Am dritten Jahrestag des rassistischen Anschlags von Hanau findet eine Gedenkveranstaltung statt (Archivbild)
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Plakate mit den Konterfeien der Opfer von Hanau

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Hanau erinnert an rassistischen Anschlag vor drei Jahren

Im Februar 2020 wurden in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven getötet. Im Gedenken an die Opfer versammeln sich heute Vertreter aus Politik, Bürgerschaft und Kirche. Viele fordern: Der Kampf gegen Rechtsextremismus muss konsequenter werden.

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Drei Jahre nach dem rassistischen Anschlag in Hanau versammeln sich heute Vertreter von Politik, Bürgerschaft und Religionsgemeinschaften zum Gedenken an die Opfer. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) mahnte angesichts des dritten Jahrestages notwendige Lehren für den Rechtsstaat an. Dass Menschen "aufgrund ihrer Herkunftsgeschichte in unserem Land fürchten müssen, Opfer von Gewalttaten zu werden, dürfen wir nicht dulden", sagte er. Die Antidiskriminierungsbeauftragte der Bundesregierung, Ferda Ataman, forderte, Maßnahmen im Kampf gegen Rechtsextremismus konsequenter umzusetzen.

Am 19. Februar 2020 hatte ein 43-jähriger Deutscher in Hanau neun Menschen mit Einwanderungsgeschichte erschossen und weitere Menschen verletzt. Anschließend erschoss er seine Mutter und nahm sich selbst das Leben.

Gottesdienst und Gedenkstunde in Hanau

Am Vormittag findet in der Hanauer Marienkirche ein Gottesdienst mit der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Annette Kurschus, statt. Im Anschluss daran folgt eine öffentliche Gedenkstunde auf dem Marktplatz, an der Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) und Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) teilnehmen. Auch Angehörige der neun Ermordeten werden dort das Wort ergreifen. Am Nachmittag finden eine Kundgebung und ein Protestzug gegen Rassismus statt.

Buschmann: "Wunde, die nicht verheilt"

Justizminister Buschmann erklärte, rassistische Anschläge richteten sich nicht nur gegen Menschen, "die von hasserfüllten Tätern zu 'Fremden' erklärt werden", sondern auch "gegen unser Selbstverständnis als Gesellschaft".

Der Anschlag in Hanau bleibe eine Wunde, die nicht verheilt. Drei Jahre nach "diesem Akt des Terrors bleiben Fassungslosigkeit, Trauer, Abscheu und die Frage: Warum war der Staat nicht in der Lage, seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen?" Der Rechtsstaat und seine Vertreter müssten "ihre Lehren aus diesem Anschlag und aus ihrem eigenen Versagen ziehen".

Ataman sieht weiterhin Rassismus-Problem

Die Antidiskriminierungsbeauftragte der Bundesregierung, Ferda Ataman, attestierte Deutschland weiterhin ein "Rassismus-Problem". Das zeige sich etwa, "wenn Bundespolitiker abfällig über muslimische Jugendliche als 'kleine Paschas' reden", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Sie bezog sich damit auf eine Äußerung von CDU-Chef Friedrich Merz.

Viele von Rassismus betroffene Menschen, erlebten gerade, dass "Diskriminierung als 'woke' oder 'Identitätspolitik' verharmlost" und als "belangloses Interesse von Minderheiten abgetan" werde.

  • Zum Artikel: Studie: Breites Bewusstsein für Rassismus in Deutschland

Ataman rief dazu auf, Maßnahmen im Kampf gegen Rechtsextremismus konsequenter umzusetzen als bisher. Ein Kabinettsbeschluss mit Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Rassismus Ende 2020 sei "politisch eine Zäsur" gewesen. "Umso mehr ist es enttäuschend, dass die Bundesregierung ihre Ankündigungen bis heute nicht umgesetzt hat." Etwa sei der umstrittene Begriff "Rasse" in Artikel 3 des Grundgesetzes trotz entsprechender Ankündigungen der Bundesregierung noch nicht geändert worden.

Aufklärung "über das strafrechtlich Notwendige hinaus" gefordert

Der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Pascal Kober (FDP), gedachte der Todesopfer des Anschlags - sie seien "unvergessen". Hanau "ist und bleibt für uns alle eine Mahnung, dass viel zu viele Menschen in unserem Land in ihrem Alltag rassistische Gewalt erfahren müssen", fuhr er fort. "Als Gesellschaft sollten wir alles dafür tun, Rassismus, Gewalt und Diskriminierung jeden Tag zu bekämpfen."

Die genaue Aufklärung der Umstände des Anschlags von Hanau, "auch über das strafrechtlich Notwendige hinaus", sei für viele Betroffene von großer Bedeutung, um ihre Trauer verarbeiten zu können, fügte Kober hinzu.

Ende Dezember 2021 hatte die Bundesanwaltschaft ihre Ermittlungen zu dem Anschlag eingestellt. Es gebe keine Anhaltspunkte für Mittäter, Anstifter, Gehilfen oder Mitwisser des Attentäters, hieß es. Unter den Angehörigen der Opfer sorgte das für Kritik.

Mit Informationen von AFP, dpa und epd

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