Iran richtet britisch-iranischen Ex-Politiker hin
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Iran richtet britisch-iranischen Ex-Politiker hin

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Iran richtet britisch-iranischen Ex-Politiker hin

Der Iran hat einen wegen Spionage verurteilten britisch-iranischen Politiker hingerichtet. Die Behörden warfen Alireza Akbari Korruption und Geheimnisverrat vor. Mehrere Länder bestellten ihre iranischen Botschafter ein.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Der Iran hat einen britisch-iranischen Ex-Spitzenpolitiker wegen Spionagevorwürfen hingerichtet. Wie das Justizportal Misan mitteilte, wurde Alireza Akbari durch den Strang getötet. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Es gibt zudem auch unterschiedliche Berichte über den genauen Zeitpunkt der Exekution. Nach iranischer Darstellung hat sich Akbari für 1,8 Millionen Euro korrumpieren lassen und 50.000 Dollar (46.150 Euro) für Geheimnisverrat kassiert.

Der Iran hatte ein stark bearbeitetes Video ausgestrahlt, in dem Akbari über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe spricht. Das Video ähnelt solchen von anderen Angeklagten, die von Aktivisten als Aufzeichnung erzwungener Geständnisse bezeichnet werden.

In Audiobotschaft spricht Akbari von Folter

Akbari, seine Frau und sein Bruder hatten die Vorwürfe stets vehement zurückgewiesen. Der farsisprachige Dienst der BBC strahlte am Mittwoch eine Audiobotschaft Akbaris aus, in der er Foltervorwürfe erhob. "Mit körperlichen und psychologischen Methoden haben sie meinen Willen gebrochen, mich in den Wahnsinn getrieben und gezwungen zu tun, was immer sie wollten", sagte er. "Mit Waffengewalt und Todesdrohungen haben sie mich dazu gebracht, falsche und korrupte Behauptungen zu gestehen."

Prozess hinter verschlossenen Türen

Über den Prozess gegen ihn veröffentlichten die Behörden kaum Einzelheiten. Zu Vorwürfen wegen Spionage und anderen Straftaten gegen die nationale Sicherheit wird im Iran üblicherweise hinter verschlossenen Türen verhandelt. Menschenrechtsgruppen zufolge können Angeklagte ihre Anwälte nicht selbst wählen und dürfen die Beweismittel nicht einsehen.

Akbari 2019 festgenommen

Akbari wurde laut Medienberichten bereits 2019 festgenommen. Er war zwischen 1997 und 2002 Vizeverteidigungsminister im Iran. Minister war damals Ali Schamchani, der inzwischen Sekretär des Sicherheitsrats ist, des wichtigsten Entscheidungsgremiums des Landes. Zwischen 2014 und 2015 hatte Akbari als militärischer Berater die Iran-Delegation zu den Atomverhandlungen in Wien begleitet. Nach Darstellung der iranischen Sicherheitsbehörden soll er in beiden Funktionen geheime Informationen an den britischen Geheimdienst MI-6 weitergegeben haben. Akbari leitete zuletzt eine private Denkfabrik.

Nach Einschätzung von Beobachtern geht es in dem Fall um einen internen Machtkampf. Das eigentliche Ziel der Hardliner um Präsident Ebrahim Raisi sei eine Diskreditierung Schamchanis, heißt es. Dieser soll sich kritisch über die Polizeigewalt gegen die Demonstranten geäußert und sich um Vermittlung bemüht haben.

Britischer Premier zeigte sich "entsetzt"

Großbritannien droht dem Iran mit Konsequenzen. Premierminister Rishi Sunak äußerte sich "entsetzt" über die Hinrichtung. "Das war eine grausame und feige Tat eines barbarischen Regimes, das keinen Respekt für die Menschenrechte seines eigenen Volkes hat", schrieb Sunak auf Twitter. Außenminister James Cleverly bestellte den iranischen Geschäftsträger in Großbritannien ein und warnte, der Vorgang werde Folgen haben. Im Gegenzug bestellte auch der Iran den britischen Botschafter ein.

Unklar ist, wie Akbari als Vizeverteidigungsminister und militärischer Berater im Sicherheitsrat überhaupt die britische Staatsangehörigkeit erhalten konnte. Im Iran dürfen Doppelstaatler keine politische Spitzenämter übernehmen.

Scharfe Kritik auch von Ministerin Baerbock

Auch Außenministerin Annalena Baerbock verurteilte die Hinrichtung als einen weiteren unmenschlichen Akt der iranischen Führung. "Wir stehen an der Seite unserer britischen Freund*innen und werden unser Vorgehen gegenüber dem Regime und unsere Unterstützung für Irans Menschen weiter eng miteinander abstimmen", schrieb die Grünen-Politikerin auf Twitter. Der iranische Botschafter in Deutschland wurde für Montagfrüh ins Auswärtige Amt einbestellt, wie es aus Diplomatenkreisen hieß.

Auch das französische Außenministerium verurteilte die Hinrichtung scharf. Der Geschäftsträger der iranischen Botschaft in Paris sei erneut einbestellt worden, "um unsere Empörung zum Ausdruck zu bringen", teilte das Ministerium mit.

Amnesty: Foltervorwürfe untersuchen

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International bezeichnete die Hinrichtung Akbaris als "abscheulichen Angriff" Teherans auf das "Recht auf Leben". Sie forderte die britische Regierung auf, die Vorwürfe der Folter, der Akbari ausgesetzt gewesen sein soll, "vollständig zu untersuchen".

Polnischer Bürger aus Haft entlassen

Unterdessen meldete die polnische Regierung, ihr Staatsbürger Maciej Walczak sei aus der Haft entlassen worden und in seine Heimat zurückgekehrt. Vergangenen Juli hatten Revolutionsgarden nach einem iranischen TV-Bericht mehrere Ausländer wegen Gesetzesüberschreitungen, wie etwa der Entnahme von Bodenproben in verbotenen Gebieten, festgenommen. Darunter befand sich Walczak. "Dieses Ziel (die Freilassung Walczaks) war eine der Prioritäten der diplomatischen und konsularischen Dienste Polens im vergangenen Jahr", teilte das Außenministerium in Warschau mit.

Proteste nach Tod von Jina Mahsa Amini

Im Iran gibt es seit Monaten Proteste. Auslöser war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini. Sie starb in Polizeigewahrsam, nachdem sie von der Sittenpolizei wegen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden war. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten wurden mindestens 520 Demonstranten und Demonstrantinnen getötet und 19.400 festgenommen. In Verbindung mit den Protesten wurden vier Menschen hingerichtet. Ihnen wurden unter anderem Angriffe auf Sicherheitskräfte vorgeworfen.

Mit Informationen von dpa, Reuters, AP und AFP

Archivbild: Britisch-iranischer Ex-Spitzenpolitiker Alireza Akbari
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