graben mit bloßen Händen nach seltenen Mineralien, die in Handys verbaut werden. Laut Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) müssen 150 Millionen Kinder arbeiten, die Hälfte von ihnen ist jünger als zwölf Jahre. Viele Menschen bekommen gar keinen Lohn oder arbeiten unter Zwang.

Langer Streit zwischen Ministern Heil, Müller und Altmaier

Entwicklungsminister Gerd Müller und Arbeitsminister Hubertus Heil waren sich schon lange einig, dass Unternehmen für solche Zustände in die Pflicht genommen werden müssen. Freiwillige Selbstverpflichtungen hätten nicht den erhofften Erfolg gebracht. Monatelang gab es immer wieder Gespräche mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Sie endeten oft mit Änderungswünschen, zu denen die jeweils andere Seite nicht bereit war. Altmaier wollte kleine Unternehmen von einem Lieferkettengesetz ausnehmen und vor allem eine zivilrechtliche Haftung für die Firmen verhindern. Das hat er nun geschafft.

Gesetz gilt nur für große Unternehmen

Der Gesetzentwurf, der noch vor der Bundestagswahl beschlossen werden soll, sieht vor, dass sich nur große Unternehmen ihre Zulieferer genau anschauen müssen. Ab dem Jahr 2023 müssen Firmen ab 3.000 Mitarbeitern die menschenwürdige Herstellung ihrer Produkte garantieren. Ein Jahr später trifft das auch Firmen ab 1.000 Mitarbeitern. Davon gibt es laut Arbeitsminister Hubertus Heil knapp 3.000 in Deutschland.

Empfindliche Bußgelder und keine öffentlichen Aufträge mehr

Dass die Umwelt- und Menschenrechtsstandards auch eingehalten werden, ist freilich von Deutschland aus schwer zu kontrollieren. Was genau passiert auf der Kaffeeplantage in Kolumbien? Müssen im Kongo auch Kinder nach wertvollen Rohstoffen graben? Mit dem Lieferkettengesetz müssen die Unternehmen bei ihren mittelbaren Zulieferern selbst tätig werden, wenn es Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen gibt. Das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle soll nach den Worten von Hubertus Heil ein "robustes Mandat" erhalten, um bei Verstößen Bußgelder zu verhängen.

Die genaue Höhe der Bußgelder steht noch nicht fest, Heil sprach von bis zu zehn Prozent des Umsatzes. Zudem sollen Firmen von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden können, wenn sie gegen das Lieferkettengesetz verstoßen.

Jeder Verbraucher kann aktiv mithelfen

Jeder einzelne Verbraucher hat es bei vielen Produkten selbst in der Hand, faire Produktionsbedingungen zu unterstützen. So gibt es seit Jahrzehnten fair gehandelten Kaffee in Deutschland. Er bleibt nur oft in den Regalen stehen, weil er teurer ist. Auch mehr und mehr Modemarken ziehen mit. Das Gütesiegel "Grüner Knopf" beispielsweise garantiert, dass das T-Shirt menschenwürdig und umweltfreundlich hergestellt wurde.

Kritik von allen Seiten

Während vor allem die SPD von einem "historischen Durchbruch" spricht, geht der Wirtschaftsrat der CDU auf die Barrikaden. Das Lieferkettengesetz müsse im Bundestag gestoppt werden, schimpft der Wirtschaftsrat. Die SPD arbeite "stur ihre linksideologischen Themen ab".

Die Linksfraktion dagegen hält das Gesetz für einen "zahnlosen Tiger", es betreffe nur 0,1 Prozent aller Firmen in Deutschland. Auch Umweltverbände sprechen von einer Minimallösung. Viele Unternehmen könnten damit weitermachen wie bisher.

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