Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin des Innern und Heimat, spricht bei der Debatte zur ersten Lesung des Gesetzentwurfs zur Verbesserung der Rückführung und zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts.
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Der Bundestag hat erstmals über zwei Gesetze zum Ausländerrecht debattiert: unter anderem das über leichtere Abschiebungen.

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Harter Schlagabtausch im Bundestag zu Migrations-Gesetzen

Der Bundestag hat erstmals über zwei Gesetze zum Ausländerrecht debattiert: das über beschleunigte Einbürgerungen und das über den Abbau von Hindernissen bei Abschiebungen. Teilen der Opposition geht das erste zu weit, das zweite nicht weit genug.

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Angesichts der deutlich gestiegenen Migrantenzahl war schon im Vorfeld der Bundestags-Debatten zu den beiden geplanten Migrations-Gesetz der Ampel-Koalition klar, dass diese heftig werden würden. Und so kam es dann auch - stehen sich doch beim Ausländerrecht vor allem bei SPD und Grünen einerseits und den Oppositionsparteien Union und AfD andererseits sehr unterschiedliche Denkschulen gegenüber.

Zum ersten Mal hat das Parlament über das sogenannte Rückführungsverbesserungsgesetz diskutiert, das den Behörden mehr Befugnisse bei der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber geben soll. Im Anschluss ging es dann um die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, das für schnellere Einbürgerungen sorgen und Deutschland für ausländische Fachkräfte attraktiver machen soll. Während ersteres Union und AfD nicht weit genug geht, geht ihnen zweiteres zu weit. Aber der Reihe nach.

Faeser: Abschiebegesetz für Akzeptanz von Migration notwendig

In der Debatte zum Rückführungsverbesserungsgesetz machte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) gleich zu Beginn klar: "Wer kein Recht hat zu bleiben, muss Deutschland wieder verlassen." Ihrer Ansicht nach ist das schon deshalb wichtig, um die Gesellschaft nicht zu überfordern - Stichwort: knapp werdende Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete in vielen Kommunen. Die Ausweisung abgelehnter Asylbewerber muss deshalb laut Faeser "schnell und zuverlässig" geschehen.

In der Praxis scheitert eine Rückführung aber oft in letzter Minute, weil sich Migranten dieser entziehen, indem sie nicht auffindbar sind. Das neue Gesetz soll da Abhilfe schaffen. Verfahren sollen vereinfacht werden. Die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams wird laut Gesetzentwurf von derzeit zehn auf 28 Tage verlängert. Dadurch sollen die Ausländerämter Abschiebungen besser vorbereiten können. Ferner sollen Behördenvertreter in Gemeinschaftsunterkünften auch andere Räume als das Zimmer des Abzuschiebenden betreten dürfen. Und auch Schleuser sollen schneller ausgewiesen werden können. In der Ampel-Koalition ist einiges davon umstritten. So monierte der Grünen-Abgeordnete Filiz Polat, das Teile des Gesetzes einen "Eingriff in elementare Grundrechte" darstellten. Ähnlich sieht das die Linkspartei.

Union: Abschiebegesetz bringt wenig

Union und AfD halten die geplanten Verschärfungen für unzureichend. Da das Vorhaben laut Innenministerium für 600 zusätzliche Abschiebungen im Jahr sorgen soll, kritisierte der CDU-Abgeordnete Hendrik Hoppenstedt die "überschaubare Wirkung". Für den CDU-Innenpolitiker Christoph de Vries wäre es noch wichtiger, die Kontrolle darüber, wer einreise, zurückzugewinnen. Und der AfD-Politiker Bernd Baumann betonte, ein Ausreisegewahrsam unter einem halben Jahr bringe "gar nichts".

Auch zum neuen Einbürgerungsrecht scharfe Debatte

Nicht minder turbulent verlief wenig später die erste Lesung zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts. Hier will die Ampel-Koalition beschleunigte Einbürgerungen. So sollen beispielsweise Gastarbeiter der ersten Generation einen deutschen Pass bekommen können, wenn sie diesen wollen. Es geht aber auch darum, mehr ausländische Fachkräfte in die Bundesrepublik zu locken.

Justizminister Marco Buschmann (FDP) betonte, dass Bezieher von Sozialleistungen nicht die Staatsbürgerschaft erhalten sollen. Die Einladung gelte einer Einwanderung in den Arbeitsmarkt, nicht in den Sozialstaat. Das bisherige Staatsangehörigkeitsrecht hält er für aus der Zeit gefallen. Es gehe darum zu zeigen, dass Deutschland eine liberale Demokratie sei und keine "Blut-und-Boden-Gemeinschaft".

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Dem Gesetzentwurf zufolge sollen Zuwanderer künftig bereits nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland Staatsbürger werden können - statt wie bisher nach mindestens acht Jahren. Bei guten Leistungen in Schule oder Job, guten Sprachkenntnissen oder ehrenamtlichem Engagement soll die Einbürgerung schon nach drei Jahren möglich sein. Wer einen deutschen Pass haben möchte, soll den alten dafür nicht mehr aufgeben müssen. Das gilt jetzt schon für EU-Bürger und einige Sonderfälle, aber beispielsweise nicht für Menschen aus der Türkei.

AfD: Verschleuderung der Staatsangehörigkeit

Während von der Linkspartei grundsätzliche Zustimmung kam, stieß der Gesetzentwurf bei der AfD auf Empörung. Ihr Abgeordneter Gottfried Curio warf den Koalitionsparteien vor, Millionen von Ausländern einbürgern zu wollen, um dann bei Wahlen von deren Stimmen zu profitieren. Die Reform sei ein "kalter Staatsstreich durch Umbau der Wählerdemographie", sagte er.

Auch die Union lehnt die Pläne ab. So sprach der CDU-Innenexperte Alexander Throm von einer "Gefährdung des Staatswohls". Aus seiner Sicht werden Menschen eingebürgert, die nicht integriert sind und an deren Loyalität zu Deutschland gezweifelt werden kann.

Nach den Bundestagsdebatten wurden die beiden Gesetzentwürfe zur weiteren Beratung in die jeweiligen Ausschüsse überwiesen.

Mit Informationen von dpa und AFP.

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