Die wegen Korruptionsverdacht festgenommene Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Eva Kaili.
Bildrechte: Eric Vidal/European Parliament/dpa

Die wegen Korruptionsverdacht festgenommene Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Eva Kaili.

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Korruptionsskandal im EU-Parlament: Wer ist Ex-Vize Eva Kaili?

Mit 44 Jahren hat die Griechin Eva Kaili eine beachtliche Karriere hingelegt. Nun sitzt sie wegen Korruptionsvorwürfen in U-Haft. Wer ist die Frau, die sich mutmaßlich von Katar bestechen ließ und vor allem bei ihren Landesleuten für Empörung sorgt?

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Die große Einkaufsstraße im Zentrum von Athen ist gut besucht. Manche sind unterwegs um Weihnachtsgeschenke zu kaufen – sofern es das Budget zulässt. Denn angesichts der hohen Inflation heißt es für viele Griechinnen und Griechen mal wieder: sparen. Umso größer sind der Frust und die Empörung angesichts des riesigen Korruptionsskandals um die griechische EU-Abgeordnete Eva Kaili. "Wir kommen an den Punkt, an dem wir das ganze politische System verabscheuen. Und dann wird alles auseinanderfallen", sagt der Passant Beispiel Yannis. Ähnlich äußert sich Chronis: "Ich glaube, dass sich die Politiker seit Jahren nur um sich selbst kümmern und zwar auf Kosten der einfachen Leute."

Schnell wird klar: Dass Korruption stattfindet, überrascht hier kaum jemanden. Was die Leute aber fassungslos macht, ist das Ausmaß des Skandals: In den Medien ist die Rede von Säcken und Koffern voller Bargeld, die gefunden worden seien. Und zwar ausgerechnet bei Kaili, der schönen, jungen und erfolgreichen Sozialdemokratin.

Kailis Lebenslauf: Von den Medien in die Politik

Kaili erlangte Anfang der 2000er Jahre große Bekanntheit als Nachrichtensprecherin im griechischen Privatfernsehen. Doch bereits damals hatte sie ihre Leidenschaft und ihr Talent für Politik entdeckt. Mit gerade einmal 24 Jahren saß sie für die Pasok, die Partei ist in etwa vergleichbar mit der SPD in Deutschland, im Stadtrat von Thessaloniki.

Schon bald zog es sie aber in die nationale Politik: Nur fünf Jahre später war sie Abgeordnete im griechischen Parlament.

Die Politikwissenschaftlerin Lampriní Róri von der Universität Athen beschreibt Eva Kaili als "beeindruckende Frau". Sie sehr beliebt gewesen, was auch ihre Wahlergebnisse gezeigt hätten. "Grundsätzlich ist sie der Parteilinie von Pasok gefolgt, aber oft ist sie auch davon abgewichen. Sie hat gern in der Öffentlichkeit provoziert und wahrscheinlich ist sie auch deshalb so bekannt", so Rori.

Auf Konfrontationskurs im eigenen Land

Trotz ihrer großen Beliebtheit bei den Wählerinnen und Wählern wurde sie in Griechenland mehrfach ausgebootet. Auch daher wohl der Entschluss, das Land zu verlassen: Seit 2014 ist sie Mitglied des Europäischen Parlaments. Kaili, Vertreterin des konservativen Flügels, polarisierte mit ihren Positionen zunehmend selbst in der eignen Partei. 2018 kritisierte sie die Sozialhilfe-Pläne der damaligen linken Syriza-Regierung in einer griechischen Talkshow: "Und was tun Sie? Man zahlt den Faulpelzen Sozialleistungen. Das ist es, was Sie tun, und Sie haben es geschafft, die Mittelschicht zu zerstören!"

Mit dieser Aussage hat sie zahlreiche Sozialdemokraten vor den Kopf gestoßen, bekam aber Applaus von der konservativen Partei Nea Dimokratia. Mit Kaili wäre ein starkes linkes Bündnis aus Pasok und Syriza bei den griechischen Parlamentswahlen im nächsten Jahr kaum denkbar gewesen, sondern eher eine Koalition zwischen Konservativen und Sozialdemokraten. Das scheint nun eher unwahrscheinlich, so Politikwissenschaftlerin Rori: "Was jetzt passiert ist, wird einen Keil zwischen PASOK und Nea Dimokratia treiben. In Anbetracht der Tatsache, dass in ein paar Monaten Wahlen anstehen, sprechen die aktuellen Geschehnisse eher nicht für eine Koalition zwischen den beiden Parteien."

Untersuchungshaft statt Führungsrolle

Kaili hätte in so einem Bündnis möglicherweise endlich eine führende Rolle, vielleicht sogar ein Ministeramt in Griechenland übernehmen können.

Doch nun sitzt die 44-Jährige in Belgien in Untersuchungshaft und mit ihr ihr Lebensgefährte, ein italienischer Politikberater, der für die sozialdemokratische Fraktion im Europaparlament arbeitet, ist verhaftet worden. Die griechischen Behörden haben Kailis gesamte Vermögenswerte und die ihrer Familie eingefroren. Und das EU-Parlament setzte Kaili nun ab. Es ist das rasche Ende einer bis dahin steilen Karriere.

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