Lijana Kaggwa hätte Model sein können, so bekannt wie Lena Gehrke oder Heidi Klum. Doch ihre Teilnahme an Germany’s next Topmodel im Jahr 2020 verlief anders. Im Finale der Show gab sie ein Statement ab, das saß: Sie höre auf, weil sie Opfer von Cybermobbing wurde.
"Ich habe 2020 bei Germany's Next Topmodel teilgenommen und bin im Laufe der Ausstrahlung extrem für meine Rolle dort gehasst worden. Das heißt sekündliche Hassnachrichten mit den schlimmsten Beleidigungen, die man sich irgendwie vorstellen kann. Morddrohungen, Gewaltandrohungen, und das ging bei mir so weit, dass ich depressiv wurde und unter Polizeischutz stand." Lijana Kaggwa, Teilnehmerin bei Germany’s next Topmodel 2020
Cybermobbing bringt Quote im TV
Sie setzte damit ein Zeichen. Ein Zeichen gegen den Hass, der sich gegen sie richtete, und ein Zeichen gegen die falsche Welt der Casting- und Reality-TV-Shows. In ihren Augen ist Cybermobbing ein großes Problem von Reality TV. Es werde bewusst genutzt. "Die wissen ganz genau, was sie dort machen und, dass sie damit Hass provozieren. Aber Hass bringt mehr Quote", sagt Lijana Kaggwa.
Anwalt: Opfer von Hass und Hetze wehren sich zu selten
Sie fühlte sich hilflos und wehrlos und dachte, dass es an ihr läge. Sie verstand nicht, dass sie Opfer von Cybermobbing wurde. Wie ihr geht es vielen in Deutschland, die Hass und Hetze im Netz ausgesetzt sind. Einer, der diese Opfer vertritt und schon gegen großen Konzerne wie Facebook erfolgreich vor Gericht gezogen ist, ist der Würzburger Anwalt Chan-jo Jun.
Er sagt, Opfer von Hasskriminalität würden sich oft wegducken und auf ein baldiges Ende der Hetze hoffen. Sie würden nicht den Aufwand auf sich nehmen wollen, dagegen juristisch vorzugehen. "Wohingegen diejenigen, deren Inhalte oder deren Account gesperrt oder geschlossen wurden, die haben alle Energie, um dagegen juristisch vorzugehen." Deshalb seien in der Justiz vor allem diejenigen präsent, die Hass und Hetze und Falschnachrichten verbreiten wollen.
Jun sagt: Die Leute, die so etwas im Netz verbreiten, erkennen, wie man damit auch Geld verdient und Reichweite erzeugten kann. Sein Eindruck: "Die Justiz rennt immer hinterher, wir lassen uns immer noch von Rattenfängern blenden, die sagen, der Staat soll sich mal lieber zurückhalten, das Netz regelt das selbst."
Eisenreich verweist auf Plattformen in USA
Dem hat auf den Medientagen der Bayerische Justizminister Georg Eisenreich (CSU) widersprochen. Man habe die Strafverfolgung optimiert, auch das Onlineanzeigeverfahren sei eingerichtet worden und auch bei Bußgeldverfahren mischt sich Bayern auf Bundesebene ein, so der Justizminister.
Das Problem in seinen Augen: "Solange wir wirklich weltweite Monopolisten haben, laufen wir tatsächlich jetzt mal als Bundesländer, selbst als Staaten immer hinterher und deshalb muss man das ganze große Rad tatsächlich drehen. Und das geht natürlich nur insbesondere, wenn die Vereinigten Staaten härter durchgreifen. Da gibt es in verschiedenen Bundesstaaten Initiativen."
Medienanwalt Jun will Bußgeldverfahren für kleinere Delikte
Anwalt Jun findet gut, was schon passiert ist, aber seine Vorschläge reichen noch weiter. So fordert er einen leichteren Zugang der Bürger zur Justiz: "Wir bräuchten meines Erachtens ein Bußgeldverfahren, ein Ordnungswidrigkeitenrecht auch für kleinere Delikte im Strafrecht. Das sind aufwendigere Sachen, wie die Verbreitung von Falschnachrichten, da finde ich, könnte man wirklich regulierend einschreiten."
Lijana Kaggwa schritt selbst gegen die Hetze im Netz ein. Seitdem kümmert sie sich intensiv um das Thema Cybermobbing, sie gründete ihre eigene Initiative "Love always wins" und macht in Schulen und bei Auftritten darauf aufmerksam. Das Model-Leben vermisst sie überhaupt nicht.
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