Rauch über Rafah (Archivbild)
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Internationaler Gerichtshof: Israel muss Rafah-Offensive stoppen

Im Streit über die israelische Offensive in Rafah hat der Internationale Gerichtshof im Sinne Südafrikas entschieden: Das Gericht befand am Freitag, Israel müsse die Offensive in der Stadt im Süden des Gazastreifens stoppen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Paukenschlag in Den Haag: Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat Israel aufgefordert, seinen Militäreinsatz in der Stadt Rafah im Gazastreifen sofort zu beenden. Der Präsident des Gerichts, Nawaf Salam, gab die Entscheidung zu einem Eilantrag Südafrikas bei einer Anhörung am Freitag bekannt. Sie fiel mit 13 zu zwei Stimmen sehr deutlich aus.

Mehr Lebensmittel und Zugang für UN-Ermittler

Außerdem fordert der IGH Israel auf, in der Region humanitäre Hilfe zuzulassen, um eine Hungersnot unter den Palästinensern in dem abgeriegelten Küstenstreifen zu verhindern. Zudem müssten UN-Ermittler Zugang bekommen, um etwaigen Verstößen gegen die Völkermordkonvention nachzugehen. Das UN-Gericht verlangt innerhalb eines Monats Antworten von der Regierung von Benjamin Netanjahu, wie diese Forderungen umgesetzt werden.

Israel hat bereits signalisiert, dass es einer solchen Anordnung nicht Folge leisten wird. Finanzminister Besalel Smotrich erklärte in einer ersten Reaktion, wer Israel zum Ende des Krieges auffordere, forderte das Land zu Ende seiner Existenz auf. Dem werde man nicht zustimmen. Die militant-islamistische Hamas begrüßte hingegen die Gerichtsentscheidung. Sie verlangte von der internationalen Gemeinschaft, Druck auf Israel auszuüben. Denn ohne diesen sei die Entscheidung des Gerichts ohne Wirkung. 

IGH kann Israel nicht zum Einlenken zwingen

Die Entscheidungen des IGH, des höchsten Gerichts der Vereinten Nationen, haben zwar große Tragweite. Dem IGH fehlen aber die Möglichkeiten, die Umsetzung seiner Urteile auch zu erzwingen. Russland etwa ignoriert bis heute eine IGH-Entscheidung aus dem Jahr 2022, seinen Angriff auf das Nachbarland Ukraine zu stoppen.

Die UN-Richter können allerdings den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen dazu aufrufen, in der Sache tätig zu werden. Alle Mitgliedstaaten des Gerichts sind verpflichtet, die Entscheidungen des Sicherheitsrats zu respektieren. Es scheint aber zumindest fraglich, ob die USA bei einer Resolution zum Rückzug Israels aus Rafah auf ihr Vetorecht verzichten würden.

Südafrika warnt vor Völkermord

Südafrika hatte in seinem jüngsten Eilantrag vom 10. Mai argumentiert, es gehe darum, einen Völkermord an Palästinensern zu verhindern. Der Rückzug aus Rafah war eine der Forderungen. Südafrika begründete den Antrag damit, dass die bisherigen Maßnahmen des Gerichts im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg nicht ausreichend seien. Nach palästinensischen Angaben wurden infolge des israelischen Militäreinsatzes bereits knapp 36.000 Menschen getötet.

Israel hatte Vorwürfe des Völkermords im Gazastreifen hingegen als haltlos zurückgewiesen. Dies sei eine "Verdrehung der Wirklichkeit". Israel beruft sich auf sein Recht auf Selbstverteidigung, nachdem Terroristen der Hamas am 7. Oktober den Süden Israels überfallen und knapp 1.200 Menschen getötet hatten. Zudem wurden mehr als 100 Geiseln verschleppt. In Rafah will Israel deshalb die letzten dort verbliebenen Bataillone der Hamas zerschlagen. Gleichzeitig warnte jedoch das Palästinenserhilfswerk UNRWA am Donnerstag, dass die Lage im Rafah wegen der angelaufenen Militäroffensive immer verzweifelter wird (Externer Link).

Zuletzt immer mehr Gegenwind für Israel

Die Kritik an Israels Kriegsführung hat zuletzt immer mehr zugenommen. Selbst der engste Verbündete USA warnte Netanjahu vor einer großangelegten Offensive in der Stadt Rafah, in der Hunderttausende Palästinenser vor den Kämpfen in anderen Teilen des Gazastreifens Schutz gesucht haben.

Norwegen, Irland und Spanien kündigten diese Woche an, dass sie einen palästinensischen Staat anerkennen würden. Der Chefankläger am Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) beantragte Haftbefehle gegen Netanjahu und seinen Verteidigungsminister Joav Galant sowie drei Anführer der militant-islamistischen Palästinenserorganisation Hamas wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Mit Informationen von dpa, AP, AFP und Reuters.

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