Innerhalb des Gazastreifens vertriebene Palästinenser in der Nähe der Grenze zwischen Gaza und Ägypten.
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Im Kampf gegen die Terrorgruppe Hamas bereitet Israel eine Offensive im Süden des Gazastreifens vor – trotz internationaler Kritik.

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Israels Rafah-Offensive: "Humanitäre Katastrophe mit Ansage"

Im Kampf gegen die Terrorgruppe Hamas bereitet Israel eine Offensive im Süden des Gazastreifens vor – trotz internationaler Kritik. Bundesaußenministerin Baerbock befürchtet eine humanitäre Katastrophe in der mit Geflüchteten überfüllten Stadt Rafah.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Rafah im Süden des Gazastreifens gilt als einziger Ort, in dem die Terrormiliz Hamas noch Kontrolle ausübt. Gleichzeitig ist es fast der einzige verbliebene Ort, an dem Zivilisten Schutz suchen können. Trotzdem hält Israel an seinem Plan fest, eine Offensive auf die Stadt zu starten.

Augenzeugen: Israels Armee bombardiert Ziele in Rafah

Die israelische Armee hat Augenzeugen zufolge bereits erste Ziele in Rafah aus der Luft angegriffen. Dabei sollen mehr als 20 Menschen getötet worden sein, hieß es aus medizinischen Kreisen. Auch der Bürgermeister der Stadt im Süden des Küstengebiets, Mohammed al-Sufi, bestätigte der Deutschen Presse-Agentur die Opferzahl.

Israelische Soldaten bombardierten außerdem ein Fahrzeug der Hamas und töteten dabei drei Menschen, darunter den Chef des Polizeigeheimdienstes der Islamistenorganisation sowie dessen Stellvertreter, wie es am Samstag aus Polizeikreisen und von Augenzeugen hieß. Die Angaben ließen sich allesamt zunächst nicht unabhängig überprüfen. Israels Militär äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht.

Karte: Die militärische Lage im Gazastreifen

Baerbock: Offensive wäre "humanitäre Katastrophe mit Ansage"

Derzeit sind in der Stadt noch keine israelischen Bodentruppen im Einsatz. Rafahs Bürgermeister Al-Sufi warnte vor einem Vorstoß der Armee in den Ort. "Jeder Militäreinsatz in der Stadt wird zu einem Massaker und einem Blutbad führen."

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sprach von einer "humanitären Katastrophe mit Ansage". Die Not in Rafah sei "schon jetzt unfassbar", erklärte Baerbock. 1,3 Millionen Menschen hätten dort auf engsten Raum Schutz vor den Kämpfen gesucht und könnten sich "nicht in Luft auflösen".

Saudi-Arabien fordert Eingreifen des UN-Sicherheitsrats

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte seine Armee am Freitag angewiesen, einen "kombinierten Plan zur Evakuierung der Bevölkerung und zur Zerstörung der Bataillone" der Hamas in Rafah vorzulegen. Es sei "unmöglich, das Kriegsziel zu erreichen", wenn vier Hamas-Stellungen in der Stadt im Süden des Palästinensergebiets belassen würden, argumentierte er.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas verurteilte die geplante Offensive und nannte sie eine "eklatante Verletzung aller roten Linien". Auch Saudi-Arabien warnte vor einer "humanitären Katastrophe" und forderte ein Eingreifen des UN-Sicherheitsrats. Das Königreich lehne den Angriff kategorisch ab und verurteile die "Zwangsdeportation" der Menschen, hieß es in einer von staatlichen Medien verbreiteten Erklärung des Außenministeriums.

Kritik kam auch von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Die mehr als eine Million geflohenen Palästinenser in Rafah zu einer neuen Evakuierung zu zwingen, ohne dass es für sie einen sicheren Ort gebe "wäre illegal und hätte katastrophale Konsequenzen", erklärte HRW-Vertreterin Nadia Hardman.

Baerbock will nach Israel reisen

Angesichts des Leids der Bevölkerung forderte Außenministerin Baerbock erneut eine Feuerpause im Gazastreifen - auch um eine Freilassung der dort verbliebenen israelischen Geiseln zu erreichen. "Den Weg dahin werde ich nächste Woche erneut in Israel besprechen", fügte die Ministerin hinzu. Nach Angaben des Auswärtigen Amts wird Baerbock Mitte der kommenden Woche nach Israel reisen.

Im Ringen um eine Einigung zur Freilassung weiterer Geiseln schickt auch US-Präsident Joe Biden in der kommenden Woche CIA-Chef William Burns zu Gesprächen nach Kairo, wie das US-Nachrichtenportal "Axios" unter Berufung auf Diplomaten berichtete. Unterhändler der Hamas waren am Freitag nach "positiven und guten" Gesprächen aus Kairo abgereist, wie aus Kreisen der Palästinenserorganisation verlautete. Nun werde "eine Antwort Israel" abgewartet, hieß es.

Gesundheitsbehörde meldet mehr als 28.000 getötete Palästinenser

Die von der EU und der USA als Terrororganisation eingestufte Hamas hatte den Krieg am 7. Oktober mit einem beispiellosen Überfall auf Israel ausgelöst. Israelischen Angaben zufolge wurden dabei rund 1.160 Menschen brutal getötet und 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israel kündigte daraufhin die Vernichtung der Hamas an und startete einen massiven Militäreinsatz im Gazastreifen.

Nach jüngsten Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dort seitdem mehr als 28.000 Menschen getötet.

Mit Informationen von dpa, Reuters und AFP

Im Video: Israel plant Evakuierung von Rafah

Rafah im Süden des Gazastreifens ist nach Angaben Israels das einzige Gebiet, in dem noch Hamas-Bataillone versteckt sind.
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Rafah im Süden des Gazastreifens ist nach Angaben Israels das einzige Gebiet, in dem noch Hamas-Bataillone versteckt sind.

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