Soll die bedrängte Ukraine westliche Waffen auch auf dem Gebiet des Angreifers einsetzen dürfen? Nicht nur in den USA wird darüber diskutiert. Auch in Deutschland gibt es die Forderung.
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Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter.

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Hofreiter: Kiew soll westliche Waffen in Russland nutzen dürfen

Soll die bedrängte Ukraine westliche Waffen auch auf dem Gebiet des Angreifers einsetzen dürfen? Ja, wenn es nach Anton Hofreiter geht. Für die europäische Verteidigung fordert der Grünenpolitiker einen Fonds mit 500 Milliarden Euro.

Über dieses Thema berichtet: Die Welt am Morgen am .

Der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter hat sich dafür ausgesprochen, die Ukraine nicht länger davon abzuhalten, mit westlichen Waffen auch russisches Territorium anzugreifen. "Es geht hier um den Schutz der ukrainischen Bevölkerung. Daher sollten wir die Ukraine nicht daran hindern, mit den gelieferten Waffen russische Kampfjets auch im russischen Luftraum abzuwehren", sagte der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt).

Vom Völkerrecht gedeckt

Das Völkerrecht erlaube es einem angegriffenen Staat, militärische Ziele im Land des Aggressors zu attackieren. Das sei Teil der Selbstverteidigung, so Hofreiter weiter. Die russische Armee beschieße Tag und Nacht vom eigenen Staatsgebiet aus die ukrainische Millionenstadt Charkiw, auch mit Gleitbomben, die nur 40 Sekunden bis zum Einschlag bräuchten, erläuterte er. Russland passe die eigene Kriegsführung ständig an und nutze ukrainische Schwächen konsequent aus. Es sei eine ernsthafte Debatte darüber notwendig, wie die Ukraine ihre Bevölkerung an der Grenze zu Russland besser schützen könne, sagte Hofreiter.

Die "New York Times" hatte zuletzt berichtet, dass US-Außenminister Antony Blinken dafür werben will, der Ukraine Schläge gegen russisches Gebiet mit US-Waffen zu ermöglichen. Er wolle Präsident Joe Biden zu einer Aufhebung der Einschränkungen bewegen, hieß es.

Mehr Zusammenarbeit mit Frankreich gefordert

Vor dem Staatsbesuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Deutschland rief Hofreiter beide Regierungen auf, ihre große Unterstützung für die Ukraine noch auszuweiten. Deutschland habe das Geld und die Ressourcen, um die Ukraine noch besser mit Waffen und Munition auszustatten. "In der ernsten Lage, in der die Ukraine steckt, dürfen einzelne Waffensysteme nicht pauschal ausgeschlossen werden. Frankreich hingegen verfügt über mehr Erfahrung und die entsprechenden Ressourcen für eine - auch atomare - Abschreckung", sagte Hofreiter.

Idee eines europäischen Verteidigungsfonds

Für die Stärkung der europäischen Verteidigung schlug er einen Fonds mit 500 Milliarden Euro vor, finanziert durch Kreditaufnahme der EU-Kommission. "Damit sollten Rüstungsprojekte, an denen mindestens drei Mitgliedsstaaten beteiligt sind, bis zu 30 Prozent finanziert werden - vorausgesetzt, das investierte Geld geht zu 80 Prozent an europäische Unternehmen", erläuterte Hofreiter.

Die Mittel sollten auch dazu genutzt werden, die europäische Infrastruktur zu stärken. Hofreiter: "Funktionierende Straßen, Brücken und Schienenwege sind nicht nur wichtig fürs Pendeln, Reisen und die Wirtschaft. Sie sind eine Grundlage unserer Verteidigungsfähigkeit."

Nato-Chef: "Noch nicht zu spät für die Ukraine zu siegen"

Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg fordert mehr Unterstützung für das von Russland angegriffene Land: "Die Ukraine hat Rückschläge auf dem Kriegsschauplatz wegen Mangel an Munition und Waffen hinnehmen müssen. Es ist aber noch nicht zu spät für die Ukraine zu siegen." Die Nato-Staaten müssten Kiew mehr Waffen und Munition schicken, wozu auch Flugabwehrsysteme und weitreichende Waffen gehörten, forderte Stoltenberg in der "Welt am Sonntag" (Externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt). Wenn Russlands Präsident Wladimir Putin "seinen Willen in der Ukraine durchsetzt, wird es keine anhaltende Sicherheit in Europa geben und die Welt wird insgesamt instabiler werden."

"Wir müssen Russland von weiteren Aggressionen abhalten", so Stoltenberg. Eine Beschwichtigungspolitik gegenüber Putin werde nicht funktionieren. Er sprach sich aber dagegen aus, von Nato-Territorium aus russische Raketen und Drohnen über der Ukraine abzuschießen. "Während wir unsere Unterstützung für die Selbstverteidigung der Ukraine hochfahren, gibt es keine Pläne, Nato-Truppen in die Ukraine zu schicken oder den Nato-Schutzschirm für Luftverteidigung auf die Ukraine auszudehnen", sagte er. "Die Nato wird nicht Teil des Konfliktes werden."

Chinas Hilfe für Russland entscheidend im Ukraine-Krieg

Stoltenberg warnte China davor, durch die Unterstützung von Russland im Ukraine-Krieg die Zusammenarbeit mit dem Westen zu gefährden. "China sagt, es wolle gute Beziehungen mit dem Westen unterhalten", sagte Stoltenberg. "Zur gleichen Zeit heizt Peking aber den Krieg in Europa an. Man kann nicht beides haben."

Chinas Unterstützung sei "lebenswichtig" für Russlands Krieg in der Ukraine. Stoltenberg warf China vor, die Unterstützung Russlands auszubauen. "Es gibt eine eindeutige Zunahme der Verkäufe von Maschinenteilen, Mikroelektronik und anderen Technologien, die Moskau nutzt, um Raketen, Panzer und Flugzeuge zu produzieren, um sie gegen die Ukraine einzusetzen."

Mit Informationen von dpa und AFP

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